Wie geht es weiter mit der Braunkohle? Dr. Frank Weigand, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG, bezieht im en:former-Interview Stellung zu dieser und anderen Fragen.
en:former: Herr Dr. Weigand, Sie stehen seit Anfang 2018 an der Spitze von RWE Power. Welche Ziele haben Sie für das Unternehmen?
Wichtig ist mir, das Thema Versorgungssicherheit stärker in der energiepolitischen Debatte zu verankern. Die Braunkohle spielt dabei eine wichtige Rolle – auch wenn es aktuell viel Gegenwind gibt. Außerdem wollen wir uns weiter entwickeln. Mit zum Teil sehr spannenden Innovationen. Wir forschen zum Beispiel an zahlreichen Projekten, um den Rohstoff CO2, den wir aus dem Rauchgas abtrennen, nutzbar zu machen – etwa als Ersatztreibstoff für Diesel.
Wie zukunftsfähig ist denn der Energieträger Braunkohle noch?
Wir sollten nicht den Fehler machen, Braunkohle zu schnell abzuschreiben. Sie wird als Brückentechnologie noch Jahrzehnte gebraucht, damit wir in Sachen Stromversorgung sicher aufgestellt sind. Ein Beispiel: Wir hatten im Winter etliche Tage, an denen die Erneuerbaren circa 20 Gigawattstunden (GWh) Strom geliefert haben, in Deutschland wurden aber mehr als 70 GWh gebraucht. Diese Lücke muss ja gefüllt werden. Gegenwärtig sind es die konventionellen Kraftwerke, die gesicherte Leistung zur Verfügung stellen können – auch weil großtechnische Speicher noch nicht verfügbar sind. Am wichtigsten dabei ist die Braunkohle, da sie am günstigsten sowohl Grundlaststrom liefern kann als auch flexibel hoch- und runtergefahren werden kann.
Aber die Rolle von RWE ändert sich?
Ja, wir werden zum Anbieter gesicherter Leistung und sind der stabile und verlässliche Partner der erneuerbaren Energien. Und Nordrhein-Westfalen ist der Top-Standort für gesicherte Leistung.
Das entlässt Sie aber nicht aus der öffentlichen Diskussion rund um die Klimaziele.
Der Kohleausstieg hat ja längst begonnen. Und diesen Prozess gestalten wir aktiv mit. Denn die Braunkohle trägt signifikant zum Klimaschutz bei. Wir haben einen klaren Fahrplan, um die Emissionen zu mindern. Wir werden unsere CO2-Emissionen bis 2030 um 40 bis 50 Prozent reduzieren. Nennen Sie mir einen anderen Bereich, ob Bau- oder Verkehrssektor oder einen anderen, der so viel CO2 reduziert wie wir!
Sie sagten, die Rolle von RWE ändert sich. Was bedeutet das für die Region?
Klimaschutz, Versorgungssicherheit, bezahlbarer Strom: Dieses Dreieck müssen wir nach wie vor gemeinsam betrachten. Das ist etwa für die energieintensive Industrie wichtig, an der Tausende Jobs hängen. Aber auch für die Menschen, die in Tagebauen und Kraftwerken arbeiten. Und nicht zuletzt für die Zulieferbetriebe und die vielen Unternehmen vor Ort. Überstürztes Handeln würde vielen schaden, aber vor allem dem Klima nichts nützen. Die Regionen müssen die Chance erhalten, ihren Strukturwandel mit Zeit vernünftig einzuleiten und sie dürfen dabei nicht allein gelassen werden. Wir wollen den Wandel im Sinne der Region und unserer Nachbarn unterstützen.