Wirtschaftswachstum ohne steigende Treibhausgasemissionen ist möglich. Zumindest kommt die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem Report „Global CO2-Emissions in 2019“ zu diesem Schluss: Während das Bruttoweltprodukt um 2,9 Prozent stieg, verblieben die Emissionen unverändert bei 33 Gigatonnen CO2-Äquivalenten.
Zu den Gründen gehören laut IEA variable Einflüsse wie milderes Wetter in vielen Ländern. Die Agentur nennt aber auch längerfristige Ursachen wie den Ausbau erneuerbarer Erzeugungskapazität und den teilweisen Wechsel von Kohle und Öl zu Erdgas und Kernkraft. Andererseits habe die steigende Energieeffizienz – sowohl beim Verbrauch als auch bei der Gewinnung – dazu beigetragen.
Die Europäische Union scheint in dieser Hinsicht, den richtigen Weg zu beschreiten: Nach aktuellen Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat hat die EU bereits 2018 0,71 Prozent weniger Primärenergie verbraucht als im Vorjahr, gleichzeitig stieg der Energieverbrauch marginal um 0,02 Prozent. Die Differenz aus Primärenergieeinsatz und Endverbrauch ergibt sich Umwandlungs- und Übertragungsverlusten. Die Werte nähern sich also an, wenn die Wirkungsgrade der Erzeugungsanlagen steigen.
Zumindest die Richtung stimmt offenbar. Wieder, muss man sagen, denn 2014 war die EU schon einmal näher am Ziel. Auch ohne die noch ausstehenden Zahlen von 2019 scheint klar: Das Etappenziel 2020 ist außer Reichweite. In diesem Jahr nämlich müsste die EU 4,9 Prozent weniger Primärenergie verbrauchen als 2018. Bis 2030 sollen es 22 Prozent weniger sein. Auch beim Endverbrauch klafft eine Lücke von 3,2 Prozent zwischen dem Ist von 2018 und dem Soll von 2020. Bis zum 2030er-Ziel fehlten 2018 noch 17 Prozent.
Diese Ziele zu erreichen, dürfte ein hartes Stück Arbeit werden. Zumal der Energiebedarf von unzähligen Faktoren abhängt – allen voran das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand. Hinsichtlich der Emissionen spielt der EU dabei das relativ langsame Bevölkerungswachstum in die Karten. Andererseits nutzen die Menschen heute ungleich mehr elektronische Geräte, sie fliegen häufiger in Urlaub und die Wohnfläche pro Kopf ist größer. Das Gleiche gilt für Kühlschränke und Autos.
Umso deutlicher macht sich bemerkbar, dass viele Geräte energieeffizienter arbeiten. Denn der durchschnittliche Stromverbrauch der EU-Bürger ist zwischen 2009 und 2018 von 39,7 Megawattstunden (MWh) auf 38,5 MWh gesunken, wie es im Statistical Review of World Energy 2019 vom Mineralölkonzern BP heißt.
Auch weltweit gibt es Fortschritte bei der sogenannten Energieeffizienz. Sie gibt an, wie viel Bruttoinlandsprodukt eine Volkswirtschaft mit einer Einheit Energie generieren kann. Global ist dieser Wert laut IEA im 21. Jahrhundert stetig gestiegen, seit 2015 allerdings jedes Jahr etwas langsamer.
"Wir müssen nun hart dafür arbeiten, um sicherzustellen, dass 2019 als definitives Maximum der globalen Emissionen in Erinnerung bleibt, und nicht als noch eine Wachstumspause.“ Fatih Birol, IEA-Chef
Das Bild, das sich zusammensetzt, ist also wieder einmal das: Die Richtung stimmt, aber es geht nicht schnell genug voran. Wenn EU und Weltgemeinschaft ihre vereinbarten Klimaziele erreichen wollen, müssen die Verantwortlichen mehr tun. Oder, wie IEA-Chef Fatih Birol zur Veröffentlichung der neuen Daten es ausdrückte: „Wir müssen nun hart dafür arbeiten, um sicherzustellen, dass 2019 als definitives Maximum der globalen Emissionen in Erinnerung bleibt, und nicht als noch eine Wachstumspause.“