Elektro-LKW sollen Emissionen im Verkehrssektor senken. In einigen Städten sorgen sie bereits für bessere Luft
Bisher hat der Verkehrssektor nicht viel zu den europäischen Klimazielen beigetragen. Das soll sich ändern, die EU gibt deshalb mächtig Gas: Brüssel hat beschlossen, den CO2-Ausstoß zumindest bei LKW bis 2030 um 30 Prozent zu senken. Auch in anderen Ländern sollen die LKW-Abgase runter: In den USA drückt vor allem der Bundesstaat Kalifornien aufs Tempo. Und auch China will zumindest die schmutzigsten Dieseltrucks aus dem Verkehr ziehen.
Doch sind E-Trucks wirklich die Lösung? Bisher haben es Elektroantriebe nicht leicht im Schwerlastverkehr. Dort zählen oft große Reichweiten. Aktuell verfügbare Akkus reichen aber bisher nur für wenige hundert Kilometer. Und: Bei voller Ladung reduziert sich diese Reichweite noch einmal deutlich.
Aber nicht alle LKW müssen lange Strecken am Stück fahren. Viele verrichten ihren Dienst in eher begrenzten Radien innerhalb von Ballungsräumen: Müllabfuhr, Logistikdienste, Baustellenfahrzeuge zum Beispiel. Hier können Elektromotoren ihren Effizienzvorsprung gegenüber Verbrennungsmotoren richtig ausspielen. Im Stand verbrauchen sie nichts. Beim Anfahren entfalten sie das volle Drehmoment, und beim Bremsen können die Akkus sogar Energie zurückgewinnen. Nachts haben sie Zeit zum Aufladen – oder sind dank leiser Motoren und Bremsen weiter im Einsatz. Auch für die berühmte „letzte Meile“, also die Fahrten zwischen den großen Logistikzentren vor den Toren der Stadt und den Empfängern, sind sie besser geeignet als Modelle, die mit Sprit fahren.
Kein Wunder also, dass gerade für diese Aufgaben viele Anbieter Elektro-LKW vorgestellt haben. Inzwischen wagen sich aber auch einige Hersteller an die langen Strecken – Start-Ups sowie Großkonzerne. Wir stellen einige Konzepte vor:
Mitte des vergangenen Jahres hat Volvo Trucks der Stadt Hamburg den ersten voll-elektrischen Müllwagen geliefert. Laut Hersteller steht dem Volvo FE Electric eine maximale Leistung von gut 500 PS (370 kW) zur Verfügung, um seine 27 Tonnen Gesamtgewicht zu bewegen. Die Akkus können Energie für bis zu 200 Kilometer speichern – eine Reichweite, die in dieser Gewichtsklasse auch andere Hersteller anbieten. Sind die Akkus leer, können sie mit einem geeigneten Ladesystem binnen 1,5 Stunden wieder aufgeladen werden. Das „Hamburger Abendblatt“ feierte die Auslieferung als „Weltpremiere“. Es war auch eine – zumindest für Volvo (Quelle: Volvo Trucks).
BYD hat nach eigenen Angaben bereits Mitte 2017 den ersten voll-elektrischen Müllwagen ausgeliefert. Noch nie von BYD gehört? Der chinesische Batteriespezialist ist laut Eigen-PR der weltgrößte E-Fahrzeug-Produzent. In Europa verkaufen die Chinesen bisher vor allem Busse, in der Heimat sind sie auch mit E-Autos erfolgreich. Seine Eisenphosphat-Akkus verbaut BYD in einer Reihe städtischer Nutzfahrzeuge, aber auch in Sattelschleppern. Die erste amerikanische Stadt mit BYD-Müllwagen war übrigens Palo Alto – ausgerechnet Palo Alto, Sitz des illustren US-Konkurrenten Tesla (Quelle: BYD).
Selbstverständlich hat auch Tesla, der wohl bekannteste Hersteller von Elektroautos, inzwischen einen eigenen E-Truck vorgestellt. Der Name ist Tesla-typisch simpel: „Semi“ ist ein elektrisch betriebener Sattelzug. Mit vier Akkus, die schnelles Laden ermöglichen sollen, wiegt ein unbeladener 40-Tonner allerdings zwei Tonnen mehr als ein Diesel-Pendant, berichtet „The Economist“. Das bedeutet zwei Tonnen weniger Zuladung. Kleine Randnotiz: Tesla-Mitgründer Ian Wright baut mit seiner Firma Wrightspeed ebenfalls alte Diesel-Müllwagen auf Hybrid-Antrieb um (Quelle: Tesla).
