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Hitzewelle stellt Energieversorgung vor Herausforderungen
Hohe Temperaturen setzen der Kühlung in Kraftwerken zu und verringern den Wirkungsgrad von Photovoltaikanlagen

Hohe Temperaturen wie im Sommer 2018 haben Folgen für die Stromproduktion und stellen die Energieversorgung in ganz Europa auf die Probe. Beständige Wärme setzt vor allem der Kühlung in Kraftwerken zu – egal ob Steinkohle-, Gas- oder Kernkraftanlagen. Die Erneuerbaren haben ebenfalls zu kämpfen. Auch unter diesen extremen Bedingungen sichert ein diversifizierter Energiemix die Versorgung.

Ventilatoren, Klimaanlagen und Kühlschränke laufen in großen Teilen Europas auf Hochtouren. Vielerorts ist das ersehnte Eis am Stiel schon ausverkauft. Die Landwirtschaft steht vor Ernteausfällen. Wiesen und Parks fehlt das Wasser. Dass jedoch nicht nur Mensch und Natur, sondern auch Kraftwerke mit der Hitze zu kämpfen haben, ist aktuell ein großes Thema in Presse und Medien.

Bei extremen Temperaturen wird besonders viel Energie verbraucht. Bei Hitze vor allem in Form von Strom. Deutschland verbraucht aktuell etwa 1,36 Milliarden Kilowattstunden (kWh) pro Tag. Das sind sechs Prozent mehr als in den beiden vergangenen Sommern durchschnittlich benötigt wurden. In Großbritannien entsprach der Mehrverbrauch nach Berechnungen des Imperial College London an Tagen mit den derzeitigen Temperaturen dem durchschnittlichen Bedarf von 2,5 Millionen Haushalten – das ist etwa die Zahl der Haushalte in Schottland.

Bereits im Juni gab Elchin Mammadov, Energieversorgungsanalyst bei Bloomberg Intelligence in London, aufgrund des wenigen Winds zu bedenken, „dass Europa trotz des Booms erneuerbarer Energien nach wie vor konventionelle Kraftwerke braucht“, und wies dabei auch auf steigende Strompreise als mögliche Folge einer Hitzewelle hin.

Einzelne Kraftwerke müssen Leistung drosseln

Das größte Problem: Langanhaltende Hitze treibt die Temperatur der Flüsse nach oben. Thermische Kraftwerke wie Steinkohle- und Kernkraftwerke benötigen zu ihrem Betrieb Kühlwasser, das sie aus nahegelegenen Flüssen beziehen. Zum Schutz des Gewässers sowie der darin lebenden Fische ist die Einleitung des beim Kühlvorgang aufgewärmten Wassers nur bis zu einer gewissen, maximalen Wassertemperatur genehmigt. Ansonsten müssen die Kühlwassermengen vom Betreiber reduziert werden. Und das geht nur, indem das jeweilige Kraftwerk seine Leistung drosselt – so wie in den vergangenen Tagen in ganz Europa bereits vielerorts geschehen. Insbesondere in Frankreich, wo 58 Kernkraftwerke rund 70 Prozent des Stroms produzieren, werden die hohen Wassertemperaturen fast jeden Sommer zum Problem. In diesem Jahr mussten aufgrund der anhaltenden Hitze bereits vier Reaktoren in drei französischen Kernkraftwerken vorübergehend vom Netz genommen werden, wie ein Sprecher des Versorgers Électricité de France bestätigte. Neben gemessenen Rekordtemperaturen mussten auch in Skandinavien Kraftwerksleistungen gedrosselt werden.

Wie „Die Welt“ bereits vor einiger Zeit berichtete, könnte die Hitze besonders in „dem mit Kraftwerken strukturell unterversorgten Süddeutschland (…) zu einer angespannten Versorgungslage führen“. Abhilfe kann hier – wie aktuell der Fall – durch Ausnahmegenehmigungen zur Fortsetzung des Betriebs beim Überschreiten der maximalen Kühlwassertemperatur geschaffen werden. Durch den niedrigen Wasserstand beispielsweise des Rheins, der die Vollbeladung der Frachter ausschließt, kann jedoch auch fehlender Steinkohlenachschub zum kritischen Punkt werden, denn diese kommt vom Weltmarkt und wird über die Nordseehäfen Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam angeliefert. Probleme haben auch die Blöcke in Gaskraftwerken: Ihre Betriebsbereitschaft wird durch einen geringeren Wirkungsgrad bei hohen Außentemperaturen beeinträchtigt.

