Bisher sind Offshore-Windparks eine Domäne der Europäer. Ende 2018 waren nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) rund 80 Prozent der weltweiten Erzeugungskapazität an europäische Stromnetze angeschlossen.
Doch nach und nach entdecken auch andere Weltregionen das Grundlastpotenzial ihrer Küstengewässer. Zumal fallende Kosten die vergleichsweise verlässliche Offshore-Windkraft zu einer zunehmend konkurrenzfähigen Quelle erneuerbarer Energie machen.
Stand heute ist China das einzige Land mit einer nennenswerten Offshore-Flotte außerhalb Europas. Mit 3,6 Gigawatt verfügte das riesige Reich 2018 allerdings über deutlich weniger installierte Erzeugungsleistung auf See als das Vereinigte Königreich mit 8,2 GW und Deutschland mit 6,5 GW.
Doch China hat große Pläne: Nach IEA-Prognosen wird das Land seine Offshore-Kapazität bis 2040 ver-17-fachen: auf 107 GW. Die EU und Großbritannien würden dann zusammen Turbinen mit insgesamt 127 GW vor ihren Küsten stehen haben, die USA 38 GW.
Chinas Ziele sind so ambitioniert, dass seine Offshore-Flotte schon Mitte dieses Jahrzehnts zur größten der Welt heranwachsen dürfte. Der 13. Fünfjahresplan der Regierung sieht einen Ausbau von 5 GW allein bis Ende 2020 vor. Nach Prognosen der US-Unternehmensberatung FTI Consulting kommen durchschnittlich bis 2025 jedes Jahr 2 GW hinzu, danach 4 GW pro Jahr.
Doch nicht nur die Zentralregierung, auch die Provinzverwaltungen spielen beim Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung eine Schlüsselrolle. Im Januar 2019 machte die Regierung von Jiangsu nördlich von Shanghai den Weg für 6,7 GW Offshore-Kapazität frei. Die 24 Einzelprojekte gehören zum 10-GW-Projekt „Drei Schluchten auf See“, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua schreibt. Und allein vor der Küste der Provinz Guangdong, die Hongkong und Macao umgibt, sollen bis 2030 Offshore-Windparks mit 66 GW installiert werden.
Entsprechend steigen auch chinesischen Unternehmen in die Weltspitze des Sektors auf: die Energieversorger Longyuan Power Group und China Three Gorges Corporation sowie die Turbinenbauer Goldwind, Envision, Ming Yang and SEwind.
Doch auch in China werden Pläne nicht immer eingehalten. Wie das Branchenmagazin „Offshore WIND“ berichtet, fehlt es an geeigneten Schiffe. Andererseits haben manche Offshore-Parks Einspeiseprobleme, weil die Netze langsamer ausgebaut werden als die Kapazität.
Vor der Südostküste Chinas macht auch Taiwan Fortschritte bei der Stromgewinnung auf See. Bisher verfügt das Land über nur einen Offshore-Windpark. Formosa 1 in der Meerenge zwischen Taiwan und China kann gerade einmal 128 MW liefern. Noch dieses Jahr, hofft Taipeh, werden weitere 500 MW ans Netz gehen
Im Oktober 2019 wurde die Finanzierung für Formosa 2 mit 376 MW bewilligt. Zusammen mit dem dritten Abschnitt soll das Formosa-Ensemble 2,5 GW liefern können. Bis 2025 sollen insgesamt 5 GW Offshore-Erzeugungsleistung in Taiwan hinzukommen. Weitere Projekte sollen folgen.
Auch Vietnam will Offshore-Windkraft zum Teil der Energieversorgung machen – und zwar schnell: Dafür bietet es eine erhöhte Einspeisevergütung von 98 USD pro Megawattstunde für Windparks, die bis zum 1. November 2021 gebaut werden. Im Januar 2019 bekam die britische Enterprise Energy den Zuschlag für den Bau eines 3,4-GW-Parks.
Laut einer Studie des Niederländischen Außenministeriums vom Juli 2018 gehören die Bedingungen an der Südostküste des Vietnams zu den besten der Welt – mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten zwischen sieben und acht Metern pro Sekunde in einer Höhe von 50 Metern. Zudem sei der ebene und flache Meeresboden ideal geeignet.
Seichte Küstengewässer ist genau das, was Japan fehlt. Dennoch gehen die Autoren einer Studie des Mitsui Global Strategic Studies Institute davon aus, dass die fast 30.000 Kilometer lange Küste ein Offshore-Potenzial von 93 GW hat.
Die Regierung hat elf Gebiete ausgemacht, in denen Windparks gebaut werden könnten. Das Interesse an erneuerbarer Energie wurde in Japan unter anderem unter dem Eindruck des Reaktorunfalls in Fukushima geweckt, beziehungsweise wiederbelebt: Das Land verfügt seit 2010 über einzelne Windturbinen auf See. Doch dabei blieb es lange, bisher gibt es in Japan keinen einzigen größeren Offshore-Windpark.
Auch in Süd-Korea interessiert man sich mittlerweile stärker für erneuerbare Energiequellen. Der Neubau von Kohle- und Kernkraftwerken wurde gedrosselt. Bis 2030 sollen laut offiziellen Ausbauzielen 20 Prozent des Stroms nachhaltig gewonnen werden, 12 GW davon sollen aus Offshore-Windkraft kommen. 2040 sollen es 20 GW sein, die helfen sollen den Strommix zu 30 bis 35 Prozent erneuerbar zu machen.