Zwischen dem 23. und dem 26. Mai wählen die EU-Bürger ein neues Parlament . Die gewählten Abgeordneten haben eine zentrale Rolle bei der Ernennung der neuen EU-Kommission. Während der ablaufenden Legislaturperiode mit Jean-Claude Juncker als Präsident, hat die EU-Kommission „Energieunion und Klimaschutz“ zur Priorität erhoben. Auch im aktuellen Wahlkampf spielt das Thema eine wichtige Rolle. Wir haben vier Fragen zur Energie- und Klimaunion beantwortet.
„Energieunion und Klimaschutz“ ist eine von zehn Prioritäten, die sich die EU-Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker gesetzt hat. Mit der Umsetzung dieser Prioritäten sind jeweils einer der sechs Vizepräsidenten der Kommission sowie weitere EU-Kommissare verschiedener Ressorts betraut.
Die Energie- und Klimaunion, wie dieser Politikbereich auch oft genannt wird, leitet Kommissions-Vizepräsident Maroš Šefčovič. Dem Team gehören 13 weitere EU-Kommissare an, darunter der Energie- und Klimakommissar Miguel Arias Cañete, Umweltkommissar Karmenu Vella und Violeta Bulc, Kommissarin für Mobilität und Transport. Als Ziel gibt die Energieunion selbst aus: „Energie sicherer, bezahlbarer und nachhaltiger machen.“
Die Energie- und Klimaunion teilt ihre Arbeit in fünf Politikfelder auf, die sie Dimensionen nennt: Alle fünf greifen an verschiedenen Stellen ineinander. Zwei Beispiele: Eine effiziente Infrastruktur stärkt die Dimensionen Versorgungssicherheit, Integration des Energiebinnenmarkts und Klimaschutz. Ebenso fördert die Energieeffizienz, der eine eigene Dimension gewidmet ist, sowohl den Klimaschutz als auch die Versorgungssicherheit, weil die EU dadurch unabhängiger von Importen wird.
Die Versorgungssicherheit steht buchstäblich an erster Stelle. Die Mitgliedstaaten der EU importieren mehr als die Hälfte ihres gesamten Energiebedarfs aus wenigen Drittländern. Neben der Diversifikation der Lieferanten – etwa durch gemeinsame Pipelineprojekte – will die Energieunion eine effiziente Infrastruktur innerhalb der EU schaffen, um regionale Engpässe durch Energielieferungen aus anderen Mitgliedstaaten abzuwenden.
Physische und rechtliche Hürden sollen weiter abgebaut werden: Neben effizienten Transportwegen wie Gas- und Stromnetzen gehören dazu auch gemeinsame Standards. Ziel der Energieunion ist es, den EU-weiten Wettbewerb der Energieunternehmen und damit die Verbraucher zu stärken.
Effizienter Energieverbrauch schont nicht nur Infrastruktur und Umwelt, er mindert auch die Importabhängigkeit. Trotz großer Fortschritte in den letzten Jahrzehnten sieht die EU-Kommission weiteren Verbesserungsbedarf – insbesondere im Gebäudesektor. Dafür setzt die EU-Kommission vor allem auf zwei Mittel: Transparenz des Energiebedarfs und Förderung klimafreundlicher Energiequellen zum Heizen und Kühlen von Gebäuden.
In der Energie- und Klimaunion sollen die Mitgliedstaaten die Pariser Klimaziele gemeinsam angehen: Das bisher wichtigste Element der Klimapolitik ist wohl das Emissionshandelssystem EU ETS. Zudem koordiniert die EU-Kommission nationale Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen: Mitgliedstaaten mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen sollen mehr leisten als weniger wohlhabende. Darüber hinaus will die EU-Kommission auch auf globaler Ebene für ambitionierteren Klimaschutz eintreten.
Leistungsstarke Energiespeicher, Kostenreduktion bei der Gewinnung Erneuerbarer Energie sowie neue Konzepte zur effizienten Nutzung von Energie – beispielsweise in Smart Cities – sollen die Energieunion unterstützen. Auch die Erforschung der Kernfusion als Energiequelle wird gefördert. Das Ziel: Eine CO2-arme und wettbewerbsfähige EU.
Die Integration der Energiemärkte und -netze in der EU ist vorangeschritten. Internationale Forschungsprojekte wie die „European Battery Alliance“ wurden auf den Weg gebracht. Und viele Mitgliedstaaten haben nationale Gesetze für Energieeffizienz und Klimaschutz ratifiziert. Als die EU-Kommission im April 2019 ihren vierten und bisher letzten Bericht über den Stand der Energieunion vorstellte, erklärten Maroš Šefčovič und Miguel Arias Cañete die Energieunion für „vollendet“. Gleichzeitig ist dem Bericht zu entnehmen, dass es für die Energieunion auch nach der Wahl des neuen EU-Parlaments noch viel zu tun gibt. Damit die EU ihre Klima- und Energieziele 2030 erreicht, schätzt die Kommission, müssten bis dahin jedes Jahr 180 Milliarden Euro investiert werden.
Eine sichere Energieversorgung ist ein Grundpfeiler des Wohlstandes. Je einfacher die Energie – auch innerhalb der EU – dorthin transportiert werden kann, wo sie benötigt wird, umso größer ist die Versorgungssicherheit und umso mehr profitieren die Verbraucher vom Wettbewerb der Unternehmen. Eine Diversifikation der Energiequellen vermindert zudem das Risiko von Engpässen. Dies gilt sowohl für den Import fossiler Brennstoffe wie Öl und Gas, als auch für Erneuerbare Energien: Je größer ihr Anteil ist, umso wichtiger ein größtmögliches Einzugsgebiet, damit zum Beispiel die Windkraft der Biskaya oder der Sonnenstrom aus Spanien Flauten in der Nordsee kompensieren kann. Deshalb wächst die Bedeutung der Energieunion je mehr sich die EU ihren Klimazielen nähert.
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