Die Niederlande streben den Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft an. Die Ziele sind ambitioniert: Bereits bis zum Jahr 2030 soll sich der CO2-Ausstoß um die Hälfte reduzieren. Ein Weg, dies zu erreichen, ist es, fossile Rohstoffe wie Öl zu substituieren. Die Niederlande sind somit auf dem Weg zur Biobased Economy – zu Deutsch: zur Bioökonomie. Sofern Primärrohstoffe eingesetzt werden müssen, sollen diese regenerativ sein. Biomasse kann dabei anstelle von fossilen Rohstoffen wertvolle chemische Bausteine für synthetisch hergestellte Produkte liefern.
Bei Biomasse steht zunächst Holz im Fokus. Nachhaltige, zertifizierte Restprodukte aus der Holzindustrie können beispielsweise aus dem Baltikum stammen. Doch auch Skandinavien, die USA und Kanada sind wertvolle Lieferanten für Biomasse. Wichtig ist dabei die Rückverfolgbarkeit. Denn nur so lässt sich gewährleisten, dass die Biomasse auch nachhaltig gewonnen wurde und am Ende ihrer Wertschöpfungskette steht.
Biomasse ist allerdings weit mehr als Holz. In der Landwirtschaft fallen ebenfalls große Mengen Biomasse an, die nicht als Dünger dienen können und im Zuge ihrer Zersetzung das gespeicherte CO2 ohnehin wieder freisetzen.
Biomasse wie diese soll zunächst als Rohstoff für ganz andere Produkte genutzt werden. Die niederländische Biotech Firma Avantium etwa gewinnt aus Holzchips mit ihrem „Dawn“-Verfahren Zuckerverbindungen, die bei der Herstellung hochwertiger Kunststoffe chemische Bausteine aus Erdöl ersetzen können. Im Juli 2018 wurde dafür mit Unterstützung von RWE und anderen Partnern in Delfzijl eine Pilotanlage in Betrieb genommen, in der das bisher experimentelle Verfahren groß angelegt und optimiert wird. Die nicht weiter verwendbaren Reststoffe aus solchen Raffinerien sollen künftig anstelle von Kohle zur Stromgewinnung genutzt werden.
Denn anstatt moderne Kraftwerke einfach vom Netz zu nehmen, wäre es weitaus sinnvoller, die technischen Vorzüge der Anlagen für die Verwendung eines anderen Brennstoffs zu nutzen, erklärt Taco Douma, Leiter der Sparte Steinkohle-, Gas- und Biomassekraftwerke bei RWE: „Weltweit gibt es riesige Mengen an Biomasse-Strömen. Die Biomasse reicht aus, um die Klimaziele zu erreichen.“ Darüber hinaus kann sie in den Kraftwerken Kohle substituieren. Beispiele aus Dänemark und England zeigen, dass es möglich ist Kraftwerke zu 100 Prozent mit Biomasse zu betreiben. Mit ihrem Kraftwerk in Amer will RWE bereits im kommenden Jahr die 80-Prozent-Marke erreichen. Auch im Kohlekraftwerk in Eemshaven will RWE ab 2019 zu 15 Prozent auf diesen Brennstoff zurückgreifen.
Der große Vorteil der Biomasse gegenüber anderen regenerativen Energiequellen ist ihre Regelbarkeit, wenn sie in Kraftwerken verwendet wird. Neben Geothermie und Laufwasser ist sie die einzige nachhaltige Ressource, die als versorgungssicher gilt. Damit kann sie als CO2-neutrale Absicherung für die wetterabhängigen Energiequellen Wind und Sonne dienen.
2016 wurden in den Niederlanden noch 94 Prozent der Energie aus konventionellen Energieträgern gewonnen. Biomasse und Güllevergärung lagen bei vier, Wind und Sonne gerade einmal bei zwei Prozent. Taco Douma: „Um die Energieversorgung wirklich nachhaltig zu gestalten, müssen wir eine Kombination von Energiequellen nutzen: Mehr Wind, mehr Sonne, mehr Biomasse.“