Citius, altius, fortius“ (auf deutsch: „schneller, höher, stärker/weiter“) ist das Motto der Olympischen Spiele. Höher, immer höher (und damit natürlich auch stärker) ist seit Jahren auch die Devise bei der Windkraft: Narbenhöhen von 150 Meter oder mehr sind – vor allem auf dem Meer – schon lange keine Seltenheit mehr. Rechnet man die sich drehenden Rotorblätter hinzu, lassen die Windgiganten die 200-Meter-Marke ganz locker hinter sich. Zum Vergleich: Der Kölner Dom kommt „nur“ auf 157 Meter.
In Sachen Onshore-Windparks, also Windparks an Land, setzt bald ein Projekt in Schweden neue Maßstäbe. Dort, genauer bei Karlstad am Nordrand des größten europäischen Binnensees Vänern, soll in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres der Windpark Knöstad entstehen. Der dänische Projektentwickler Eurowind hat dazu gerade beim Turbinenhersteller Siemens Gamesa acht Rotoren bestellt – und die haben es in sich: Mit 170 Meter Rotordurchmesser stellt das georderte Modell den neuen Größenrekord für Windturbinenrotoren an Land auf. Ein einziges dieser leistungsstarken Windräder ist in der Lage, genug Strom für etwa 5.000 Haushalte pro Jahr zu liefern.
Bereits im vergangenen Jahr hat der deutsch-spanische Hersteller die Anlagen der neuen Reihe SG 5.X vorgestellt. Die Plattform umfasst zwei Turbinenmodelle mit unterschiedlichen Leistungen: die SG 5.8-155 sowie die SG 5.8-170. Die hintere Zahl bezieht sich (wie in der Branche üblich) auf die verschiedenen Rotordurchmesser. Die SG 5.8-170 vergrößert die sogenannte „überstrichene Rotorfläche“ im Vergleich zum Vorgängermodell SG 4.5-145 um mehr als ein Drittel. Das führt zu entsprechend höheren jährlichen Energie-Erträgen.
Schweden scheint ein gutes Pflaster für die neue Reihe zu sein: Auch der allererste Auftrag für die SG 5.8-155 kam Ende 2019 von dort: 35 Anlagen sollen 2021 beim Projekt Skaftåsen in Mittel-Schweden zum Einsatz kommen. Als einer der größten Pro-Kopf-Verbraucher von Elektrizität auf der Welt, will das Land seine Windkapazität bis 2023 von 7,4 auf 14,9 Gigawatt verdoppeln. Die Regierung in Stockholm hat sich zudem das Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2040 volle 100 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen.
In der windreichen Waldregion am Vänersee herrschen wie vielerorts in Schweden strenge Vorgaben für Projekte mit Onshore-Riesen wie der SG 5.8-170. Um örtliche Höhenbegrenzungen einzuhalten, wird die Nabenhöhe beim Windpark Knöstad „nur“ 115 Meter betragen – und damit deutlich weniger als bei vielen anderen Superturbinen an Land. Das bedeutet: Die Rotorenspitzen werden relativ knapp über die Baumwipfel ihres Waldstandorts ziehen. Die verantwortlichen Ingenieure sind aber überzeugt, dass es keine Probleme geben dürfte.
Mit Blick auf das eingangs erwähnte olympische Motto bleibt die Entwicklung derweil natürlich nicht stehen. Erste Prototypen künftiger Offshore-Windturbinenanlagen kommen bereits mit Rotoren von mehr als 190 bis sogar 220 Metern Durchmesser daher.
Bildnachweis: © Siemens Gamesa