Schiffe transportieren weltweit über 80 Prozent aller Güter und sind damit unverzichtbar für den globalen Handel. Die meisten Frachter werden aber mit Schweröl angetrieben und stoßen daher große Mengen Treibhausgas aus. Bisher war das kaum reguliert – „Umweltzonen“ wie im Straßenverkehr gibt es in internationalen Gewässern nicht. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, IMO) (Link in Englisch) der Vereinten Nationen möchte das ändern. Die 175 Mitgliedsstaaten haben sich im Juli 2023 mit einem Abkommen dafür ausgesprochen, die Emissionen der Seeschifffahrt bis 2050 auf netto Null zu senken.
Die IMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Sie ist für die Sicherheit des Seeverkehrs zuständig. Außerdem gehört es zu ihren Aufgaben, die Meeres- und Luftverschmutzung durch Schiffe zu reduzieren. Neben den 175 Mitgliedsstaaten sind 66 zwischenstaatliche Organisationen als Beobachter und 88 internationale Nichtregierungsorganisationen als Berater Teil der IMO.
Die „Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen“ (IMO-THG-Strategie 2023) (Link in Englisch) ist das Ergebnis jahrelanger Bemühungen der IMO, den Sektor auf Kurs zu den Pariser Klimazielen und den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu bringen. Zwar verursachte die Seeschifffahrt nach Angaben der Organisation zuletzt weniger als drei Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen, anders als in anderen Bereichen fehlte aber bisher ein klarer Dekarbonisierungspfad.
Die IMO-THG-Strategie 2023 schafft dafür nun einen Rahmen. Bei Beratungen in London einigten sich die Mitglieder auf vier zentrale Ziele:
Um dahin zu kommen, wird ein Komitee der IMO bis 2025 ein Maßnahmenpaket erarbeiten. Dieses soll unter anderem eine Norm für die CO2-Intensität von Schiffskraftstoffen beinhalten. Auf der Grundlage könnten Treibstoffe, die besonders hohe Emissionen verursachen, schrittweise abgeschafft werden. Außerdem plant die IMO einen Preismechanismus für Treibhausgasemissionen – ähnlich wie das EU-Emissionshandelssystem. 2027 sollen diese und weitere mittelfristige Maßnahmen in Kraft treten.
Power-to-X-Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Verkehr zu dekarbonisieren. Diese Treibstoffe werden mithilfe von Strom hergestellt. Wasserstoff und Ammoniak gelten als besonders vielversprechend für die Schifffahrt. Werden sie mit Strom aus Erneuerbaren Energien produziert, sind sie klimaneutral. E-Fuels haben insbesondere in der Luft- und Seefahrt Vorteile gegenüber Batterie-Antrieben. Denn Akkus bringen bei einem hohen Gewicht eine vergleichsweise geringe Reichweite mit.
Alle fünf Jahre will die Organisation die Strategie überprüfen und gegebenenfalls anpassen. 2028, also im Rahmen der ersten Prüfung, möchten die Mitglieder außerdem über mögliche langfristige Maßnahmen beraten.
Verabschiedung der IMO-THG-Strategie für 2023 ist eine monumentale Entwicklung und schlägt ein neues Kapitel in Richtung Dekarbonisierung des Seeverkehrs auf. Gleichzeitig ist sie nicht das Endziel, sondern in vielerlei Hinsicht ein Ausgangspunkt für die Arbeit, die in den vor uns liegenden Jahren und Jahrzehnten noch intensiver werden muss. Kitack Lim, Generalsekretär der IMO
In dem Abkommen betont die IMO, dass die Ziele für Entwicklungsländer sehr ambitioniert seien. Bei der Umsetzung sollen die Auswirkungen vor allem auf die am wenigsten entwickelten Länder und kleine Insel-Entwicklungsstaaten in besonderem Maße berücksichtigt werden. Dazu will die Organisation verschiedene Kriterien bewerten, wie zum Beispiel die Abhängigkeit von der Seefahrt – etwa in Bezug auf die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. So solle sichergestellt werden, dass kein Land bei den Klimaschutzbemühungen zurückgelassen wird.