Hitzebeständiger sind hingegen Braunkohlekraftwerke. Sie werden mit Sümpfungswasser aus den Tiefen der Tagebaue gekühlt, welches ganzjährig mit etwa 20 Grad aufwartet. Dank dieses „unerschöpflichen Kühlmittels“ erweisen sich Braunkohlekraftwerke auch während einer lang anhaltenden Hitzewelle „einmal mehr als Stützen des Versorgungssystems“, schreibt „Die Welt“.

Nicht nur die Konventionellen haben zu kämpfen

Dass Photovoltaikanlagen massenhaft Strom liefern, wenn die Sonne intensiv und pausenlos scheint, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Aktuell liefern diese in Deutschland 24 bis 28 von insgesamt 44 Gigawatt installierter Leistung. Das liegt insbesondere daran, dass der Wirkungsgrad der Anlagen mit steigender Temperatur der Module abnimmt – Rekordwerte erreichen diese eher an sonnigen Frühlingstagen als während einer Hitzewelle.

Genau deshalb laufen die Photovoltaikanlagen in Großbritannien nach den Zahlen von National Grid und der Sheffield University auf Hochtouren. Die durchschnittlichen Temperaturen liegen dort deutlich unter denen in Kontinentaleuropa: Der Anteil der Solarenergie von zeitweise bis zu 17 Prozent am Energiemix ist für die britische Insel außergewöhnlich hoch – im Mittel lag dieser im vergangenen Jahr bei nur einem Prozent.

Da Hitze und Trockenheit oftmals mit Hochdruckwetterlagen in Verbindung stehen, beeinträchtigt dies auch die Stromproduktion der Windkraftanlagen. „Bei diesen Wetterlagen kommt der Wind praktisch zum Erliegen“, stellt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fest. Die Wasserkraft hingegen bewegt sich dem Energieerzeuger Uniper zufolge auf dem üblichen Sommerniveau und kann aktuell der Trockenheit noch trotzen.

Wechselwirkungen am Strommarkt

Die Strompreise kletterten während der Hitzewelle auf ein neues Jahreshoch. Am Strommarkt seien derzeit viele Wechselwirkungen zu erkennen, die den Preis beeinflussen, sagt Carlos Perez-Linkenheil vom Beratungsdienstleister Energy Brainpool. Einerseits steigt die Nachfrage. Andererseits springen wegen des niedrigeren Angebots an erzeugtem, verhältnismäßig günstigem Strom aus Kohle- und Steinkraftwerken kleinere Erzeuger wie Gaskraftwerke ein. Das führte zu einem Anstieg des Gaspreises, welcher sich wiederum auf den Strompreis auswirkt. Die im Sommer üblichen Kraftwerksrevisionen verknappen die verfügbare Leistung zusätzlich.

Nach Auswertungen des Beratungsunternehmens Aurora Energy Research kann die Nachfrage derzeit nur durch relativ teure Gasturbinen bedient werden. Dadurch entstehen Preisspitzen, die in Deutschland sonst eher im Winter zu verzeichnen sind. „Die Hitze schlägt durchaus auf die Preise durch, aber weniger wegen der Lage in Deutschland als etwa in Frankreich, wo mehrere Atomkraftwerke vollständig vom Netz sind und weitere ihre Leistung reduzieren“, sagte Robin Girmes, Geschäftsführer bei Energy Weather. „In den vergangenen Tagen war der Strompreis in mindestens einem Nachbarland Deutschlands höher als hierzulande, sodass wir weiter Strom dorthin exportieren.“

Je diversifizierter der Mix, desto sicherer die Stromversorgung

Durch das Zusammenspiel von Konventionellen und Erneuerbaren herrscht laut der Bundesnetzagentur jedoch aktuell kein Grund zur Angst vor Engpässen (Stand 07.08.2018). „Es ist alles im grünen Bereich“, bekräftigt ein Sprecher der Bundesnetzagentur gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“. Auch in Großbritannien ist man der Ansicht, dass der zusätzliche Leistungsbedarf wahrscheinlich keine Probleme verursacht, informiert die Nachrichtenagentur „Reuters“. Unter dem Strich zeigt die aktuelle Situation: Jeder Energieträger hat Stärken und Schwächen. Umso wichtiger ist ein breiter Mix aller Erzeugungsarten, um die Stromversorgung in ganz Europa zu gewährleisten.

Bildnachweis: Edmund O’Connor, shutterstock.com; Bundesnetzagentur – SMARD.de (lizensiert unter CC BY 4.0)

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