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Weltweit erster Netto-Null-Standard für Unternehmen
Die Science Based Targets Initiative hat einen neuen Corporate-Standard für Netto-Null-Ziele veröffentlicht

Immer mehr Unternehmen setzen sich das Ziel, ihr Geschäftsmodell und ihre wirtschaftlichen Aktivitäten klimaneutral zu gestalten. Mit einem „Netto-Null“-Ziel möchten sie ihre Treibhausgasmissionen durch gezielte Strategien und Maßnahmen auf null senken. Bislang gab es dafür allerdings keine Vorgaben oder Modelle.

„Die Unternehmen legen derzeit ihre Netto-Null-Ziele selbst fest“, erklärt Alberto Carrillo Pineda, Mitgründer und Geschäftsführer der „Science Based Targets Initiative“ (SBTi) – einem unabhängigen Zusammenschluss von namhaften Organisationen wie WWF, UN Global Compact, World Resources Institute und CDP. Deshalb hat die SBTi eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für Klimaschutzziele geschaffen: den Net-Zero Standard, der von der Initiative Ende Oktober 2021 veröffentlicht worden ist.

Initiative prüft Klimaschutz-Pläne und zertifiziert diese

Grundlage des Standards ist das Pariser Klimaabkommen, auf das sich 197 Staaten bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 mit dem Ziel einigten, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Ein Vorhaben, dem sich auch immer mehr Unternehmen anschließen. Dazu können sie sich ein sogenanntes Science-based Target (SBT) setzen – also ein Reduktionsziel, das alle aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaft in Sachen Klimaschutz berücksichtigt.

Die SBT spezifizieren, welche Anforderungen Unternehmen erfüllen müssen, um im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu stehen. Die Initiative prüft dann die Pläne und vergibt Zertifizierungen.

Auch das Energieunternehmen RWE hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt hat: Die Emissionsreduktionsziele für 2030 sind seit Dezember 2020 von der Initiative als im Einklang mit den Klimazielen zertifiziert.

Auch indirekte Emissionen müssen auf null sinken

Die Treibhausgasemissionen auf null zu senken, ist ein überaus komplexer Prozess. Dabei müssen Unternehmen zwischen direkten und indirekten Emissionen unterscheiden. Diese lassen sich in drei Bereiche einteilen:

  • Scope 1 erfasst die direkten Emissionen, die zum Beispiel bei der Stromerzeugung von Kraftwerken entstehen,
  • Scope 2 bezeichnet Emissionen, die entstehen, wenn Energie in Form von Strom und Wärme von anderen bezogen wird und in
  • Scope 3 werden die Emissionen erfasst, die zum Beispiel entlang der Lieferkette entstehen.

Für das Netto-Null-Ziel müssen laut SBTi Emissionen in allen Bereichen reduziert werden. Für einen Energiekonzern reicht es also beispielsweise nicht aus, ausschließlich den CO2-Ausstoß seiner Kraftwerke zu reduzieren (Scope 1). Auch entlang seiner Lieferkette – wenn er beispielsweise neue Windturbinen kauft und aufstellt – muss er die bei der Produktion und dem Transport von Gütern entstehenden Emissionen im Blick haben (Scope 3). Diese müssen ebenfalls mit in die Dekarbonisierungspläne einbezogen werden.

Grundlagen der SBTi

Der Entwicklungsprozess begann nach der Veröffentlichung des Papiers „Foundations for net-zero target setting in the corporate sector“ im September 2020. Zu den zentralen Grundlagen gehören

  • die Konzentration auf schnelle, tiefgreifende Emissionssenkungen: Der Netto-Null-Standard deckt die Emissionen der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens ab, also in Scope 1, 2 und 3.
  • die Festlegung kurz- und langfristiger Ziele: Unternehmen müssen sich sowohl kurzfristige als auch langfristige wissenschaftlich fundierte Ziele setzen. Dazu müssen sie ihre Emissionen rasch senken und bis 2030 halbieren. Bis 2050 müssen sie nahezu emissionsfrei produzieren und Konzepte entwickeln, um alle nicht vermeidbaren Restemissionen zu neutralisieren.
  • kein Netto-Null-Anspruch, bevor die langfristigen Ziele erreicht sind: Ein Unternehmen gilt erst dann als Netto-Null-Unternehmen, wenn es sein langfristiges SBT erreicht hat. In der Regel ist dazu eine Emissionsreduktion von mindestens 90 bis 95 Prozent bis 2050 notwendig.
  • über die eigene Wertschöpfungskette hinauszugehen: Die SBTi empfiehlt, über die SBT hinaus zu investieren, um den Klimawandel auch an anderer Stelle abzumildern. Investitionen in den Klimaschutz sollten jedoch zusätzlich zu tiefgreifenden Emissionssenkungen erfolgen, nicht an deren Stelle. Unternehmen sollten der Hierarchie der Emissionsminderung folgen und sich verpflichten, ihre Emissionen in der Wertschöpfungskette zu reduzieren, bevor sie in die Minderung von Emissionen außerhalb ihrer Wertschöpfungskette investieren.

Klarer Plan auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse

Mit dem Standard gibt die SBTi „Unternehmen einen klaren Plan an die Hand, wie sie ihre Netto-Null-Pläne mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang bringen können“, so Joan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Professor für Erdsystemwissenschaften an der Universität Potsdam.

Und Alberto Carrillo Pineda erklärt: „Der SBTi-Net-Zero-Standard bietet Unternehmen erstmals eine solide Zertifizierung, mit der sie gegenüber Verbrauchern, Investoren und Regulierungsbehörden nachweisen können, dass ihre Ziele die Emissionen in dem Tempo und Umfang reduzieren, die erforderlich sind, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.“

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