Gleich im Vorwort des neuen BP Energy Outlook macht Spencer Dale, Chefökonom des internationalen Energieunternehmens, eine wichtige Einschränkung: Die beschriebenen Zukunftsszenarien wurden größtenteils vor Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine entwickelt. Sie berücksichtigen daher nicht die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die globalen Energiemärkte. Die Energieexperten von BP wollen die Szenarien aktualisieren, sobald die wirtschaftlichen Folgen sichtbar werden.
Die aktuelle Ausgabe des Berichts ist somit eine vorläufige. Dennoch bietet der BP Energy Outlook eine Orientierung, wie das globale Energiesystem in den kommenden 30 Jahren aussehen könnte. Wie in früheren Versionen haben die Analysten des Unternehmens mehrere Szenarien zu der Zukunft der Energieversorgung entwickelt. Dieses Mal heißen die drei Hauptszenarien „Beschleunigung“, „Netto-Null“ und „Neue Dynamik“.
Mithilfe dieser Szenarien beschreiben sie, wie sich die Nachfrage nach Primärenergie und nach den verschiedenen Energiequellen entwickeln könnte. Und sie rechnen auch aus, was das für die Treibhausgasemissionen bedeuten würde. Die Szenarien „Beschleunigung“ und „Netto-Null“ sind an den Zielen der Pariser Klimakonferenz orientiert, mit der die globale Erwärmung bei zwei beziehungsweise 1,5 Grad begrenzt werden soll.
Die Experten von BP beschreiben dabei drei grundlegende Trends: Der Anteil der fossilen Energieträger am Endenergieverbrauch würde bis 2050 kontinuierlich sinken, während der von Erneuerbaren deutlich zunehme. Außerdem steige der Grad der Elektrisierung – erst langsam und dann immer stärker. Je nach Szenario sind diese Trends unterschiedlich stark ausgeprägt.
Ein Beispiel macht das deutlich: Im „Netto-Null“-Szenario steige die weltweit installierte Leistung von Wind und Solar bis 2030 auf mehr als 6.500 Gigawatt (GW) und würde sich im Vergleich zu 2019 verfünffachen. Dagegen läge sie im „Neue Dynamik“-Szenario bei rund 3.300 GW. Die Kapazitäten müssten also „nur“ verdreifacht werden.
Interessant ist die Sicht der Experten von BP, selbst einer der größten Ölförderer der Welt, zu der Nachfrage nach Rohöl. Bereits 2025 würde der globale Bedarf in zwei der drei Szenarien seinen Höhepunkt erreichen und dann stark zurückgehen. Und selbst im in dem vorsichtigsten Szenario „Neue Dynamik“ stagniere die Nachfrage bis 2030, um dann zu sinken.
Die aktuelle Ausgabe gibt es – wie üblich – als pdf zum Download (in Englisch). Wesentlich einfacher und intuitiver ist die Online-Version des Berichts (in Englisch). Sehr übersichtlich zeigt er mithilfe von vielen Grafiken, wie sich die Nachfrage nach Energie wandeln und ändern wird. Zum Beispiel geht er auf die Energieträger Öl, Erdgas, erneuerbare Energien oder Wasserstoff näher ein.