Der neueste Wasserstoff-Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) “The Future of Hydrogen, seizing today’s opportunities” äußert sich zuversichtlich, dass Wasserstoff sich in einer entscheidenden Phase in puncto Einsatz und Einführung befindet.
Die im Juni veröffentlichte Studie erläutert vier praktische Schritte zur kurzfristigen Steigerung der Nutzung von Wasserstoff, wobei Lehren aus der Ausweitung der Flüssiggasindustrie gezogen worden sind. Diese Schritte sind: Umwandlung von Industriehäfen in Handelspunkte für sauberen Wasserstoff, sofortige Nutzung des bestehenden Erdgasnetzes für Wasserstofflieferungen, Steigerung des Einsatzes des Treibstoffs im Transportwesen über Wasserstoffverkehrskorridore sowie Öffnung von Schifffahrtsrouten zur Initiierung des internationalen Handels. Diese Vorschläge haben ein gemeinsames Ziel: Durch Steigerung der Nachfrage sollen die Kosten von CO2-armer Wasserstoffproduktion fallen.
Dank seiner Vielseitigkeit und sauberen Verbrennung genießt Wasserstoff eine wachsende Popularität. Als Energieträger kann er außerdem den Bedarf nach langfristiger Energiespeicherung bedienen, z.B. die Unterschiede zwischen Energiebedarf im Winter und im Sommer. Hier spielt dieser Kraftstoff seine Stärken aus im Vergleich zu Batterien, die Energie sehr viel kurzfristiger speichern.
Allerdings muss Wasserstoff hergestellt werden, da er in natürlicher Form nicht in großen, verdichteten Mengen vorkommt. Im Prinzip bestehen hier aktuell zwei Alternativen: Die Elektrolyse, mittels derer Wasser mithilfe von Elektrizität in die Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird, oder die sogenannte Dampfreformierung, bei der die Teiloxidation eingesetzt wird, um den Wasserstoff aus einem Kohlenwasserstoff wie Erdgas oder Kohle abzuspalten.
Heute wird Wasserstoff laut dem IEA-Bericht zu 76 Prozent aus Erdgas und 23 Prozent aus Kohle gewonnen. Der verbleibende Kleinstanteil von gut einem Prozent wird aus CO2-armen Prozessen wie der Elektrolyse erzeugt.
Vorteil der Elektrolyse: Wenn der Prozess durch Erneuerbare Energien angetrieben wird, zum Beispiel durch einen Windpark auf hoher See, dann entsteht sehr CO2-armer Wasserstoff. Der Nachteil ist allerdings, dass dieser Prozess äußerst teuer ist. Außerdem wird der Großteil des regenerativ erzeugten Stroms bereits für den direkten Verbrauch genutzt. Dampfreformierung ist dagegen deutlich billiger, doch entsteht dabei bekanntlich das Treibhausgas CO2.
Wasserstoff wird in großen Mengen unter anderem für den Einsatz in der Industrie hergestellt, zum Beispiel für Raffinerien und die Produktion von Ammoniak als Bestandteil von Düngemitteln. Die Entwicklung nachhaltiger Verfahren zur Wasserstoffgewinnung hat daher großes Potenzial, Treibhausgasemissionen in Industrie und Landwirtschaft einzusparen. Zudem kann er in kleinen Mengen direkt in das Erdgasnetz gespeist werden: Der Ersatz auch nur eines kleinen Anteils am gesamten Erdgasverbrauch würde zu einer erheblichen Einsparung von Treibhausgasemissionen führen.
Die IEA nennt als wichtige Herausforderungen der Ausbau der Erneuerbaren bei sinkenden Kosten, was unmittelbar die Wasserstoffproduktion billiger machen würde, sowie die Entwicklung neuer Technologien, mit denen die Emissionen der Dampfreformierung gesenkt werden könnten. Das wären beispielsweise Verfahren zur Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 (CCUS).
Die IEA gibt mehrere Empfehlungen, wie die Entwicklung gefördert werden sollte und welche Rolle Wasserstoff im Rahmen von langfristigen Energiestrategien einnehmen kann. Andere Vorschläge betreffen die Förderung der industriellen Nachfrage, das Verringern von Investitionsrisikos sowie die Unterstützung von Forschung und Entwicklung.
Weiterhin befürwortet die IEA die Vereinheitlichung der Regeln zum Einsatz von Wasserstoff – ein wichtiger Stellhebel zur Vereinfachung des Handels – und den Abbau von rechtlichen Hürden. Die Agentur sieht dabei die Rolle des Staates als unabdingbar an. Dazu merkt die IEA an, dass ein technologieneutraler Ansatz zwar sinnvoll ist, Regierungen jedoch im Fall von Wasserstoff die Technologie fördern sollten.
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