Das Urteil des Europäische Gerichtshof (EuGH) war eine große Überraschung für die britische Regierung – und eine höchst unangenehme. Mitte November hatte das Gericht geurteilt, dass die EU-Kommission die Regelung zum Kapazitätsmarkt vor der Genehmigung nicht ausreichend geprüft habe. Als Konsequenz erklärte der EuGH die Genehmigung aus dem Jahr 2014 „aus verfahrensrechtlichen Gründen für nichtig“. Damit war der Kapazitätsmarkt in Großbritannien gestoppt. Dabei ist er ein zentraler Baustein der britischen Energiepolitik: Um Stromengpässe in den Wintermonaten zu überbrücken, werden Kraftwerksbetreiber dafür vergütet, dass sie Kapazitäten vorhalten. Im Notfall können diese dann schnell hochgefahren werden, um den aktuellen Strombedarf zu decken.
Die Regierung hat seitdem weder Auktionen durchgeführt, in denen Energieversorger Stromerzeugungskapazitäten anbieten, noch Zahlungen im Rahmen bestehender Vereinbarungen vorgenommen. Mehr als drei Monate nach dem Urteil hat die EU-Kommission angekündigt, erneut zu prüfen, ob die Regelung mit EU-Beihilfevorschriften vereinbar ist. Vor dem EuGH hatte ein Marktteilnehmer geklagt, dass die momentane Ausgestaltung des Kapazitätsmarktes den Wettbewerb verzehre. Bei der Prüfung wird die EU-Kommission nach eigener Aussage besonders auf Verbraucher eingehen, die anbieten, bei unzureichendem Angebot auf dem Strommarkt ihren Verbrauch zu verringern.
„Das ist ein wichtiger erster Schritt“, kommentierte Greg Clark, Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie die Ankündigung der EU-Kommission. Die Regierung arbeite daran, die staatlichen Beihilfen für den Kapazitätsmarkt so schnell wie möglich wiedereinzusetzen, fügte er hinzu. Auch Lawrence Slade, Vorstand von Energys UK, dem Interessensverband der britischen Energieindustrie begrüßte die Untersuchung. „Wir sind fest davon überzeugt, dass der Kapazitätsmarkt weiterhin die beste Möglichkeit ist, Versorgungssicherheit zu den niedrigsten Kosten für Verbrauchen zu garantieren, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Technologien geschaffen werden“, so Slade
Die Europäische Kommission betonte in einer Stellungnahme, dass der EuGH nicht über die Vereinbarkeit der Kapazitätsmarkt-Regelung mit EU-Recht entschieden habe. Das Gericht habe lediglich festgestellt, dass die Prüfung vor der Genehmigung nicht ausreichend war. Mit den erneuten Prüfungen werde dem Urteil nun Folge geleistet. Dabei können Beteiligten Stellungnahme abgeben, das Verfahren werde ergebnisoffen geführt, so die Kommission.
Während die Kommission also die Regelungen untersucht, will auch das britische Ministerium für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie aktiv werden. Ende Februar hat das Ministerium angekündigt, im Laufe des Jahres eine Auktion durchzuführen, bei der Notfall-Kapazität nachgefragt werden. Sie soll als Ersatz für die Auktion dienen, die eigentlich im Januar stattfinden sollte, aber nach dem Urteil des EuGH abgesagt wurde.
Das Ministerium plant zudem Gesetzesänderungen, eine weitere Auktion Anfang des kommenden Jahrs sei angedacht. In einer schriftlichen Stellungnahme betonte Minister Greg Clark, dass diese Maßnahmen wichtige Schritt seien, um sich die staatlichen Beihilfen für den Kapazitätsmarkt so bald wie möglich genehmigen zu lassen.
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