Foto, dass zwei LNG-Schiffe zeigt
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Spezialschiffe versorgen Deutschland ab dem Winter mit Gas
Schwimmende LNG-Terminals als flexible Antwort auf die angespannte Gassituation

Der Plan der Bundesregierung steht fest: Sie will, dass Deutschland seine Erdgas-Importe diversifiziert, um die Importe aus Russland zu senken. Allerdings sind die alternativen Lieferkapazitäten beschränkt. Deshalb hat die Bundesregierung erklärt, den Bau von Anlandungsstellen für verflüssigtes Erdgas (LNG – Liquefied Natural Gas) zu unterstützen. In solchen Anlagen kann LNG von Schiffen angelandet, in den gasförmigen Zustand zurückversetzt und in das deutsche Erdgasnetz eingespeist werden.

Mehrere Konsortien haben daraufhin ihre einst eingefrorenen Pläne für den Bau von LNG-Terminal reaktiviert und sich auf die Suche nach einer Übergangslösung gemacht. Mittlerweile ist klar: Wenn alles läuft wie geplant, werden im Winter 2022/2023 LNG-Schiffen Deutschland mit Erdgas aus Übersee versorgen.

Schwimmende Terminals bereits an Winter einsatzbereit

Die Bundesregierung hat die beiden Energie-Unternehmen RWE und Uniper damit beauftragt, Spezial-Schiffe zu chartern, die das Erdgas direkt ins Netz einspeisen können. So genannte FSRU (Floating Storage and Regasification Units) sind LNG-Tankschiffe, die eine Rückvergasungseinheit an Bord haben.

Solche Schiffe könnten mit überschaubarem Aufwand über eine kurze Pipeline ans Gasnetz angeschlossen werden, sagt Christian Breuel, der die Tankersparte bei der Hamburger Reederei Bernhard Schulte verantwortet: „Man braucht einen geschützten Hafen mit genug Platz, dass dort dauerhaft ein großes Schiff liegen und zeitweise ein zweites Schiff daneben festmachen kann.“ So könnten normale LNG-Tanker die FSRU immer wieder mit Flüssiggas befüllen, während letztere es ununterbrochen zu Erdgas umwandeln. Die passenden Gegebenheiten sieht Breuel unter anderem genau dort, wo auch die LNG-Terminals geplant sind: Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel. Auch Rostock kommt in Frage.

Anfang Mai haben RWE und Uniper bekannt gegeben, dass es gelungen sei, je zwei FSRU zu chartern. Die etwa 300 Meter langen Schiffe können pro Jahr zwischen 5 und 7,5 Milliarden (Mrd.) Kubikmeter Erdgas regasifizieren und ins Netz ins deutsche Gasnetz einspeisen. Zum Vergleich: Ein festes LNG-Terminal an Land schafft zwischen 8 und 10 Mrd. Kubikmeter. Alle vier Schiffe zusammen könnten wohl knapp 30 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs decken und damit wohl mehr als die Hälfte der Importe aus Russland ersetzen.

Herausforderungen: Verfügbarkeit, Regularien und Infrastruktur

Als erstes der vier Schiffe ist die „Esperanza“ verfügbar. Das Schiff wurde von RWE an die Bundesregierung vermittelt, wird aber wohl in Wilhelmshaven von Uniper betrieben werden, weil dort die Anschlussbedingungen aktuellen Einschätzungen nach am günstigsten für einen schnellen Netzanschluss sind. So könnten deutsche Verbraucher bereits Anfang 2023 mit Erdgas mittels LNG versorgt werden.

Neben den technischen Voraussetzungen müssen allerdings auch die Regularien geschaffen werden. Das Bundeskabinett hat das LNG-Beschleunigungsgesetz beschlossen, es soll den Bau von Terminals für Flüssigerdgas erheblich vereinfachen und beschleunigen. Das Ausmaß der Herausforderung für alle beteiligten Behörden verdeutlichte Thomas Hüwener, Geschäftsführer des Erdgas-Übertragungsnetzbetreibers OGE: Um die FSRU bis zum Winter an das Gasnetz anzuschließen, sei eine Verzehnfachung des üblichen Planungstempos nötig.

