Die Energiewende in den USA nimmt Fahrt auf. Im Jahr 2022 hat nicht nur die Erzeugung von grünem Strom einen Rekordwert erreicht, auch die Investitionen etwa in nachhaltige Erzeugungsanlagen, Energiespeicher und die Elektrifizierung haben zuvor ungesehene Summen erreicht.
Das geht aus dem jüngsten „Sustainable Energy in America Factbook“ (Link in Englisch) hervor, den der Wirtschaftsverband „Business Council for Sustainable Energy“ zusammen mit dem Informationsdienst „BloombergNEF“ (BNEF) herausgegeben hat. „Die US-Wirtschaft ist jetzt fest auf dem Weg zur Energiewende, um Emissionen zu senken und ökonomische Chancen zu schaffen“, interpretiert BNEF die Entwicklung.
Das „2023 Sustainable Energy in America Factbook“ ist die elfte Ausgabe des Branchenreports, der seit 2012 jährlich vom branchenübergreifenden Dachverband „Business Council for Sustainable Energy“ (BCSE) und dem Wirtschaftsinformationsdienst BloombergNEF (BNEF) herausgegeben wird.
Verglichen mit dem Vorjahr sind dem Factbook zufolge die Energiewende-Investitionen 2022 um 11 Prozent gestiegen – auf 141 Milliarden US-Dollar (USD), also rund 130 Milliarden Euro. Fast die Hälfte dieses Anstiegs sei dem Verkauf von Elektroautos und dem Aufbau der dazugehörigen Ladeinfrastruktur geschuldet. Höhere Kapitalkosten, ausgelöst durch Leitzinserhöhungen der Zentralbanken, könnten noch höhere Investitionen verhindert haben, deuten die Studienautoren an.
Für die USA ist das ein Rekord, im weltweiten Vergleich jedoch eher Durchschnitt. Rund um den Globus wurde im vergangenen Jahr erstmals mehr als eine Billion US-Dollar in die Umgestaltung der Energieversorgung investiert. Etwa die Hälfte dieser Summe gab China allein aus.
Ebenfalls auf Rekordniveau lag in den USA die Produktion von erneuerbarem Strom. Im Vergleich zum Vorjahr stieg sie um 13 Prozent. Damit machte nachhaltiger Strom ein knappes Viertel der gesamten Elektrizitätsproduktion aus. Nimmt man die Kernkraft hinzu, erzeugten die USA im Jahr 2022 rund 41 Prozent ihres Stroms ohne CO2-Emissionen. Der Anteil der Kohle lag bei 19 Prozent, 39 Prozent stammten aus Gaskraftwerken. Dabei stieg der Anteil von Erdgas an der Stromproduktion im vergangenen Jahr leicht – trotz des teils drastischen Anstiegs der globalen Marktpreise.
Genau dieser Preisanstieg ließ auch die Kosten zur Errichtung erneuerbarer Erzeugungsanlagen steigen. Sonst sei möglicherweise noch mehr Geld in die Energiewende geflossen, heißt es im Factbook. Unterm Strich aber hat die Verteuerung konventioneller Energieträger den Kostenvorteil der Erneuerbaren bei der Gestehung weiter vergrößert. Bei neuen Anlagen hat Windkraft an Land seit 2017 die geringsten Gestehungskosten in den USA, seit 2021 ist auch Photovoltaikstrom günstiger als Gas- und Kohlestrom.
Dass sich diese Entwicklung gerade jetzt entfaltet, ist kein Zufall. Mit dem „Inflation Reduction Act“ hat die US-Regierung im August 2022 das mit 369 Milliarden USD größte Subventionsprogramm seit mehr als einem Jahrzehnt der Energiewende gewidmet. Weitere 110 Milliarden USD kommen aus dem „Infrastructure Investment and Jobs Act“ (Link auf Englisch).
Indirekt profitiere die Branche auch vom „CHIPS and Science Act“ (Link in Englisch), der die US-Halbleiterindustrie unterstützt, heißt es im Report. Durch die Unterbrechungen internationaler Lieferketten während der Corona-Pandemie waren Engpässe in der Chip-Industrie Engpässe entstanden, die auch die Hersteller von Windenergie- und Solarstromanlagen, E-Autos und anderen Akteuren der Energiewende trafen.
Gleichzeitig mahnen die Studienautoren weitere Gesetzesänderungen an, etwa um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Investitionen noch attraktiver und schneller umsetzbar zu machen.
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