Die Zeichen der Zeit stehen beim Thema Mobilität auf Veränderung. Politiker, Forscher, Visionäre und Traditionalisten – sie alle diskutieren mögliche Zukunftsmodelle. Vieles scheint denkbar. Denn gerade im Verkehrssektor sind die Treibhausgasemissionen seit 1990 nicht wesentlich gesunken. Das liegt auch am wachsenden Verkehr, denn die Fahrzeuge selbst werden immer effizienter. Aber wohin geht die Reise? Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Mineralölindustrie. Die Branche stellte kürzlich ihr Konzept unter dem Titel „Clean fuels for All“ vor, das das Handelsblatt in einem Beitrag aufgegriffen hat. Was sich hinter dem Ansatz verbirgt, erklärt Marc Schulte, Pressesprecher von bp in Deutschland, in diesem Gastbeitrag.
Mobilität ist den Menschen wichtig. Experten gehen daher davon aus, dass die Mobilität künftig weiter zunehmen wird. Laut einer Studie des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) werden die Deutschen 2040 mit Pkw und Nutzfahrzeugen 900 Milliarden Kilometer jährlich zurücklegen – rund ein Viertel mehr als noch in 2010. Die Elektromobilität steht im Mittelpunkt der öffentlichen Debatten, aber zunehmend wird klar, dass der Verbrennungsmotor auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. Konkret bedeutet das: Selbst, wenn es in Deutschland bis 2030 zwölf Millionen Elektrofahrzeuge geben würde, führen immer noch mindestens 30 Millionen herkömmliche Pkw mit einem Benzin- oder Dieselmotor, darunter auch Hybrid-Fahrzeuge, auf unseren Straßen.
Umso wichtiger ist es deshalb, neuen Entwicklungen gegenüber offen zu sein und die beste Lösung zu suchen. Genau darauf baut das Konzept der europäischen Mineralölwirtschaft auf: Da flüssige Kraftstoffe auch im nächsten Jahrzehnt unentbehrlich sein werden, ist es notwendig, diese CO2-ärmer zu gestalten. Dafür kommen neben klimaeffizienten Biokraftstoffen vor allem ökostrombasierte synthetische Kraftstoffe in Betracht, die schrittweise zunehmend fossile Energieträger ersetzen können. Bereits 2035 könnten durch einen vermehrten Einsatz so die CO2-Emissionen in Europa um 100 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden.
Wichtige Aspekte sind dabei die Power-to-X-Technologie und grüner Wasserstoff. Beides könnte zur Schlüsseltechnologie der künftigen Energieversorgung werden: Gewonnen aus Elektrolyse-Anlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, kann CO2-armer grüner Wasserstoff im Raffinerieprozess zur Herstellung von Benzin und Diesel oder auch zur Produktion synthetischer Kraftstoffe genutzt werden. Kritiker bemängeln, dass zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen in Deutschland noch weit mehr an grüner Elektrizitätserzeugung nötig sei als ohnehin schon geplant. Doch dieses Argument gegen die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen im heimischen Pkw-Verkehr greift mit Blick auf den internationalen Ansatz ins Leere. Denn der Weltmarkt mit seinen sonnenreichen Regionen bietet viele Möglichkeiten zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe, gerade für den Pkw-Verkehr. Aus diesem Grund setzt auch die deutsche Bundesregierung mit ihrer nationalen Wasserstoffstrategie zunehmend auf „das klimafreundliche Erdöl von morgen“.
Es stimmt also: Erneuerbare Energien werden im 21. Jahrhundert die Rolle einnehmen, die Kohle und Öl im 19. und 20. Jahrhundert gespielt haben. Allerdings werden Deutschland und die Europäische Union ihre Klimaziele in der Mobilität nur mit einem Mix verschiedener Antriebstechnologien erreichen können.
Bildnachweis: MWV Fuels Europe