Erste feste Terminals 2025 einsatzbereit

Mittelfristig sollen die Einspeisung von LNG dann stationäre Terminals übernehmen. Mitte März haben die Bundesregierung, das niederländische Staatsunternehmen Gasunie und RWE eine Absichtserklärung für den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel an der Elbe-Mündung unterzeichnet. Die Hälfte der Kosten von rund einer Milliarde Euro wird demnach der Bund übernehmen. RWE hatte sich bereits 2018 einen erheblichen Teil der künftigen Rückvergasungskapazitäten gesichert. Im März 2022 folgte ein Memorandum of Understanding mit Shell, nach dem auch der britisch-niederländische Mineralöl- und Erdgaskonzern „einen substanziellen Teil der Kapazität in Brunsbüttel für den Import von LNG langfristig bucht“.

In Stade ein Stück die Elbe hinauf wollen weitere Investoren nun LNG-Terminals bauen. Uniper angekündigt, in Wilhelmshaven eine dauerhafte Lösung zur LNG-Anlandung zu realisieren. Insgesamt sollen Einspeisekapazitäten für rund 45 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr geschaffen werden (Brunsbüttel 8, Wilhelmshaven 25, Stade 12). Von den Investoren heißt es, sie stünden in den Startlöchern und seien bereit loszulegen, sobald die Genehmigungen vorliegen. Erste LNG-Lieferungen könnten dann ab 2025 über den festen Terminal in Wilhelmshaven angelandet werden.

LGN-Terminals auch für grüne Rohstoffe vorbereiten

Obwohl Erdgas in der Energiewende als Brückentechnologie gilt, meint Frank Graf, Bereichsleiter Gastechnologie der Forschungsstelle des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), könnten diese Anlagen durchaus als langfristige Investments angelegt werden. Zum einen könnten die Terminals künftig auch grünes LNG verarbeiten, also verflüssigtes Methan aus Biogas-Anlagen oder mittels Erneuerbarer Energien synthetisch erzeugtes Erdgas.

Im Blick haben manche Betreiber aber auch Wasserstoff: „Man kann schon beim Bau eine spätere Umrüstung auf Ammoniak einplanen, sodass man dann nur noch ein paar Bauteile austauschen muss.“ Ammoniak ist eine stabile Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff, in der der Energieträger Wasserstoff über große Strecken wirtschaftlicher transportiert werden kann als im reinen Zustand.

Am Standort Brunsbüttel plant RWE sogar, parallel zum Bau des LNG-Terminals eine Anlage zum Anlanden von Ammoniak zu errichten. Diese soll ab 2026 jährlich 300.000 Tonnen grünen Ammoniak aufnehmen. Später soll dort die Anlage um einen „Cracker“ ergänzt werden, der den Wasserstoff wieder aus dem Ammoniak löst und in eine geplante Pipeline einspeisen. Die Kapazität soll im Folgenden auf zwei Millionen Tonnen Ammoniak ausgeweitet werden. Darin enthalten wären dann etwa 360.000 Tonnen grüner Wasserstoff.

Mögliche LNG-Importe aus der Golf-Region

Lieferland für den Ammoniak könnte nach einer gerade unterzeichneten Absichtserklärung das arabische Emirat Abu Dhabi werden, das erhebliche Elektrolyse-Kapazitäten anstrebt, um Wasserstoff mittels Solarstrom zu gewinnen.

Größere LNG-Lieferungen sind ebenfalls aus der Golfregion zu erwarten, nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck mit Katar eine Energiepartnerschaft auf den Weg gebracht hat. Auch Norwegen hat zugesagt, Deutschland mehr LNG zu liefern.

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