Erneuerbare Energien stellen zwar Jahr für Jahr neue Rekorde auf. Allerdings bleiben die Auswirkungen auf den weltweiten Kohleverbrauch gering, wie die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem Kohlemarkt-Update (Juli 2023) (Link in Englisch) meldet. Um den Anstieg der Nutzung von sauberer Energie zu beschleunigen, sind daher dringend stärkere politische Maßnahmen und höhere Investitionen nötig, so die Forderung der IEA.
Im Jahr 2022 haben der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) (Link in Englisch) zufolge Energieunternehmen weltweit die Rekordkapazität von 294,56 Gigawatt (GW) an neuen Erneuerbaren Energien installiert. Allerdings ist auch der Verbrauch an Kohle auf einen Rekordwert von 8,3 Milliarden Tonnen gestiegen, so die IEA. Und dieses hohe Niveau wird wahrscheinlich erstmal bleiben: Nach IEA-Schätzungen wird der Kohlebedarf im Jahr 2023 um 0,4 Prozent steigen und 2024 um lediglich 0,1 Prozent sinken.
Die Entwicklung des Kohleverbrauchs ist regional stark unterschiedlich. In Europa ist er 2022 aufgrund der verstärkten Kohleverstromung (angesichts sehr hoher Erdgaspreise) und der schwachen Leistung der Kernkraft- und Wasserkraftwerke angestiegen, so die IEA. Die Kapazitätszunahme der Erneuerbaren Energien, vor allem bei Wind- und Solarenergie, reichte mit etwas mehr als 57 GW nicht aus, um dies auszugleichen.
Die IEA geht davon aus, dass die europäische Nachfrage nach Steinkohle schnell und dauerhaft sinken wird. Aufgrund des schwachen Wirtschaftswachstums, der gesunkenen Erdgaspreise, der stärkeren Atom- und Wasserkraftproduktion sowie des verstärkten Einsatzes Erneuerbarer Energien soll sie 2023 in der EU um zirka 17 Prozent bzw. 372 Millionen Tonnen zurückgehen.
Auch in den USA wird der Bedarf an Kohle weiter sinken, prognostiziert die IEA. Der hiesige Energiesektor ist durch den Krieg in der Ukraine weniger direkt betroffen. Als in der ersten Jahreshälfte 2023 die Gaspreise wieder auf ein niedriges Niveau sanken, nahm die Kohlenachfrage um 24 Prozent ab. Für die zweite Jahreshälfte erwartet die IEA einen weiteren Rückgang, die Nachfrage im gesamten Jahr 2023 wird daher um 357 Millionen Tonnen abnehmen. Dies sei auf den Ausbau der Kapazitäten für Erneuerbare Energien und auf die verstärkte Nutzung von Gas zur Stromerzeugung zurückzuführen.
Hauptgrund für den weltweiten Anstieg des Kohlebedarfs sind nach wie vor die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens. Für China, weltweit größter Produzent und Verbraucher, prognostiziert die IEA für 2023 einen Anstieg um 3,5 Prozent auf 4,7 Milliarden Tonnen. Für Indien einen Anstieg von voraussichtlich fünf Prozent auf 1,2 Milliarden Tonnen. Der Anteil Chinas und Indiens am weltweiten Kohleverbrauch beträgt rund 70 Prozent. In den eher nicht mehr so stark wachsenden Volkswirtschaften der Region (Japan, Südkorea, Australien) wird hingegen ein Rückgang des Kohleverbrauchs erwartet.
Der verstärkte Kohleeinsatz in China und Indien spiegelt eine Entwicklung wider, die 2022 auch in Europa und in den USA zu beobachten war: Aufgrund abnehmender Produktion von Wasserkraftwerken und steigenden Erdgaspreisen ist der Bedarf nach Kohle gestiegen. Sowohl China als auch Indien sind zwar Importeure von verflüssigtem Erdgas (LNG), haben jedoch die LNG-Einfuhr reduziert und dafür die heimische Kohleproduktion und -nutzung gesteigert.
Dabei haben sowohl China als auch Indien ihre Kapazitäten für Erneuerbare Energien ausgebaut. Nach Angaben der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IAEO) wurden zusätzliche 140,6 GW (China) bzw. 15,8 GW (Indien) installiert. Allerdings reichte dies in beiden Ländern nicht aus, um die Stromnachfrage ohne eine höhere Kohleverstromung zu decken. Es standen keine erschwinglichen Gasimporte zur Verfügung, zudem ist die Stromerzeugung aus Wasserkraft nicht stark genug.
Wie groß die Herausforderungen für diese Länder sind, zeigt folgender Fakt: China und Indien haben 2022 gemeinsam mehr Kapazitäten für Erneuerbare Energien aufgebaut als der Rest der Welt zusammen. Und dennoch ist der Bedarf an Kohle angestiegen. Weltweit überwiegt der Anstieg des Kohleverbrauchs in den asiatischen Schwellenländern die Kohlereduzierung in Europa und Nordamerika.
Zudem hat sich zwar im vergangenen Jahrzehnt der weltweite Verbrauch von Kohle im Vergleich zu früheren Wachstumsraten eingependelt, doch noch ist hier kein klarer Abwärtstrend zu erkennen. Dies, so warnt die IEA zusammenfassend, hat „erhebliche Auswirkungen auf die Bemühungen, die internationalen Energie- und Klimaziele zu erreichen“. Also fordert die IEA (Link in Englisch) im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Dubai (30. November bis 12. Dezember 2023) die Regierungen auf, die Kapazität der Erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen.