Batterie-Zug von Bombardier auf nicht elektrifizierter Strecke
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Wasserstoff oder Batterie: So wird Bahnfahren grüner
Viele Bahnstrecken können nur von Dieselloks bedient werden. Neue Antriebssysteme sollen Abhilfe schaffen

Bahnfahren gilt als umweltschonend, als „grüne“ Art der Fortbewegung. „Bahnfahren ist gelebter Klimaschutz“, erklärt Bahnchef Richard Lutz. Seit dem 1. Januar 2018 sind die Fernzüge der Bahn mit zertifiziertem Ökostrom unterwegs, bis 2050 sollen es auch die Güter- und Nahverkehrszüge sein. Allerdings wird nicht jeder Zug elektrisch betrieben, und nicht jeder Bahnkilometer hat eine Oberleitung: Bis heute sind 40 Prozent des deutschen Schienennetzes nicht elektrifiziert. Darunter sind kurze Abschnitte von wenigen Kilometern sowie Abschnitte von 100 Kilometern und mehr. Rund 1.300 Dieselzüge werden deutschlandweit eingesetzt.

Laut der letzten verkehrsstatistischen Erhebung aus dem Jahr 2015 sind von 38.466 Eisenbahnkilometern gerade einmal 20.726 elektrifiziert. Der Verband Allianz Pro Schiene hat errechnet, dass in Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Thüringen weniger als ein Drittel des Schienennetzes mit einer Oberleitung ausgestattet ist. Gesamt-Deutschland liegt zwar knapp über dem EU-Schnitt von 54 Prozent Elektrifizierungsquote, bleibt aber weit hinter Ländern wie Schweden, den Niederlanden, Belgien oder der Schweiz mit je 75 bis 100 Prozent zurück.

Bahnstrecken mit Oberleitungen in Europa 2016

Anteil in Prozent, ausgewählte europäische Länder (Quelle: Allianz pro Schiene 2018)

Alle fünf Jahre werden die Daten zu Streckenlängen und Elektrifizierungsgrad der Schieneninfrastruktur erhoben. Bis 2025, so will es die Bundesregierung, soll sich die Quote in Deutschland auf 70 Prozent gesteigert haben. Doch was geschieht auf den übrigen Strecken? Und wie bekommt man das Problem in den Griff, dass auch unter Oberleitungen teilweise dieselbetriebene Züge fahren, weil ein Lokwechsel unmöglich oder schlicht zu aufwändig ist?

Weltweit erster Wasserstoff-Zug im Linienbetrieb

Alternative Antriebsmöglichkeiten sind gefragt. Gleich mehrere Unternehmen tüfteln deshalb an Lösungen für Züge, die nicht permanent auf Oberleitungen angewiesen sind. Bereits seit September 2018 fährt auf der Strecke zwischen Cuxhaven und Buxtehude, in Niedersachsen und Bremen, der weltweit erste Wasserstoff-Zug im regulären Linienbetrieb. Das Modell Coradia iLint stammt vom französischen Hersteller Alstom und basiert auf einem Dieselmodell, das seit über 20 Jahren eingesetzt wird.

Der neue, leuchtend blaue Regionalzug kann bis auf 140 Stundenkilometer beschleunigen, bietet insgesamt 300 Fahrgästen Platz und hat eine Reichweite von 1000 Kilometern, was einem Betriebstag entspricht. Er ist deutlich leiser als ein dieselbetriebener Zug und emittiert lediglich Wasserdampf. Als CO2-neutral gilt sein Betrieb allerdings nur, wenn der benötigte Wasserstoff mithilfe Erneuerbarer Energien erzeugt worden ist. Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann sieht im Wasserstoffzug „eine klimafreundliche Alternative zu konventionellen Dieselzügen, gerade auf nichtelektrifizierten Strecken“.

Betankt wird der Zug derzeit über eine mobile Tankstelle, die in einem Bahnhof neben den Gleisen steht und Wasserstoff in einen Tank auf dem Zugdach pumpt. Bis zum Jahr 2021 will die Landesverkehrsanstalt Niedersachsen (LNVG) eine festinstallierte Wasserstoff-Tankstelle in Betrieb nehmen – um die 14 weiteren, bereits georderten Wasserstoffzüge betanken zu können. Auch NRW, Baden-Württemberg und der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Frankfurt haben Interesse an dem neuen Zugmodell bekundet, ebenso mehrere EU-Staaten, Norwegen und Kanada.

Siemens Mobility und Bombadier entwickeln jeweils Batteriezüge

Siemens Mobility will gemeinsam mit der österreichischen Bundesbahn (ÖBB) in der zweiten Jahreshälfte 2019 einen Zug mit elektrohybriden Batterieantrieb testen, der 50 Prozent weniger CO2-Emissionen verursachen soll als ein Dieselantrieb. Auf elektrifizierten Strecken soll der Zug namens Desiro ML Cityjet eco über seinen Stromabnehmer mit Energie versorgt werden, die er zudem in den 14 Tonnen schweren mitgeführten Batterien speichert, um sie auf Strecken ohne Oberleitung zu nutzen. Mit der Energie aus den Akkus kommt er bis zu 80 Kilometer weit. In Nieder- und Oberösterreich soll er getestet werden.

Den gleichen Ansatz verfolgt Bombardier Transportation mit dem Antriebswagen vom Typ Talent 3, der zur Überbrückung von Strecken ohne Oberleitungen genutzt werden soll. Als „Riesenschritt“ auf dem Weg zur weiteren Elektrifizierung des Bahnverkehrs und „Innovation pur“ bezeichnete Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, den Batteriezug bei der Jungfernfahrt im vergangenen September.

Wie das Modell von Siemens Mobility lädt er seine Batterien während der Fahrt über die Oberleitung auf und kann die gespeicherte Energie auf Teilstücken ohne Strom nutzen. Etwa die Hälfte dieser Strecken ist kürzer als 70 Kilometer – noch schafft der Zug per Batterieantrieb nur 40 Kilometer, künftig aber sollen es 100 sein. Im Fahrgastbetrieb soll der Talent 3 noch in diesem Jahr in der Region Alb-Bodensee in Baden-Württemberg getestet werden.

Deutsche Bahn rüstet Dieselzüge um

Während andere neue E-Züge entwickeln, setzt die Deutsche Bahn vor allem auf die Umrüstung vorhandener Dieseltriebfahrzeuge. Denn viele Dieselzüge seien noch vergleichsweise neu, heißt es zur Erklärung. „Bestandsfahrzeuge sollten nicht vor ihrer üblichen Lebensdauer von mindestens 30 Jahren verschrottet werden.“ Die Idee: eine Art Baukastenprinzip für „moderne, flexible Hybridfahrzeuge“. So erprobt Tochtergesellschaft DB RegioNetz alternative Antriebssysteme für ihre Dieselzüge. Bislang gibt es drei unterschiedliche Modelle des sogenannten EcoTrains.

Der EcoTrain HybridMode mit einem Dieselmotor und einer Batterie bildet das Grundmodell. Der Energiespeicher ermöglicht eine rein elektrische Fahrt auf Strecken von bis zu 40 Kilometern. Derzeit werden EcoTrain HybridMode in Sachsen umgebaut. „Die erforderliche Entwicklung des Hybridfahrzeugs inklusive neuartigem Hybridantriebsmodul, -energiemodul, modifizierten Drehgestellen sowie einer stationären Nachlademöglichkeit mit 1.000 Volt ist weitestgehend abgeschlossen“, erklärt Bahn-Sprecher Hartmut Sommer. Im Laufe des Jahres könne die Abnahme durch das Eisenbahnbundesamt erfolgen.

DB Regio rüstet Dieselfahrzeuge mit alternativen Antrieben aus

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Das zweite neue Modell, der EcoTrain DualMode, ist ergänzend mit einem Stromabnehmer zur Fahrt und Nachladung unter Fahrdraht ausgestattet. Die dritte Variante, der EcoTrain eMode, komme ganz ohne Dieselmotor aus, so Sommer: „Er besitzt die doppelte Batteriekapazität und kann somit nicht-elektrifizierte Streckenabschnitte von bis zu 80 Kilometern Länge im Batteriebetrieb bedienen.“

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