Er gilt als wirtschaftlichstes Instrument zur Reduktion der Treibhausgasemissionen: der Handel mit Emissionsrechten. Und eigentlich gibt es auch keines, das treffsicherer wäre als ein Emissionshandelssystem (ETS – von englisch emissions trading system).
Die Europäische Union war 2005 die erste politische Einheit, die ein solches System (EU ETS) eingeführt hat – zunächst für die Sektoren Energie und energieintensive Industrie, ab 2012 auch für den Luftverkehr innerhalb der EU. Seither hat das Beispiel Schule gemacht. Inzwischen, so berichtet der International Carbon Action Partnership (ICAP) in seinem Status Report 2019, existieren 20 Emissionshandelssysteme rund um den Globus.
Gemeinsam ist allen die Grundidee: Auf einem definierten Markt dürfen alle Akteure zusammen in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Menge CO2 ausstoßen. Wer wie viel ausstoßen darf, regeln Angebot und Nachfrage: Jeder Teilnehmer muss für die Emissionen, die er verantwortet, eine entsprechende Menge Zertifikate einlösen. Diese Emissionsrechte erhält er entweder durch Zuteilung oder durch Kauf.
Dabei ist es unerlässlich, dass die Zertifikate handelbar sein müssen: Wer also viel Treibhausgase ausstoßen will, braucht viele Zertifikate und muss diese erwerben. Wer eine preiswerte Möglichkeit hat, Emissionen zu vermeiden, kann Geld sparen oder mit zugeteilten Zertifikaten sogar Geld verdienen, indem er sie – im Direkthandel oder über eine Energiebörse – verkauft.
Kritiker behaupten, dass das EU ETS versagt habe, weil der niedrige CO2-Preis eben keine ausreichenden Klimaschutz-Investitionen ausgelöst habe. Tatsächlich aber sind die darin erfassten Sektoren die einzigen, die ihre Emissionen in den letzten Jahren signifikant gesenkt haben. Die ICAP-Autoren stellen fest: „Auch wenn starke CO2-Preise ein wichtiger Antrieb für Investitionen in niedrigere Emissionen sind, ist die Schlüsseldeterminante des Reduktionseffekts eines ETS der Verlauf der Deckelung.“
Wie flexibel das ETS-Prinzip funktioniert, zeigt die große Bandbreite der existierenden Versionen: In Japan haben die benachbarten Präfekturen Tokio (2010) und Saitama (2011) die Eigentümer kommerziell und industriell genutzter Gebäude verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren. Kasachstan dagegen deckelt seit 2013 den Kohlendioxidausstoß der Sektoren Industrie, Energie und Bergbausektor. Damit erfasst Kasachstans ETS laut ICAP die Hälfte seiner CO2-Emissionen.
Das am weitesten ausgebaute ETS hat wohl Neuseeland. Hier müssen neben Energiesektor und Industrie auch die Akteure im Transportsektor samt Flugverkehr sowie der Gebäude-, Abfall- und Waldwirtschaft Emissionsrechte erwerben. Die Landwirtschaft unterliegt zwar nicht dem ETS, immerhin muss sie ihre Emissionen bereits dokumentieren.
Während sich die EU schwertut, ihr ETS auf weitere Sektoren wie Verkehr und Gebäude auszuweiten, verteilt Neuseeland die Verantwortung für das Erreichen der Klimaziele bereits seit 2013 auf mehr Bereiche des täglichen Lebens als jedes andere ETS.
Bisher unterliegen laut ICAP-Report acht Prozent aller weltweiten Emissionen einem ETS. Aber es tut sich etwas, heißt es in der Studienpräsentation: „Mit den Überlegungen, wie die Pariser Klimaziele zu erreichen sind, ist das Interesse von Staaten in den letzten Jahren gestiegen, Emissionen mittels ETS einen Preis zu geben.“
Das Ökologie- und Umweltministerium in Peking habe gerade erst die Pläne bestätigt, einen nationalen CO2-Markt etabliert. Bereits 2013 hatte China lokale ETS in sieben großen Städten sowie der Region Fujian eingerichtet und sukzessive ausgebaut. So haben Peking und Shanghai nach und nach weitere Sektoren eingeschlossen sowie die Erfassungsschwelle abgesenkt, um fortan mehr Betriebe zur Teilnahme zu verpflichten. Mit einem nationalen ETS in China, rechnet ICAP, würden 14 Prozent der globalen Treibhausemissionen bepreist werden.
Dass die Integration mehrerer ETS weitgehend reibungslos gelingen kann, haben der US-Bundesstaat Kalifornien und die kanadische Provinz Québec gezeigt. Beide hatten sich zuvor der Western Climate Initiative, einem Non-Profit-Unternehmen, angeschlossen und jeder für sich zum Januar 2013 ein ETS eingerichtet. Seit 2014 deckeln und handeln Kalifornien und Québec die Emissionsrechte gemeinsam.
Die Liste der Staaten und Regionen, die sich mit dem Thema ETS auseinandersetzen, ist lang.