Das Prinzip von Hybridautos ist recht geläufig: Es verbindet die Vorteile eines Elektroantriebs mit denen eines Verbrennungsmotors. Eine ganz ähnliche Idee verfolgt man mit Hybridkraftwerken: Sie nutzen mehrere Energieträger zur Stromerzeugung.
Eines der ersten großen Hybridkraftwerke, das die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie kombiniert, entsteht derzeit in den Niederlanden. Dort ergänzt der schwedische Energiekonzern Vattenfall seinen im Bau befindlichen Windpark „Haringvliet“ um eine Solarstromanlage und einen Batteriespeicher.
Die Photovoltaikanlage mit 38 Megawatt (MW) baut die RWE-Tochter Belectric. Der Windpark besteht aus sechs Turbinen aus dem Hause Nordex mit einer installierten Gesamtleistung von 22 MW, der Batteriespeicher soll bis zu zwölf Megawatt leisten. Es wird eine sogenannte Second-Life-Batterie sein, in der ausgediente Akkus aus E-Autos von BMW verbaut sind. Ans Netz gehen soll das Ensemble noch in diesem Jahr.
„Die Kombination ergibt durchaus Sinn“, sagt Thorsten Lenck, Strommarkt-Experte vom Think-Tank Agora Energiewende. „Die Erzeugungsprofile von Wind und Sonne ergänzen sich recht gut.“ Mit anderen Worten: In sonnigen Zeiten weht meist weniger Wind, als wenn der Himmel bewölkt ist – und umgekehrt. Das gelte sowohl jahreszeitlich als auch tageweise, ergänzt Lenck: „Im Winter wehen allgemein kräftigere Winde als im Sommer. Und unabhängig von der Jahreszeit sind Sonnentage weniger windig.“
Dadurch dürfte das Hybridkraftwerk in der Lage sein, wesentlich konstanter Strom ins Netz zu speisen, als es einzelne Wind- oder Sonnenenergie-Anlagen sind. Der Batteriespeicher verstärkt diesen positiven Effekt: Liefern die Erzeugungsanlagen mehr Energie als gerade benötigt wird, kann der Strom zwischengespeichert werden, um Phasen mit geringer Einspeisung zu überbrücken.
Zudem kann der Betreiber mit dem Batteriespeicher Regelenergie bereitstellen. Das heißt, er kann sekundenschnell überschüssige Energie aus dem Netz aufnehmen und zusätzlich benötigte abgeben. Auch dies ist also ein Beitrag zur Netzstabilität.
Die wechselnden Erzeugungsspitzen von Wind- und Sonnenenergie lassen sich natürlich auch ohne Hybridkraftwerk nutzen: Den Energieträgern ist es egal, ob sie ihren Strom im Verbund oder auf mehrere Anlagen verteilt produzieren. Und auch für die Großhandelspreise am Strommarkt, sagt Lenck, sei es irrelevant, wo der Strom eingespeist wird.
Ganz und gar nicht egal ist hingegen der Ort der Einspeisung für das Stromnetz. Synergieeffekte solcher Hybridkraftwerke sieht Lenck daher vor allem bei der Netznutzung: „Je konstanter ein Netzanschluss genutzt wird, umso niedriger sind die Kosten pro Kilowattstunde.“ Der Fachmann weiß: Je konstanter Strom an einem Ort erzeugt wird, umso seltener muss Strom von weit hergeholt werden.. Damit sinkt der Bedarf an Übertragungskapazität.
Dass Hybridkraftwerke auf diese Weise funktionieren, muss sich erst noch herausstellen. Wenn die Rechnung aber aufgeht, könnten diese Anlagen mit Sonnen- und Windenergie zu dem Ziel beitragen, die Kosten der Energiewende so niedrig wie möglich zu halten.
Um die entsprechenden Anreize zu setzen, wären noch nicht einmal spezielle Förderprogramme nötig, eine Anpassung der Ausschreibungsregularien könnte laut Lenck schon ausreichen: „Bisher kommt es bei Ausschreibungen für erneuerbare Stromerzeugung im Prinzip ausschließlich auf den Preis und die Einspeiseleistung an“, erklärt er. „Würde man stattdessen auch die Kontinuität der Netzauslastung zum Kriterium machen, wären Hybridkraftwerke wohl automatisch im Vorteil.“ Das dürfte auch den Verbrauchern zugutekommen. Schließlich zahlen sie nicht nur für den Strom, sondern auch Bau und Betrieb der Stromnetze.