Batterien sind allgegenwärtig. Vom Mobiltelefon bis zum Elektroauto nutzen wir gespeicherte Energie in immer größeren Mengen. Dabei ist die Lithium-Ionen-Batterie die gängigste Technologie. Sie kann nämlich aufgrund ihrer hohen Energiedichte eine relativ große Energiemenge auf kleinem Raum speichern kann und ermöglicht damit mobil Anwendungen.
Aber wenn es um die Speicherung von Strom im Netzmaßstab geht, ist Mobilität kein auschlaggebendes Kriterium. Wissenschaftler suchen daher nach einer Möglichkeit, Energie länger und zu weniger Kosten zu speichern. Eine Antwort darauf könnten Iron-Flow-Batterien sein.
Große Batteriespeicher mit Lithium-Ionen-Akkus haben in der Regel eine Laufzeit von vier Stunden. Das Ziel ist eine deutlich längere Laufzeit von 12 Stunden – genügend Zeit, um zum Beispiel in einem Solarpark den nächtlichen Strombedarf zu decken, bevor die Stromerzeugung bei Sonnenaufgang wieder beginnt. Batteriesysteme mit einer solchen Speicherdauer wären passend zum Tageszyklus der Erde, der weitgehend den Rhythmus der menschlichen Aktivität und damit des Strombedarfs bestimmt.
Speicher mit längerer Laufzeit ermöglichen es auch, fluktuierende erneuerbare Energie vermehrt in die Netze zu integrieren, was wiederum einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Stromerzeugung und -nutzung leisten würde. Eine von US-Forschern im Jahr 2018 durchgeführte Studie, die auf stündliche US-Wetterdaten über 36 Jahre hinweg basiert, ergab, dass das Stromsystem der Vereinigten Staaten zu 80 Prozent mit Solar- und Windenergie betrieben (Link in Englisch) werden könnte, wenn es über eine Speicherkapazität von zwölf Stunden verfügen würde. Eine Umstellung auf 100 Prozent Wind- und Solarenergie würde eine Speicherkapazität von mehreren Wochen erfordern.
Lithium-Ionen-Batterien bieten einen sehr hohen Nutzen, jedoch müssen hier, wie bei allen Formen der Energiespeicherung Kompromisse eingegangen werden: Eine Lithium-Ionen-Batterie hat eine begrenzte Anzahl an Zyklen, wobei die Kapazität im Laufe der Zeit abnimmt und je nach Nutzungsintensität eine Lebensdauer von sieben bis zehn Jahren erreicht. Außerdem benötigen sie eine Reihe von Mineralien, wie Kobalt und Nickel, die nicht nur teuer sind, sondern auch beim Recycling am Ende des Lebenszyklus Schwierigkeiten mit sich bringen
Im Gegensatz dazu bestehen Iron-Flow-Batterien aus preiswerten und reichlich vorhandenen Materialien – hauptsächlich aus Eisen, Salz und Wasser. Sie haben eine Betriebsdauer von bis zu zwölf Stunden und, was womöglich am wichtigsten ist, bieten eine unbegrenzte Anzahl von Zyklen innerhalb einer Betriebsdauer von 20 bis 25 Jahren. Diese Fähigkeit, ohne nennenswerte Abnutzung mehr Leistung über einen längeren Zeitraum hinweg zu erbringen, hat enorme Auswirkungen auf die Kosten zur Lebenserhaltung der Batterie, auch wenn die Anschaffungskosten und die Wartungsanforderungen höher sind.
Wie sind Flow-Batterien aufgebaut und wie sieht ein Ladezyklus aus? Im Wesentlichen bestehen sie aus zwei chemischen Elektrolyten, die durch eine Membran getrennt sind. Die Aufladung erfolgt durch den Transfer von Ionen von einem Elektrolyten zum anderen durch die Membran als Reaktion auf elektrischen Strom. Der geladene Elektrolyt wird anschließend in einem Tank gespeichert.
Um die Energie zurückzugewinnen, wird der geladene Elektrolyt zurück in die elektrochemische Zelle gepumpt, und die Ionen werden wieder an die jeweils gegenüberliegende Elektrode übertragen. Dies setzt die Elektrolyte in ihren ursprünglichen Zustand zurück und sie sind für den nächsten Zyklus bereit.
