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Angebot von nachhaltiger Biomasse „stark begrenzt“
Ein neuer Bericht fordert strenge Nachhaltigkeitskriterien und eine optimale Ressourcenzuweisung für Biomasse

In vielen Sektoren, von der Energiewirtschaft, über die Luftfahrt bis hin zur Petrochemie, setzen Unternehmen mittlerweile auf Biomasse als eine kohlenstoffarme Alternative zu fossilen Brennstoffen. Allerdings ist die Gleichung „Eine Pflanze zu nutzen, ist wie eine Pflanze anzubauen“ niemals so einfach wie sie auf den ersten Blick scheint.

Vor mehr als einem Jahrzehnt waren Biokraftstoffe für den Verkehr stark im Trend. Allerdings zeigte sich schon nach kurzer Zeit, dass die steigende Nachfrage nach Biokraftstoffen, beispielsweise aus Soja oder Palmöl, Anreize für sowohl direkte als auch indirekte Änderungen der Flächennutzung schaffte. Vereinfacht gesagt: Der Verbrauch von Biokraftstoffen förderte die Zerstörung unberührter Lebensräume, die auch als natürliche Kohlenstoffspeicher fungieren könnten, da Landwirte ihre Anbauflächen ausweiteten.

Das führte in der EU zur Einführung von Nachhaltigkeitskriterien (Link in Englisch) für Biokraftstoffe. Durch diese soll sichergestellt werden, dass die Herstellung und Verwendung positive Auswirkungen auf die Umwelt hat.

Begrenztes Angebot an nachhaltiger Biomasse

Schätzungen des Angebots an nachhaltiger Biomasse variieren stark und müssen eine Reihe von komplexen Annahmen und Definitionen berücksichtigen. Ein neuer Bericht mit dem Titel „Bioresources within a Net-Zero Emissions Economy“ (Bericht in Englisch) ist im Juli vom Energy Transition Committee (ETC) veröffentlicht worden. Das Fazit: Zwar werden Erneuerbare Energien in Kombination mit Wasserstoff den Großteil des globalen Dekarbonisierungsbedarfs decken, Bio-Rohstoffe werden aber eine wichtige Rolle für das Ziel der Kohlenstoffneutralität bis 2050 spielen.

Laut dem Bericht ist das Gesamtangebot an nachhaltiger Biomasse „stark begrenzt“ und kann nur einen kleinen Teil der potenziellen Nachfrage decken. Im Bericht werden drei Hauptquellen für Biomasse genannt: Biomasse, die auf dafür vorgesehenen Flächen angebaut wird, Biomasse aus Abfällen und Reststoffen sowie Biomasse aus Wasserquellen. Dem Bericht zufolge dürfte die nachhaltige Versorgung bis 2050 etwa 40-60 Exajoule (EJ) pro Jahr betragen – auch wenn diese Werte schwer zu berechnen sind. Derzeit wurden etwa 10 EJ pro Jahr für Materialien verwendet. Demnach stehen theoretisch weitere 30-50 EJ für die Energieversorgung bzw. für andere Zwecke zur Verfügung.

In einem Szenario mit einem maximalen Angebot könnten nach den Schätzungen der ETC weitere 60 EJ pro Jahr verfügbar sein. Dies ist allerdings schwierig zu erreichen. Der Großteil davon, 45 EJ pro Jahr, würde nur verfügbar werden, wenn sich die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung ändern würden oder es große Fortschritte in der Landwirtschaft gäbe. Dadurch könnte die Fläche, die für die Produktion von Fleisch gebraucht wird, erheblich reduziert werden. Die verbleibende Energiemenge von 15 EJ jährliche könnte durch Meeresalgen (10 EJ), die in großen Anlagen zur Energiegewinnung genutzt werden, und durch bessere globale Abfallwirtschaft verfügbar werden.

Klare Prioritäten notwendig

Der weltweite Endenergieverbrauch liegt derzeit bei etwa 430 EJ pro Jahr. Würde dieser allein durch Biomasse gedeckt würden, bräuchte es eine Primärenergieversorgung von mindestens 610 EJ pro Jahr aufgrund von Umwandlungsverlusten. Dieses Zahlen zeigen anschaulich, dass die weltweiten Maßnahmen zur Dekarbonisierung vor allem aus einer weitergehenden Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien sowie aus der Bereitstellung von sauberen Brennstoffen wie grünen Wasserstoff bestehen müssen. Biomasse spielt eine viel kleinere, aber immer noch wichtige Rolle, die auf einzelne Bereiche der Wirtschaft ausgerichtet ist, die sich auf den genannten Wegen schwer dekarbonisieren lassen, so der Bericht.

Wenn die Nachfrage, wie es prognostiziert wird, das Angebot übersteigt, sind dem Bericht zufolge genau definierte und streng durchzusetzende Nachhaltigkeitskriterien erforderlich sowie Mechanismen um den Preis von Kohlenstoff festzulegen, um eine optimale Zuteilung der Ressourcen zu gewährleisten. Der Bericht identifiziert dafür Holz, Papier und Zellstoff sowie Kunststoffrohstoffe als die Bereiche mit der höchsten Priorität. Danach folgen Biomasse für die Verbrennung in der Stahl-, Zement- und Aluminiumproduktion sowie Rohstoffe für Flugkraftstoffe. Allein diese Sektoren für sich könnten mehr als die gesamte voraussichtlich im Jahr 2050 verfügbare nachhaltige Biomasse verbrauchen. Die Nutzung von Biomasse, ist dem Report zufolge in einigen Fällen jedoch noch nicht ausgereift und deshalb kann die Ressource vorerst in anderen Sektoren als eine vorläufige, kohlenstoffarme Bioenergiequelle genutzt werden.

Elektrifizierung soll die Biomasse-Nachfrage entlasten

Darüber hinaus sollten in jedem der schwer zu dekarbonisierenden Sektoren Möglichkeiten zur Elektrifizierung verfolgt werden. Zusätzlich könnten Technologien zur Kohlenstoffabscheidung, wie die Kombination von Biomasse zur Stromerzeugung mit einer Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, die  genannte Nutzungsreihenfolge verändern. Aber auch hier sollen Alternativen entwickelt werden, zum Beispiel die direkte Filterung von Kohlenstoff aus der Luft, um die Nachfrage nach Biomasse zu verringern.

Aufgrund des begrenzten Angebots nachhaltiger Biomasse und den Risiken einer unbeschränkten Nachfrage müssen klare Prioritäten und strenge Nachhaltigkeitskriterien zur Nutzung von Biomasse gesetzt werden – und die Entwicklung nicht-biologischer Ressourcen wie Wind- und Sonnenenergie beschleunigt werden.

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