Der Photovoltaik-Ausbau hat 2022 neue Rekorde aufgestellt. In Deutschland wurden gemäß Marktstammdatenregister Solaranlagen mit einer Kapazität von 7,18 Gigawatt (GW) neu installiert. Nur 0,026 Prozent davon auf Gewässern. Dabei sind schwimmende PV-Anlagen besonders vielversprechend und bergen ein großes Potenzial.
Während Solaranlagen auf Freiflächen an Land viel Platz benötigen, können schwimmende Paneele auf ungenutzten Seeflächen oder vor der Küste installiert werden. Sie versprechen zudem höhere Erträge, weil das Wasser die Solarzellen auf natürliche Weise kühlt – das steigert die Effizienz der Module. Darüber hinaus verringern sogenannte Floating-PV-Anlagen die Verdunstung des Wassers. Und es gibt Hinweise, dass sie das Algenwachstum reduzieren. Als Standorte kommen neben natürlichen Standgewässern auch geflutete Tagebauflächen und Baggerseen in Betracht.
Noch liegen die Investitionskosten jedoch deutlich über denen von Solarparks an Land. Grund dafür sind die besonderen technischen Anforderungen: So brauchen Kabel und Module schon allein durch die Nähe von Wasser und Strom zum Beispiel eine spezielle Isolierung. Der en:former stellt einige innovative Ansätze vor, mit denen sich diese Herausforderungen bewältigen lassen könnten.
Bereits heute investieren Unternehmen weltweit in die Floating-Technologie. In der Regel befinden sich die Solarmodule auf Schwimmkörpern, die über bewegliche Verbindungsstücke miteinander verknüpft sind. Das sorgt für eine möglichst flexible Anpassung an die Wasseroberfläche. Die Verankerung am Gewässergrund oder am Ufer stabilisiert die Anlage und passt sich Schwankungen des Wasserpegels an, sodass das schwimmende Solarkraftwerk immer seine Position in der vorgesehenen Ausrichtung beibehält. Der Transport des erzeugten Solarstroms zum Stromnetz an Land erfolgt über (Unter-)Wasserkabel.
Eine neuartige Unterbaukonstruktion für Floating-PV-Anlagen haben die Technologieexperten Zimmermann PV-Stahlbau GmbH entwickelt. Anstatt jedes Modul auf einem Schwimmkörper zu befestigen, installieren die Partner jeweils zwölf Module auf einem „Boot“ aus vier Schwimmkörpern und einer Stahlkonstruktion. Anschließend werden die einzelnen Solarboote miteinander verbunden, was das System in sich sehr stabil macht, aber zugleich eine flexible Anpassung an die Wasserbewegung ermöglicht. Das soll eine besonders gute Ausrichtung zur Sonne der Module gewährleisten.
Neben der Eigenentwicklung für das Gestell haben die Unternehmen auch an einer eigenen Lösung für die Kabelführung und die Trafostation gearbeitet. Das Verschaltungskonzept umfasst eine schwimmende Trafostation entworfen, die keinen zusätzlichen Platz an Land benötigt. Dadurch, dass der Solarstrom bereits auf dem Wasser auf Mittelspannung transformiert wird, wird nur ein starkes Mittelspannungskabel benötigt, das die Solarenergie an Land transportiert.
Auch der Bau der PV-Kraftwerke auf dem Wasser funktioniert nach einem eigenen „Fließband“-Prinzip: An Land werden die Solarboote zunächst zusammengebaut und bereits reihenweise miteinander verbunden. Anschließend werden sie Stück für Stück zu Wasser gelassen, bis eine vollständige Solarboot-Kette der gewünschten Länge auf dem Gewässer schwimmt. Ein Motorboot zieht diese dann an die richtige Position zur Montage an der restlichen Anlage. Der Ablauf verspricht eine möglichst schnelle Installation.
Einen weiteren innovativen Ansatz für Floating-PV hat das Ingenieurbüro Schlaich Bergermann Partner (sbp) entwickelt: Das laut dem Unternehmen erste für bifaziale Module optimierte Floating-System soll die Technologie günstiger, ertragsreicher und sicherer machen. Das System verzichtet ganz auf miteinander verbundene Schwimmkörper, auf denen die Solarmodule angebracht werden. Stattdessen befinden sich die Module auf 40 Meter langen und 80 Zentimeter dicken Membranschläuchen, die erst bei der Installation vor Ort aufgeblasen werden.
Das ermöglicht einen besonders einfachen und platzsparenden Transport. Außerdem sei das System durch seine Form noch besser vor Schäden durch Wellen geschützt, weil sich der Luftdruck in den Schläuchen je nach Wetterlage über integrierte Pumpen anpassen lässt, so sbp: Je mehr Wind weht, desto mehr Luft kommt in die Schläuche, da ein starreres System besseren Schutz bietet. Bei weniger Wind wird der Luftdruck in den Schläuchen gesenkt, um das Material zu schonen. Eine Wetterstation an Bord des Systems überwacht die Windgeschwindigkeit und die Wellenbewegungen – und wenn es notwendig wird, bläst sich die Anlage von selbst auf wie ein Kugelfisch. Daher trägt die Technologie den Namen „Gömbhal“, ungarisch für „Kugelfisch“.
Eine weitere Besonderheit des Ansatzes: Unter den Modulen befindet sich eine helle Membranschicht, die 60 Prozent der Sonnenstrahlen reflektiert und gleichzeitig als tragendes Strukturelement dient. Die bifazialen Module können somit sowohl die direkte Einstrahlung auf der Vorderseite als auch indirektes Licht auf der Rückseite zur Stromerzeugung nutzen.
Ein erster 50-Kilowatt-Prototyp liegt seit Mitte Oktober 2021 im ungarischen Györ im Wasser. Mit dem Prototypen sammeln die Entwickler Daten, um weitere wichtige Erkenntnisse über Energieertrag und Strukturverhalten zu erhalten.
Diese und weitere innovative Ansätze können dazu beitragen, das enorme Potenzial von schwimmenden Solaranlagen zu erschließen: Laut Fraunhofer ISE bergen allein in Deutschland geeignete Flächen auf künstlichen Gewässern ein technisches Potenzial von 44 GW. Wenn dann noch die Investitionskosten mit zunehmender Größe der Anlagen und weiterer Verbreitung der Technologien sinken, wovon Fachleute ausgehen, steht dem Durchbruch von Floating-PV nichts mehr im Wege.