Noch ist der Stahlbau auf der Werft Hermann Barthel in Derben, einem kleinen Ort im Jerichower Land in Sachsen-Anhalt, ein unscheinbarer Schiffs-Rohbau. Doch noch vor Jahresende soll er eine innovative Ausstattung bekommen: Dank eines neuartigen Hybridantriebs wird das Kanalschubschiff Elektra in der ersten Jahreshälfte 2021 in den Erprobungsbetrieb gehen, um zukünftig Schwerlasten zwischen Berlin und Hamburg emissionsfrei zu transportieren. Die Elektromotoren, die sowohl von Wasserstoff-Brennstoffzellen als auch aus leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterien mit Strom versorgt werden, stoßen weder CO2 noch Ruß, Stickoxide oder Schwefeldioxide aus, die sonst beim Schiffsverkehr in großen Mengen freigesetzt werden.
„Wir sind weltweit die ersten, die ein solches Schiff und dann auch noch in dieser Größenordnung bauen“, sagt Projektleiter Professor Gerd Holbach von der Technischen Universität Berlin. Der Fachmann für den Entwurf und Betrieb maritimer Systeme hat das 20 Meter lange und 8,2 Meter breite Kanalschubschiff konzipiert. Solche Binnenschiffe schieben antriebslose Kähne, sogenannte Leichter. Der Vorteil des Prinzips ist die höhere Flexibilität: Ein Schuber kann mehrere Schubleichter transportieren und diese einzeln an ihrem Bestimmungsort wieder abtrennen. Lange Wartezeiten beim Be- und Entladen entfallen.
Mit ihren beiden Antrieben kann die Elektra bis zu 1400 Tonnen über 400 Kilometer durch Flüsse und Kanäle schieben. Dazu hat sie zwei wassergekühlte Elektromotoren am Heck. Jeder hat eine Leistung von 200 Kilowatt (kW). Angetrieben werden sie von drei Brennstoffzellen mit einer Leistung von je 100 kW des kanadischen Herstellers Ballard Power Systems. Um sie mit Wasserstoff zu versorgen, lädt das Schiff sechs Tanks des Cleantech-Unternehmens Anleg Advanced Technology aus Wesel am Niederrhein für insgesamt 750 Kilogramm des Brennstoffs bei 500 bar. Um unter Volllast zu fahren, reicht der Wasserstoffantrieb allein jedoch nicht aus. Deshalb ist der Schuber zusätzlich mit zwei Akkubänken des niederländischen Batteriesystem-Spezialisten EST-Floattech mit einer Gesamtkapazität von 2,25 Megawattstunden (MWh) ausgerüstet. Die großen Batterien allein wiegen circa 25 Tonnen. Das entspricht rund 15 Prozent der Gesamtmasse des Schubers.
„Wasserstoff ist die Hauptenergiequelle und reicht für den Normalbetrieb auch aus. Auf kürzeren Strecken sollte die Elektra aber rein akkuelektrisch fahren können“, erklärt Holbach. 65 Kilometer wird sie dann in etwa acht Stunden Fahrtzeit zurücklegen. So könnte sie zum Beispiel innerhalb von Berlin – ihrem geplanten Heimathafen – vor allem batteriebetrieben verkehren. Außerdem können die Akkus zugeschaltet werden, wenn das Schiff kurzzeitig mehr Leistung benötigt, etwa für höhere Geschwindigkeiten. „Mit reinem Wasserstoffbetrieb erreichen wir dieselbe Streckenreichweite und Geschwindigkeit wie ein normales Boot“, betont der Professor. Erst nach rund 400 Kilometern geht dem Schubschiff die Energie aus.
„Wasserstoff ist die Hauptenergiequelle und reicht für den Normalbetrieb auch aus. Auf kürzeren Strecken sollte die Elektra aber rein akkuelektrisch fahren können“, erklärt Holbach. 65 Kilometer wird sie dann in etwa acht Stunden Fahrtzeit zurücklegen. So könnte sie zum Beispiel innerhalb von Berlin – ihrem geplanten Heimathafen – vor allem batteriebetrieben verkehren. Außerdem können die Akkus zugeschaltet werden, wenn das Schiff kurzzeitig mehr Leistung benötigt, etwa für höhere Geschwindigkeiten. „Mit reinem Wasserstoffbetrieb erreichen wir dieselbe Streckenreichweite und Geschwindigkeit wie ein normales Boot“, betont der Professor. Erst nach rund 400 Kilometern geht dem Schubschiff die Energie aus.
„Mit diesem Projekt wollen wir die Möglichkeiten und Wechselwirkungen der verschiedenen Energiesysteme aufzeigen“, sagt der Projektleiter. Deshalb wird noch ein weiteres System an Bord verbaut: Eine kleine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 2,7 kW peak soll den Notakku mit Energie versorgen und, wenn auch bescheiden, Strom ins Bordnetz einspeisen. Dafür sind zwei weitere Akkus mit je 116 kWh vorgesehen.
Um die beiden Hauptakkus zu laden und die Wasserstoffvorräte an Bord aufzufüllen, sollen entlang der Strecke sogenannte Bunkerstationen entstehen. Zunächst am Berliner Westhafen und im Lüneburger Hafen. Während die beiden großen Hauptbatterien sieben Stunden lang laden, können die Wasserstofftanks getauscht werden. Das geht schneller, als sie mit der großen benötigten Menge des Brennstoffs vor Ort zu betanken. Für den Vorgang können die ohnehin auf der Strecke notwendigen nächtlichen Fahrpausen genutzt werden.
In Modellversuchen haben die Entwickler das Konzept getestet, bevor der Schiffbau in der Barthelwerft startete. Das Bundesverkehrsministerium beteiligt sich als Projektpartner an den Baukosten. Denn weil die „Elektra“ ein Prototyp ist, ist sie zwei- bis dreimal so teuer, wie ein vergleichbares Diesel-Schubboot. Holbach ist sich aber sicher, dass der Preis bei einer Serienproduktion schnell sinken würde.
Schwieriger gestaltet sich das bei den Betriebskosten. Die sind zurzeit ebenfalls höher als bei einem Dieselschiff – zumindest dann, wenn das Hybridboot komplett emissionsfrei fahren soll. Bei der Fahrt entstehen zwar keine Emissionen, lediglich unschädlicher Wasserdampf. Bei der Erzeugung des für den Betrieb benötigten Stroms allerdings in der Regel schon. Um das zu verhindern, müssten die Akkus komplett mit Ökostrom geladen werden, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.
Außerdem müssten die Tanks mit klimaneutralem Wasserstoff befüllt werden. Das könnte beispielsweise sogenannter grüner Wasserstoff sein – dieser wird in einem Elektrolyseverfahren aus Wasser gewonnen. Für dieses Verfahren braucht es auch regenerativ erzeugten Strom. Zwar ist die Technik bereits gut erforscht, allerdings existieren bisher nur kleinere Pilotanlagen. Momentan ist grüner Wasserstoff deutlich teurer zu produzieren als Wasserstoff aus Erdgas. Trotzdem ist Gerd Holbach zuversichtlich, dass die Technik ab 2025 wirtschaftlich sein wird.
Erste Nachahmer gibt es bereits: Der Hamburger Hafenfährbetreiber HADAG will seine Flotte um drei Fähren mit Hybridantrieb erweitern. Batterien sollen zunächst den Dieselantrieb ergänzen. Später soll der gegen eine Brennstoffzelle ausgetauscht werden. Sollte sich das Konzept im Alltag bewähren könnte das ein großer Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Schifffahrt sein – made in Derben, Germany.