Diese Abläufe verleihen den Batterien auch den Namen Redox-Flow-Batterien. Der Name vereint die Begriffe „Reduktion“ und „Oxidation“. Ersterer steht für die Elektronenaufnahme, letzterer für die Elektronenabgabe.
Die Kapazitäten der Batterien können durch das Hinzufügen weiterer Elektrolyten und größere Lagertanks erhöht werden. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der geladene Elektrolyt getrennt von der elektrochemischen Zelle gelagert wird. Die Leistung der Batterie in Megawatt (MW) hängt von der Größe der elektrochemischen Zelle ab, während die Menge an Elektrolyten die Dauer der Leistung in Megawattstunden (MWh) bestimmt.
Diese Technologie verwendet unter anderem das US-amerikanische Unternehmen ESS. Es hat ein System mit zwei identischen Elektrolyten aus in Wasser gelösten Eisensalzen entwickelt – eine kostengünstige und relativ umweltfreundliche Lösung. Dazu lassen sich die Bestandteile am Ende der Lebensdauer leicht recyceln. Zudem können durch die Verwendung identischer Elektrolyte Probleme bei Kreuzkontaminationen, die zu Leistungsverlusten führen, vermieden werden.
Während des Ladezyklus nimmt der Elektrolyt an der negativen Elektrode der Batterie Elektronen auf. Gleichzeitig entsteht eine feste Eisenschicht an der Oberfläche der Elektrode. In der Entladephase kehrt sich die Reaktion um: Elektronen werden an der positiven Elektrode abgegeben, das feste Eisen löst sich wieder in seinen früheren Zustand auf.
Eine Besonderheit des Systems ist, dass ESS eine „Protonenpumpe“ integriert hat. Welchen Zweck erfüllt sie? Als Nebenprodukt der elektrochemischen Reaktionen entsteht Wasserstoff. Die Pumpe verhindert dessen Ansammlung und sorgt dafür, dass die Batterie während ihrer Lebensdauer eine unbegrenzte Anzahl von Zyklen liefern kann, so das Unternehmen.
Dieses System ist längst über das Labor hinausgewachsen und befindet sich bereits in der Kommerzialisierung. So gab das Unternehmen im September 2021 bekannt, dass es einen Auftrag für den Bau einer Anlage mit einer Gesamtkapazität von 8,5 MWh (Link in Englisch) zur Unterstützung eines Solarparks in Spanien erhalten ab. Und im selben Monat schloss ESS einen Vertrag mit der japanischen SoftBank Group ab: Bis 2026 sollen 2 GWh Speicherkapazität bereitgestellt werden. Die erste Anlage wurde bereits im kalifornischen Davis in Betrieb genommen.
Die globale Bedeutung von Batteriespeichern nimmt immer mehr zu. So schätzt die Internationale Energieagentur IEA, dass der Großteil des weltweiten Wachstums der Speicherkapazitäten in den kommenden Jahren auf Batterien im Versorgungsmaßstab entfallen wird. Laut Prognosen wird ein Anstieg von 18,4 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2020 auf 157,4 GWh im Jahr 2026 erwartet.
Der Markt für Batteriespeicher wächst schnell. Und obwohl er bisher von der Lithium-Ionen-Technologien dominiert wird, gibt es Anzeichen für eine Diversifizierung. Die Unternehmen erforschen verschiedene Technologien, die den Anforderungen der Netzspeicherung im Versorgungsmaßstab gerecht werden sollen.
Zwar machten Redox-Flow-Batterien, die überwiegend Vanadium als Elektrolyt verwenden, von den Ende 2019 in den USA installierten Systemen nur ein Prozent aus. Allerdings könnten sie sich bald einen Weg in den Markt bahnen, denn die Kombination aus niedrigeren Kosten und längerer Laufzeit erscheint attraktiv. Die US-amerikanische Advanced Research Projects Agency-Energy (ARPA-E) schätzt, dass die Redox-Flow-Batterien von ESS Speicherkosten von 125 US-Dollar je Kilowattstunde erreichen könnte, „was eine erhebliche Preissenkung im Vergleich zu den derzeit fortschrittlichsten Energiespeichertechnologien darstellt.“