Zumindest in den nächsten Jahren dürfte der Erdgasverbrauch in der Europäischen Union steigen, insbesondere wenn es schrittweise Kohle und Kernkraft bei der gesicherten Stromproduktion ersetzt. Gleichzeitig fördern die Mitgliedstaaten der EU selbst immer weniger Erdgas. In der Summe heißt das: Der Importbedarf wächst.
Bis 2025, schätzt Peter Zeniewski, sei die Gasversorgung in der Europäischen Union dank langfristiger Lieferverträge gesichert. Für die Zeit danach, so der Energieanalyst der Internationalen Energieagentur (IEA), müsse man sich nach neuen Verträgen, vielleicht auch neuen Lieferanten umsehen. Sorgen, dass dies versäumt werden könnte, habe er nicht, schreibt Zeniewski in seinem Kommentar „A long-term view of natural gas security in the European Union“ (dt.: Ein langfristiger Blick auf die Erdgassicherheit in der Europäischen Union). Seiner Ansicht konzentriert man sich in den zuständigen Ministerien sogar zu sehr darauf, woher das Gas kommen soll.
Genauso wichtig sei es, intern an Stellschrauben zu drehen, damit der Gasimport stetiger verlaufen kann als bisher. Auf zwei Parameter weist der Autor besonders hin: die physischen Handelskapazitäten zwischen den Mitgliedstaaten und das Bedarfsprofil.
Zum einen gelte es, die Flaschenhälse im EU-internen Transportnetz zu beseitigen. Zwar werde schon heute 75 Prozent des Erdgases in der EU in einem „liquiden, wettbewerbsorientierten Markt“ konsumiert. Auf der anderen Seite hätten einige Länder – insbesondere im Südosten der EU – nach wie vor begrenzten Zugang zu diesem Markt, weil die Leitungen unterdimensioniert seien. Auch die vorhandenen Regasifizierungsanlagen für Flüssiggas (LNG) seien unzureichend an das europäische Gasnetz angebunden: Rund 40 Prozent des regasifizierten LNGs, so Zeniewski, könnten nicht in Nachbarländer exportiert werden.
Die meiste Zeit des Jahres stellt all das kein Problem dar. Allerdings treten Engpässe logischerweise genau dann auf, wenn das Gas am dringendsten benötigt wird: In den Wintermonaten ist der Gasverbrauch der EU etwa doppelt so hoch wie im Sommer. Der größte Teil dieses Unterschieds lässt sich allein auf das Beheizen von Gebäuden zurückführen. Wenn ab 2021 jedes Jahr zwei Prozent des Gebäudebestandes modernisiert werden, schreibt Zeniewski, würde der monatliche Spitzenbedarf bis 2040 um ein Viertel sinken. Dann stünde dauerhaft etwa die 1,5-fache Menge an Gas zur Erzeugung von Grundlaststrom zur Verfügung – Gas für das andernfalls die Importkapazität erhöht werden müsste, nur um in den wenigen Wochen maximalen Konsums im Jahr die Versorgung zu sichern.
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