Der Ausbau der Windkraftkapazität befindet sich in Europa weiterhin in einem starken Aufwärtstrend. Zur Jahrtausendwende waren Anlagen mit rund 12 Gigawatt (GW) Leistung in Betrieb, heute sind es etwa 218 GW. Im Jahr 2019 erzeugten die damals 203 GW Windkapazität insgesamt 462 Terawattstunden sauberen Strom – mehr als das 20 mal so viel wie 2000.
Mit dem Wachstum der Windindustrie wurden jedoch auch die Ziele zur Emissionsreduzierung höher gesteckt, um der wachsenden Dringlichkeit des Klimawandels zu begegnen. Kürzlich hat die EU ihre Zielvorgabe für 2030 verschärft. Sie strebt nun an, die Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Und sowohl die EU als auch Großbritannien wollen bis 2050 eine kohlenstofffreie Energieversorgung erreichen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen Windkraft und andere erneuerbare Energiequellen schneller als je zuvor ausgebaut werden.
Laut dem Branchenverband WindEurope (auf Englisch) wurden im Jahr 2020 42,8 Milliarden Euro in neue Windparks investiert, der zweithöchste Jahresbetrag aller Zeiten. Auf den Bereich Offshore-Wind entfielen 26,3 Milliarden (Mrd.) Euro davon – ein Rekord. Onshore-Wind erhielt hingegen nur 16,5 Mrd. Euro. Das ist der niedrigste Wert seit 2017 und der zweitniedrigste im gesamten Jahrzehnt. Banken vergaben dennoch insgesamt einen Rekordbetrag von 23,8 Mrd. Euro an Non-Recourse-Krediten – Kredite, bei denen das Projekt selbst als Sicherheit dient. Projekterwerbe, bei denen sich Investoren in einen Windpark einkauften, beliefen sich auf 15,1 Mrd. Euro. 66 Prozent des Kapitals wurden auf Projektfinanzierungsbasis aufgenommen. Das bedeutet, dass es sich aus den durch den Windpark generierten Einnahmen refinanziert. Die übrigen 34 Prozent waren Unternehmensfinanzierungen.
Auf Länderebene entfiel mit 13 Mrd. Euro der größte Betrag auf Großbritannien, vor allem im Bereich Offshore-Wind, gefolgt von den Niederlanden mit insgesamt 8 Mrd., Frankreich mit 6,5 Mrd. und Deutschland mit 4,3 Mrd. Deutschland und Frankreich waren die größten Investoren in Onshore-Windkraftanlagen mit 2,2 bzw. 1,8 Mrd. Euro, beides Beträge, die niedriger waren als in den Vorjahren. Angesichts der hohen Gesamtinvestitionssumme kommt WindEurope zu dem Schluss, dass es keinen Mangel an Kapital für Investitionen gibt und dass die Zinsaufschläge weiter fallen werden. Das trage wiederum dazu bei, die Kosten für Windenergie zu senken.
Das hohe Investitionsniveau des vergangenen Jahres deckt 13 GW an neuer Kapazität in der EU und fast 20 GW insgesamt ab. Um das erhöhte Emissionsreduktionsziel für 2030 zu erreichen, müsste die EU jedoch jedes Jahr 27 GW an neuer Windkapazität bauen, rechnet WindEurope vor. Der Hauptengpass sei die Genehmigung von Onshore-Windkraftanlagen, die laut Branchenverband komplex ist, was zu Projektverzögerungen und zusätzlichen Kosten führt.
Der Bericht sagt, dass die Genehmigungsbehörden nicht genug Personal hätten, um das aktuelle Antragsvolumen zu bewältigen, ganz zu schweigen von dem, das benötigt werde, um die Ziele für 2030 zu erreichen. Die meisten EU-Staaten seien derzeit nicht in der Lage, die in der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien festgelegten Genehmigungsfristen einzuhalten. Die Folgen könnten gravierend sein: Wenn sich die Genehmigungspraxis nicht verbessere, werde die Windenergie nicht in der Lage sein, ihren Anteil an den Klimazielen für 2030 zu leisten, warnt WindEurope.
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