Auf den Umbau von klassischen LKW hat sich das niederländisch-belgische Unternehmen E-Trucks Europe spezialisiert. Zur Wahl stehen neben Hybrid- und Vollelektro-Antrieb auch Brennstoffzellen. Bisher nutzen Kunden in den Niederlanden, Belgien und Deutschland die emissionsfreien Wagen vor allem auf Kurzstrecken – für Logistikdienste, als Baustellenfahrzeuge oder – man ahnt es – bei der Müllabfuhr. Von Hause aus rüstet E-Trucks Europe Modelle des Eindhovener Herstellers DAF um – ähnlich wie der niederländische Industriekonzern VDL (Quelle: E-Trucks Europe).
Kurz vor Weihnachten 2018 hat der Mercedes-Mutterkonzern Daimler einem Kunden in Kalifornien den ersten E-Truck der US-Marke Freightliner übergeben. Bis Ende 2019 soll der Kunde weitere neun mittelschwere LKW sowie zehn Sattelschlepper erhalten. Mit dieser Produktpalette nennt sich Daimler „weltweit erster Hersteller, der elektrische LKW in allen Gewichtsklassen gemeinsam mit Kunden in der Praxis erprobt“. Bei 18- bis 26-Tonnern und bei den Sattelschleppern macht den Schwaben unter anderem die VW-Tochter MAN Konkurrenz (Quelle: Daimler AG).
Kurz vor Weihnachten 2018 hat der Mercedes-Mutterkonzern Daimler einem Kunden in Kalifornien den ersten E-Truck der US-Marke Freightliner ausgeliefert. Insgesamt sind nach Angaben von Mercedes 20 normale LKW und zehn Sattelschlepper bestellt. Mit dieser Produktpalette nennt sich Daimler „weltweit erster Hersteller, der elektrische LKW in allen Gewichtsklassen gemeinsam mit Kunden in der Praxis erprobt“. Bei 18- bis 26-Tonnern und bei den Sattelschleppern macht den Schwaben unter anderem die VW-Tochter MAN Konkurrenz (Quelle: Daimler AG).
Nikola – das zweite Unternehmen am E-Mobility-Markt, das sich mit seinem Namen auf den (fast vergessenen) Elektropionier Nikola Tesla bezieht, will ganz weit hinaus: Der „Nikola One“ kombiniert Lithium-Ionen-Akkus und Wasserstoff-getriebene Brennstoffzellen. Damit soll er Reichweiten von bis zu 1.000 Meilen, also mehr als 1.600 Kilometer, erzielen. Der große Vorteil, den die Brennstoffzelle gegenüber Akkus haben: Die Tanks sind in 20 Minuten aufgefüllt. 2020 sollen die ersten Trucks ausgeliefert werden (Quelle: Nikola Motor Company).
Für die H2-Infrastruktur will Nikola selbst sorgen: Gemeinsam mit dem norwegischen Wasserstoff-Spezialisten Nel sollen Nordamerika und Europa bis 2030 großflächig versorgt sein. Ein ambitioniertes Ziel, aber Nikola hat bereits mächtige Kunden überzeugt: Neben dem Logistik-Unternehmen U.S. Xpress hat auch Anheuser-Busch geordert: Bis zu 800 Trucks will der Brauerei-Riese aus St. Louis kaufen. Das Bild zeigt den etwas kleineren Nikola Two. Eigens für den europäischen Markt hat das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Arizona den Nikola Tre (norwegisch für drei) entwickelt (Quelle: Nikola Motor Company).
Mit dem „eHighway“ verfolgen der schwedische LKW-Produzent Scania und der deutsche Industriekonzern Siemens einen komplett anderen Ansatz, um Langstrecken-Transporte mit Elektroantrieb zu ermöglichen. Die Idee dahinter: Hybrid-Trucks fahren abschnittweise an Oberleitungen. Über die Stromabnehmer laden die Brummis ihre Akkus während der Fahrt auf. In Schweden und den USA laufen bereits Pilotprojekte auf öffentlichen Straßen. Die dritte Teststrecke soll 2019 auf der A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt in Betrieb gehen (Quelle: Siemens AG, München/Berlin).