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Australiens Erdgas-Paradox
Trotz riesiger Erdgas-Reserven kommt es im Südosten des Landes immer wieder zu Knappheit und Preisspitzen

Wie der en:former schon berichtete, setzt Down Under verstärkt auf Erneuerbare Energien. Zu einem größeren Anteil regenerativ erzeugten Stroms ist es jedoch noch ein weiter Weg. Australien gehört zu den weltweit größten Kohleproduzenten, und auch Erdgas spielt eine wichtige Rolle.

Australien gehört zu den führenden Brennstofflieferanten der Erde. 2019 war es größter Kohleexporteur, außerdem ringt es beim Flüssigerdgas (LNG) mit dem Emirat Katar um die Weltspitze. Für die eigene Energieversorgung nutzen die Australier bisher vor allem Kohle: Im Jahr 2018 kamen rund 60 Prozent des Stroms aus Kohlekraftwerken.

Um seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren, könnte das Land im ersten Schritt also Kohle- durch emissionsärmeren Gasstrom ersetzen.

Strommix in Australien (in 2018)

Angaben in GWh (Quelle: IEA)

Andere Märkte liegen näher

Allerdings kommt es schon heute im Südosten des Landes, wo rund 80 Prozent der Bevölkerung lebt, zu temporärer Gasknappheit und daraus resultierenden Preisanstiegen.

Zu erklären ist dieses Paradox zum einen damit, dass die Erdgasvorkommen hauptsächlich im Norden des Kontinents liegen. Vorschläge, eine Pipeline zu bauen, setzten sich nie durch: Mit 4500 Kilometern Länge wäre sie viel zu teuer, um die Gasversorgung im Südosten preiswerter zu machen. Stattdessen setzt Nordaustralien auf LNG (Liquefied Natural Gas). Die dortigen Erdgasverflüssigungsanlagen können pro Jahr 61,5 Millionen Tonnen LNG produzieren – das entspricht rund 20 Prozent der weltweiten Kapazität des Jahres 2018. Hauptabsatzmarkt für das Erdgas aus dem Meer vor Darwin ist Ostasien. Nach Tokyo und Seoul ist es auf dem Seeweg kaum weiter als nach Melbourne, Chinas Häfen liegen tendenziell noch näher.

Begrenzte Förderkapazität

Zwar werden auch an der Ostküste beträchtliche Mengen Gas produziert. Allerdings handelt es sich hierbei um Kohlegas aus dem Bergbau, das ebenfalls zu großen Teilen zu LNG verflüssigt wird. 25,8 Megatonnen LNG können die Anlagen in der Region produzieren.

Kam es in der Vergangenheit zu Förderengpässen, geriet der australische Gasmarkt unter Druck und die Preise stiegen, weil LNG-Produzenten ihre Lieferverträge erfüllen mussten. Mittlerweile kann die Regierung gegensteuern. Dafür hat sie 2017 das Gesetz zur Stabilisierung des heimischen Erdgasmarktes eingeführt.

Ob damit die temporäre Gasknappheit der Vergangenheit angehört, muss sich jedoch zeigen. Denn die Regierungen in Sydney (Bundesstaat New South Wales) und Melbourne (Victoria) haben im Rahmen ihrer jeweiligen Energiewende Moratorien für die Erschließung neuer Gasreserven erlassen. Stattdessen denkt man darüber nach, LNG-Terminals zu bauen, um LNG zu importieren, während Nordaustralien weiterhin seine Kunden in Asien versorgt. Diese mehr als ineffiziente Lösung könnte allerdings an Attraktivität verlieren. Zum einen ist angesichts der Corona-Pandemie fraglich, wie sich die Nachfrage kurzfristig entwickelt. Zudem hat sich – vor allem durch den massiven Ausbau in den USA – weltweit ein Überhang an Produktionskapazität für LNG gebildet.

Erneuerbare exportieren

In jedem Fall wird Erdgas nur eine Übergangslösung auf dem Weg zu den Klimazielen sein. Insofern stellt die Energiewende Australien vor eine doppelte Herausforderung: Denn neben dem Umbau des eigenen Energiesystem, stellt sich auch die Frage, woher Devisen kommen sollen, wenn zukünftig die traditionellen Exportgüter Erdgas und Kohle auf dem Weltmarkt an Wert verlieren, weil auch die Abnehmerländer zunehmend auf erneuerbare Energien setzen.

Doch es gibt durchaus Ideen, wie dieses Dilemma zu überwinden wäre. Denn Australien verfügt nicht nur über riesige Mengen fossiler Brennstoffe, sondern auch nachhaltiger Energiequellen: Solar- und Offshore-Windkraft sind in so großen Mengen verfügbar, dass Australien zum Exporteur erneuerbarer Energien avancieren könnte. In Nordaustralien entsteht derzeit ein Solarpark, der über ein Seekabel Singapur mit Strom versorgen soll. Und die Gewässer vor den Küsten bergen ein so enormes Potenzial für Offshore-Windkraft, dass der Seewind in Kombination mit der entsprechenden Speicherkapazität Australiens Bevölkerung gleich mehrfach versorgen könnte. Somit bliebe genug Strom zur H2-Elektrolyse, um Wasserstoff für den Export zu produzieren.

Bildnachweis: © shutterstock.com, amophoto_au

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