Immer mehr schwimmende Solaranlagen werden auch in Europa gebaut – denn freie Flächen sind kostbar, und die Preise für die Technologie sinken. Diese Entwicklung hat jetzt einen vorläufigen Höhepunkt erreicht: In Portugal sind bei der ersten nationalen Ausschreibung für schwimmende Solarmodule im April Negativgebote abgegeben worden. Damit wurde ein Rekord für den günstigsten Preis in diesem Segment gebrochen. Das heißt: Anstatt Subventionen zu erhalten, bezahlen die Energieunternehmen für die Stromerzeugung.
Diese Ergebnisse müssen allerdings vor dem Hintergrund sehr hoher Preise an den Strombörsen betrachtet werden; so treibt der Ukrainekonflikt die Preise für fossile Brennstoffe und Strom auf Höchststände. Nichts desto trotz zeigt sich Portugal damit abermals als gutes Pflaster für die Solarenergie: Bereits 2020 brach eine Ausschreibung Rekorde für den niedrigsten Preis für Freiflächen-Solarstrom.
Wie der en:former berichtete, verfügt Portugal über sehr großes Potenzial im Bereich der Erneuerbaren. Das Land investiert insbesondere stark in Solar und Wind, um bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Beispiel Solarenergie: Während das Land bis 2020 gerade einmal eine installierte Leistung von etwas über einem Gigawatt (GW) besaß, plant es bis 2030 Kapazitäten von 9 GW zu erreichen.
Auch RWE gab kürzlich die Errichtung einer 40 Megawatt (MW) Freiflächensolaranlage im Land bekannt. Die Anlage soll 2023 in Betrieb gehen. Die im April erteilten Floating-Solar-Projekte mit einer Gesamtleistung von rund 183 MW sollen einen Beitrag zur Energiewende leisten.
Bereits im November des vergangenen Jahres startete die portugiesische Generaldirektion für Energie und Geologie (DGEG) die erste Auktion des Landes für schwimmende Solarprojekte. Ausgeschrieben waren sieben Projekte mit einer maximalen Gesamtleistung von bis zu 263 MW, die auf sieben Stauseen errichtet werden können.
Diese sieben Staudämme machen nur einen Teil der Wasserkraft-Kapazität in Portugal aus. Insgesamt 17 Wasserkraftwerke mit einer Leistung von über 7 GW sorgen vor allem in den regenreichen Wintermonaten für einen größeren Anteil im portugiesischen Strommix. Drei weitere Wasserkraftwerke an den Flüssen Tamega und Torno befinden sich in Bau und sollen bis 2024 fertiggestellt sein.
Von diesen sieben Standorten erhielten sechs einen Zuschlag, wovon insgesamt vier Energieunternehmen profitieren. Lediglich für den Standort am Staudamm Castelo de Bode, der für Projekte von bis zu 50 MW ausgeschrieben war, gab es kein positives Ergebnis. Nach Angaben der DGEG gab es nur ein einziges Gebot für dieses Los, mit dessen Bieter keine Einigung erzielt wurde.
Der Zuschlag für den größten der Standorte, Alqueva, mit einer möglichen Kapazität von 100 MW ging an ein Projekt, das allerdings „nur“ eine 70 MW-Anlage vorsieht. Die anderen Projekte erreichen alle ihre maximal ausgeschriebenen Leistungen: Cabril (33 MW), Alto Rabagão (42 MW), Paradela (13 MW), Salamonde (8 MW) und Vilar-Tabuaço (17 MW). Somit wurden durch die Auktion insgesamt 183 MW vergeben.
Zwei der ausgeschriebenen Projekte wurden über einen Differenzvertrag (Contract for Difference, CfD) über 15 Jahre vergeben. Für den größten Standort Alqueva gab das Energieunternehmen EDPR das Rekordgebot von -4,13 Euro ab. Ein Gebot im Negativbereich bedeutet, dass das Unternehmen in dem festgelegten Zeitraum von 15 Jahren für jede Megawattstunde (MWh) Strom, die ihre Anlage produziert, einen Ausgleich von etwa vier Euro zahlen wird.
Das Projekt am Staudamm Cabril mit einer Leistung von 33 MW ging an das französische Unternehmen Voltalia für ein Gebot von 41,03 Euro. Die Anlage soll bis 2026 in Betrieb gehen.
Die meisten der anderen Projekte wurden im Rahmen der nationalen Ausgleichsregelung für das Stromnetz vergeben. Das heißt, dass pro MW Leistung des Projekts pro Jahr ein festgelegter Beitrag an den Netzbetreiber für die Netzanschlussrechte gezahlt wird. Der durchschnittliche Beitrag pro Megawatt und Jahr lag dabei bei 47.400 Euro.
Neben EDPR gewann Endesa Portugal das drittgrößte Projekt in Alto Rabagão mit 42,5 MW. Das geplante schwimmende Solarkraftwerk soll bereits 2023 in Betrieb gehen und mit einem Windpark und einem Batteriespeicher gekoppelt werden. Das portugiesische Unternehmen Finerge sicherte sich gleich drei der ausgeschriebenen Projekte: Paradela, Salamonde und Vilar-Tabuaço mit einer Gesamtkapazität von 38 MW.
Standort | Ausgeschriebene Leistung (MW) | Vergebene Leistung (MW) |
---|---|---|
Alqueva | 100 | 70 |
Cabril | 33 | 33 |
Alto Rabagão | 42 | 42 |
Paradela | 13 | 13 |
Salamonde | 8 | 8 |
Tabua | 17 | 17 |
Ein weiterer Grund neben den hohen Börsenpreisen, warum Unternehmen bereit sind für die Stromproduktion zu zahlen, ist einfach: garantierte Netzanschlüsse. Die mangelnde Verfügbarkeit sowie komplexe und langwierige Genehmigungsverfahren in Portugal machen es Entwicklern von Stromerzeugungsanlagen nicht leicht, ihre Projekte voranzutreiben. In Ausschreibungen wie dieser hingegen wird den Projekten eine feste Netzanschlusskapazität zugesichert, wodurch sie heiß begehrt sind.
Die zugeschlagene Netzkapazität übertrifft in den meisten Fällen die Projektkapazität. Das ermöglicht es den Gewinner-Unternehmen auch andere Erneuerbaren Projekte mit dem vergebenen Netzanschluss zu realisieren. Laut EDPR erwartet das Unternehmen beispielsweise eine Netzanschlusskapazität, welche die Installation von bis zu 154 MW Erneuerbaren-Anlagen zulässt, wovon nur 70 MW durch die schwimmende Solaranlage abgedeckt werden. Die übrigen 84 MW wollen sie für eine Hybridanlage mit 14 MW Photovoltaik sowie 70 MW Wind nutzen.
Ein weiterer Punkt, der die Attraktivität der Ausschreibungen fördert, ist der Zeitraum, für den die Netzanschlüsse zur Verfügung stehen. Zwar laufen die Auktionsverträge über einen Zeitraum von 15 Jahren, die DGEG sichert den Gewinnerunternehmen jedoch Netzkapazitäten von 30 Jahren zu. Das heißt, jedes Unternehmen hat nach den 15 Jahren Vertragslaufzeit noch weitere 15 Jahre Zeit unter normalen Marktbedingungen weiter zu produzieren.