Technologische Entwicklungen könnten eine Verdopplung der Onshore-Windstromerzeugung bis 2030 ermöglichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Deutschen WindGuard. Das unabhängige Beratungshaus für On- und Offshore Windenergie analysierte dabei erstmals ausführlich die Auswirkungen von Neuerungen bei der Windenergietechnologie auf die tatsächlichen Erzeugungsmengen.
Die vom Bundesverband WindEnergie (BWE) und dem Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) in Auftrag gegebene Untersuchung „Volllaststunden von Windenergieanlagen an Land – Entwicklung, Einflüsse, Auswirkungen“ zieht dabei ein interessantes Fazit: Durch den Einsatz moderner Anlagen auf den bisher in Deutschland ausgewiesenen Flächen könne die Windstromerzeugung auf über 200 Terawattstunden (TWh) bis zum Jahr 2030 erhöht werden. Zum Vergleich: Der aktuelle Stromverbrauch in Deutschland liegt aktuell bei gut 530 TWh, wird aber zukünftig steigen. Denn in Zukunft wird mehr Elektrizität für E-Autos, Wärmepumpen in Gebäuden oder zur Produktion von grünem Wasserstoff benötigt.
Den Vorteil von modernen Windturbinen erklärte Dr. Dennis Kruse, WindGuard- Geschäftsführer und Mitautor der Studie: „Moderne Windenergieanlagen erreichen eine deutlich höhere Volllaststundenzahlen als bisher angenommen. Das heißt: Der Wind kann immer effizienter genutzt werden und mehr Erträge liefern.“ Das Potenzial der Onshore-Windenergie in Deutschland werde noch deutlich unterschätzt.
Ein Grund für die steigende Effizienz: Moderne Windenergieanlagen wachsen in die Höhe und werden mit längeren Rotorblättern gebaut. Da in der Höhe der Wind häufiger und stärker weht, können Windräder mehr Strom produzieren – und so zu einem zuverlässigeren Stromlieferanten werden. Laut Studie könnten entsprechende Rotoren in windreichen Teilen Norddeutschlands teilweise bis zu 4000 Stunden pro Jahr Elektrizität erzeugen. Sie wären somit fast die Hälfte des Jahres in Betrieb.
„In den vergangenen 20 Jahren hat die Technologie große Sprünge gemacht. Moderne Windkraftanlagen produzieren heute rund zehn Mal so viel Strom wie solche, die zur Jahrtausendwende gebaut worden sind“, fügte Christian Mildenberger, Geschäftsführer des LEE NRW, hinzu. Und damit ist die Entwicklung noch lange nicht zu Ende. Die Hersteller von Windrädern arbeiten derzeit an einer neuen Anlagenklasse mit über sieben Megawatt Leistung, die in drei bis fünf Jahren verfügbar sein wird.
Der Untersuchung zufolge werden auf den heute bereits ausgewiesenen Flächen bis zum Jahr 2030 zahlreiche ältere Anlagen durch moderne leistungsstärkere ersetzt (Repowering), auch wenn viele Altanlagen weiterhin in Betrieb bleiben. Die verbleibenden Bestandsanlagen könnten nach Berechnung von Windguard gemeinsam mit etwa 12.500 neuen, modernen Windrädern rund 212 TWh Strom im Jahr 2030 liefern.
Deutlich mehr Windstrom könnte erzeugt werden, wenn mehr Fläche für die Windenergie zu Verfügung stände. Die bislang ausgewiesene Landesfläche für Windenergie macht 0,9 Prozent der Bundesrepublik aus. Würde der Staat zusätzliche 1,1 Prozent an Fläche freigeben, könnte die Produktion laut WindGuard auf etwa 500 Terrawattstunden ansteigen. Das entspreche, wie oben beschrieben, ungefähr dem gesamten Nettostrombedarf Deutschlands im Jahr 2019.
Wolfram Axthelm, BWE-Geschäftsführer, forderte daher einen neuen Blick auf die Bestandsflächen und das Repowering: „Die Windenergie ist für eine CO₂-neutrale Zukunft unverzichtbar. Dafür braucht es eine kluge Flächenbereitstellung in allen Bundesländern.“
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