Hoffnung, Sorge und der Aufruf, die Ambitionen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien weltweit mehr als zu verdoppeln: Das sind die Kernbotschaften des kürzlich veröffentlichten World Energy Outlook 2023 (WEO, Link in Englisch) der Internationalen Energieagentur (IEA).
Demzufolge wird die Bereitstellung von Energie und damit verbundene wirtschaftliche Aktivitäten zwar nachhaltiger. Trotz erheblicher Fortschritte geschehe die Veränderung aber nicht schnell genug, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Für die Zukunft skizziert der WEO drei Szenarien: Das Stated Policies Scenario (STEPS) beschreibt die Entwicklungen, wenn die derzeitigen Maßnahmen beibehalten werden. Im Announced Pledges Scenario (APS) wird davon ausgegangen, dass die Regierungen alle klimabezogenen Ziele vollständig und rechtzeitig erreichen. Das Net Zero Emissions by 2050 Scenario (NZE), das ehrgeizigste Szenario, zeigt im Detail, mit welchen Maßnahmen sich die globale Erwärmung effektiv begrenzen ließe.
Die Quintessenz lautet, dass bis 2050 weder im STEP- noch im AP-Szenario der globale Temperaturanstieg auf 1,5 °C begrenzt würde.
Trotzdem hebt die IEA wichtige positive Entwicklungen hervor. Im Jahr 2023 werde beispielsweise voraussichtlich jeder fünfte neu verkaufte Personenkraftwagen elektrisch angetrieben sein. Außerdem prognostiziert die Agentur, dass weltweit eine Rekordkapazität von 500 Gigawatt (GW) neuer Erneuerbarer Energie installiert und täglich mehr als eine Milliarde US-Dollar ausschließlich in Solarstrom investiert werden wird.
Die IEA geht unter anderem deshalb davon aus, dass unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen der Verbrauch von Öl, Gas und Kohle noch vor 2030 seinen Höhepunkt erreichen wird. Der Anteil dieser fossilen Brennstoffe an der globalen Energieversorgung liegt derzeit bei etwa 80 Prozent, 2030 könnte er auf 73 Prozent zurückgehen. Dies stellte eine historische Veränderung dar.
Laut Studie haben sich die weltweiten Zuwächse bei neuen Kohle- und Gaskraftwerken im Vergleich zu früheren Höchstständen bereits mindestens halbiert. Dennoch macht die IEA darauf aufmerksam, dass die Ausgaben für Öl und Gas immer noch fast doppelt so hoch sind wie im NZE-Szenario empfohlen. Eine geordnete Energiewende erfordere noch höhere Investitionen in klimafreundliche Energiesysteme bei gleichzeitiger Verringerung der Investitionen in Öl- und Gasprojekte, so die Agentur.
Und dabei geht es vielerorts voran. Ein Beleg für den Wandel zeigt sich beispielsweise im Bereich der Wasserpumpen. In den USA und vielen europäischen Nationen übertrifft der Verkauf mittlerweile den von gasbetriebenen Heizkesseln. Ein weiteres Beispiel ist China, wo sich die Prognosen für die Installation von Offshore-Wind- und Solaranlagen bis 2030 gegenüber von 2021 verdreifacht haben. Das Land ist der Haupttreiber des Energiebedarfswachstums der vergangenen zwei Jahrzehnte.
Überhaupt wird im STEP-Szenario bis 2030 voraussichtlich 80 Prozent der neu installierten Stromerzeugungs-Kapazität auf Erneuerbare – und mehr als die Hälfte auf Solarenergie – fallen. Dennoch würde selbst dies laut Bericht nur „einen Bruchteil des weltweiten Potenzials“ ausschöpfen.
Im gleichen Szenario wird zudem erwartet, dass die energiebedingten CO2-Emissionen Mitte der 2020er-Jahre ihren Höhepunkt erreichen. Doch selbst dann werden die Emissionen so hoch sein, dass die globale Erwärmung bis 2100 immer noch 2,1 Grad Celsius beträgt, so die IEA. Dies ist zwar weniger als in früheren Prognosen angenommen, weist aber dennoch auf weitreichende und schwerwiegende Folgen des Klimawandels hin.
Das liegt weiterhin auch daran, dass der Fortschritt weltweit nicht im gleichen Tempo vorankommt. Um die Erneuerbaren-Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern (ohne China) anzukurbeln, bedürfe es einer erheblichen Steigerung der internationalen Unterstützung. Die Ausgaben müssten laut IEA um das Fünffache erhöht werden, damit eine klimafreundliche Umgestaltung des Energiesektors möglich sei. Diese Maßnahme sei entscheidend, um den globalen Übergang zu nachhaltiger Energie voranzutreiben. Denn kein Land ist von den Risiken des Klimawandels ausgenommen.
Die Energiewende führt dazu, dass die Welt immer mehr auf Strom angewiesen sein wird. Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie bieten die Möglichkeit, Strom nachhaltig und lokal zu produzieren, was die Energiesicherheit der Länder verbessert. Allerdings birgt diese Entwicklung auch neue Herausforderungen hinsichtlich der Rohstoffversorgung, insbesondere in Bezug auf kritische Mineralien.
Die IEA betont daher, dass „die Versorgungssicherheit mit Strom von entscheidender Bedeutung ist, wenn sich die Welt zu einem stärker elektrifizierten, erneuerbaren System entwickelt“. Im Bericht fordert sie neben Investitionen in Batterien, Lastmanagement, Energieeffizienz und andere emissionsarme Technologien höhere Ausgaben für die Stromnetze.
Um die Ziele des NZE-Szenarios zu erreichen, bedarf es im Vergleich zu heute einer Verdreifachung der Kapazität Erneuerbarer Energien, einer beschleunigten Elektrifizierung, einer doppelt so schnellen Verbesserung der Energieeffizienz und einer drastischen Reduzierung der Methanemissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Nur so gelinge es, die Temperaturkurve auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Diese essenziellen Elemente des Energiewandels, die gegenwärtig kosteneffizient und technisch realisierbar sind, sollten bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden. Dadurch ließen sich 80 Prozent der erforderlichen CO2-Einsparungen für das Szenario der Netto-Null-Emissionen (NZE) realisieren.
Die IEA zeigt sich optimistisch, dass die Welt auf dem richtigen Weg ist und über die nötigen Mittel verfügt, um die meisten erforderlichen Emissionsminderungen zu erreichen. Dennoch sei eine verstärkte Anstrengung notwendig. Die Dynamik des Wandels müsse erhöht werden. So ließe sich verhindern, dass die Ziele außerhalb des Machbaren geraten.
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