Australiens erneuerbare Ressourcen sind immens: Kräftige Winde an den Küsten und die stärkste Sonneneinstrahlung aller Kontinente können mehr Energie liefern, als die Menschen des Landes benötigen. Um sie zu nutzen und sinnvoll ins Energiesystem zu integrieren, muss sie nicht nur in Strom umgewandelt, sondern auch gespeichert werden.
Derzeit schießen deshalb riesige Batteriespeicher wie Pilze aus dem Boden. Dabei ist die gute, alte Pumpspeichertechnik weiterhin eine der besten Möglichkeiten, Energie in großen Mengen zu speichern: Bei einem Überangebot an Strom wird Wasser aus einem Reservoir in ein weiteres, höher gelegenes gepumpt. Bei Bedarf wird es wieder herabgelassen, um Turbinen anzutreiben und Strom ins Netz einzuspeisen.
In Australien kommen allerdings relativ wenige Standorte für Pumpspeicherkraftwerke in Frage und die meisten von ihnen werden bereits genutzt. Sie liegen vor allem in den Snowy Mountains in Südostaustralien und auf der Insel Tasmanien. Im Rest des Landes müssen die Entwickler kreativ sein.
Nun hat die Australische Energie Agentur ARENA (auf Englisch) Finanzhilfen für ein innovatives Projekt angekündigt, das eine ausgebeutete Goldmine in ein Pumpspeicherkraftwerk umbauen soll. Mit Solar- und Windkraftpark verknüpft, soll es die Versorgungssicherheit im nordöstlichen Bundesstaat Queensland langfristig sichern.
Wenn das Projekt tatsächlich umgesetzt wird, wäre „Kidston Pumped Hydro Energy Storage“ seit 1984 das erste Pumpspeicherkraftwerk, das in Australien gebaut wird. Und das erste überhaupt, das ausschließlich als Energiespeicher – und nicht auch als Wasserreservoir – dienen soll.
Entwickeln will das Projekt Genex Power. Das Unternehmen hat bereits eine Solarfarm mit 50 Megawatt (MW) auf einem Teil des Geländes der ehemaligen Goldmine Kidston installiert und über eine bestehende Anschlussleitung mit 132 Kilovolt (kV) mit dem Stromnetz verbunden.
Das Pumpspeicherkraftwerk soll in den beiden Hauptgruben des Tagebaus entstehen: Die untere „Eldridge“-Grube ist 54 Hektar groß, die obere „Wises“-Grube 52 Hektar. Beide sind bereits mit Wasser gefüllt und sollen als Reservoire dienen. Je nach Füllstand beträgt die Fallhöhe des Wassers zwischen 218 und 181 Metern. Eine betonierte Druckrohrleitung soll das Wasser mit den beiden unterirdisch gelegenen Turbinen verbinden. Geplant sind zwei Aggregate mit 125 MW Leistung, die sowohl Strom produzieren, als auch das Wasser mithilfe von überschüssigem Strom zurückpumpen können.
Zum Laden des Speichers wird Wasser in das obere Becken gepumpt. Dazu soll das Kraftwerk überschüssigem Strom aus dem Netz nutzen, der am Nationalen Elektrizitätsmarkt (NEM) gehandelt wird. Bei Bedarf kann das Kraftwerk binnen 30 Sekunden hochfahren und Strom seinerseits produzieren.
Um Umwelteinflüsse in der Umgebung zu minimieren, soll das Pumpspeicherkraftwerk als geschlossener Kreislauf arbeiten. Das heißt: Es wird kein Wasser abgelassen. Sollten die natürlichen Wasserverluste, zum Beispiel durch Verdunstung, den natürlichen Zufluss durch Niederschläge überwiegen, kann Wasser aus der nahegelegenen Copperfield Talsperre zugeleitet werden, die ursprünglich dazu angelegt wurde, die Goldmine mit Wasser zu versorgen.
Nach Plänen von Genex Power soll auf dem an die Reservoire angrenzenden Gelände ein regelrechter „Clean Energy Hub“ entstehen, Knotenpunkt zur erneuerbaren Stromversorgung. Neben dem Pumpspeicherkraftwerk und dem existierenden Solarpark sollen dort weitere Photovoltaikanlagen mit einer Maximalleistung von 270 MW installiert werden. Außerdem erwägt Genex, dort einen Windpark mit 150 MW zu bauen.
Mit seiner projektierten Kapazität von 2.000 Megawattsunden könnte das Pumpspeicherkraftwerk acht Stunden lang die volle Leistung von 250 MW liefern. Die geplante Stromleitung mit einer Übertragungskapazität von 275 kV würde auch den Netz- und Speicheranschluss weiterer Erneuerbare-Energie-Projekte in der Region erleichtern.
Die für den Trassenbau nötigen Einigungen wurden im März 2021 erzielt, und Powerlink, dem ausführenden Unternehmen, liegen die Lizenzen vor, die es brauchte, um loszulegen.
Inklusive Netzanschluss und Stromtrassen rechnen die Projektentwickler mit Kosten von 777 Millionen Australischen Dollar (495 Millionen Euro). ARENA hat angekündigt, das Projekt mit 47 Millionen Australischen Dollar (rund 30 Millionen Euro) zu fördern. Die übrige Summe dürfte vom staatlichen Nordaustralischen Infrastrukturfonds (NAIF) finanziert werden. Wenn alles planmäßig abläuft, soll das „Kidston Clean Energy Hub“ 2024 fertig sein und ans Netz gehen.