Die Ostsee rückt als Standort für Offshore-Windenergie mehr und mehr in den Fokus. Derzeit sind dort etwa 2,8 Gigawatt (GW) Windkapazität installiert, das meiste davon auf dänischem und deutschem Gebiet. Im Vergleich zur Nordsee, wo in Deutschland allein 6,7 GW installiert sind, mag diese Zahl recht gering erscheinen, doch verfolgen die Anrainerstaaten große Pläne in dem Binnenmeer. Auf einem Gipfeltreffen im August 2022 einigten sich die Regierungen mehrerer Länder, unter ihnen Dänemark und Deutschland sowie Schweden, Polen, Litauen, Estland, Lettland und Finnland, auf einen massiven Ausbau der Windkraft auf dem Meer.
Bis 2030 planen sie mehr als 19 GW Offshore-Windkapazität in der Ostsee zu installieren. Das ist ungefähr sieben Mal mehr als die aktuelle Leistung. Mit dem Meilenstein wollen die Partner dauerhaft unabhängig von russischem Gas werden.
Bereits vor dem Gipfel einigten sich Dänemark und Deutschland auf eine Kooperation: Gemeinsam wollen sie das Projekt Bornholm Energy Island in der nördlichen Ostsee vorantreiben. Rund um die bislang hauptsächlich als Urlaubsziel bekannte dänische Insel Bornholm sollen Offshore-Windräder mit einer Kapazität von bis zu drei GW errichtet werden. Der Strom soll über Unterseekabel auch nach Deutschland geliefert werden.
Dänemark verfolgt schon seit längerer Zeit Pläne, an der Insel Bornholm ein Energie-Zentrum zu errichten. Ursprünglich war eine komplette künstliche Insel für das Projekt geplant. Jetzt aber soll ein Großteil der Anlagen direkt auf Bornholm und in den umliegenden Gewässern installiert werden.
Das Projekt startete bereits im Sommer 2020 nach einer Entscheidung des dänischen Parlaments und dem dänisch-deutschen Abkommen zur Zusammenarbeit bei Offshore-Projekten in der Nord- und Ostsee. Darauf folgte eine Machbarkeitsstudie der benachbarten Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und Energinet.
Nun unterzeichneten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der dänische Energieminister Dan Jørgensen eine Vereinbarung zur Entwicklung der Energieinsel, die die Zusammenarbeit der beiden Länder stärkt und das Projekt weiter vorantreibt.
Bis 2030 sollen auf und rund um die Insel Windenergieanlagen mit einer Leistung von bis zu drei GW errichtet werden. Sie machen damit mehr als die heute in Dänemark angeschlossenen Offshore-Windkapazität (2,3 GW) aus. Ein 470 Kilometer langes Seekabel soll die Stromnetze der Insel mit Deutschland verbinden. So kann auf Bornholm produzierter Strom direkt ins deutsche Netz fließen. Damit könnte das Projekt etwa 4,5 Millionen dänische und deutsche Haushalte mit grünem Strom versorgen.
Die Investitionen und die künftigen Gewinne für das Projekt wollen sich beide Ländern in Zukunft teilen. Insgesamt sind Investitionen in Höhe von neun Milliarden Euro für die Energieinsel vorgesehen. Davon werden drei Milliarden für die Etablierung der entsprechenden Infrastruktur und weitere sechs Milliarden für den Bau von Offshore-Windfarmen benötigt, so die dänische Regierung.
50Hertz und Energinet, die den Energieknotenpunkt und die Verbindung zum Festland bauen, werden sowohl die Kosten als auch die Gewinne des Projektes teilen. Laut Dan Jørgensen sei es das erste Mal, dass sich Dänemark und Deutschland bei einem Projekt dieser Art Kosten und Nutzen teilen.
Auch in Wissenschaft und Forschung soll die Entwicklung der Energieinsel vorangetrieben werden. Verschiedene Partner haben sich dazu zu einer Stiftung zusammengeschlossen. So soll Bornholm auch zu einem internationalen Innovationszentrum für grüne Technologien und Energieinseln werden.
Weitere Länder sollen zum Projekt dazustoßen können. Sobald die Energieinsel und die Windfarmen am Netz sind, wollen beide Partner den anderen Ostseestaaten die Möglichkeit geben, beizutreten. Wenn beide Seiten der deutsch-dänischen Partnerschaft ihre Zustimmung geben, kann das Projekt um weitere Mitglieder ergänzt werden.