Die Corona-Krise bremst weiterhin die Weltwirtschaft. Und auch, wenn nicht alle Bereiche so stark betroffen sind wie beispielsweise der Tourismus- und Unterhaltungssektor, gibt es nur wenige Branchen, deren Wirtschaftsleistung nicht gesunken ist. Eine Ausnahme bildet der Ausbau der Erneuerbaren Energien – obwohl Lieferketten und Bautätigkeiten im ersten Halbjahr teilweise unterbrochen waren.
Nach aktuellen Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) werden die Erneuerbaren Energien in diesem Jahr fast sieben Prozent mehr Strom geliefert haben als 2019 – bei einem Rückgang der globalen Energienachfrage insgesamt um rund fünf Prozent.
Auch die Laune der Investoren scheint gut zu sein: Von Januar bis Oktober 2020 stieg die Zahl der erfolgreichen Auktionen für erneuerbare Erzeugungskapazität um 15 Prozent verglichen mit der Vorjahresperiode. Auch die Aktien von Herstellern und Projektentwicklern sind laut IEA-Bericht „Renewables 2020 Analysis and Forecast to 2025“ besser gelaufen als der übrige Energiesektor und als die meisten großen Aktienindizes.
Der Erneuerbaren-Sektor gewinnt in der Krise also regelrecht an Momentum. Im ersten Halbjahr 2020 wurden weltweit Konzessionen für erneuerbare Kapazität von fast 50 Gigawatt (GW) versteigert – so viel Kapazität wie nie zuvor in einem halben Jahr. Die Anlagen sollen im Laufe der nächsten drei Jahre ans Netz gehen.
Allein 2020 dürfte die weltweite Kapazität um gut neun Prozent steigen, 2021 könnten es zehn Prozent werden. Das wäre der größte Zuwachs seit 2015. In den nächsten fünf Jahren dürften 95 Prozent der zugebauten Erzeugungskapazität erneuerbar sein. 2023, prognostiziert die IEA, werde die installierte Leistung aller Wind- und Solarkraftanlagen die der Gaskraftwerke überholen. Ende 2024 dürfte sie auch die Kohlekraftwerke überholen. Im Laufe des Jahres 2025 dann könnten die Erneuerbaren Kohle als Energieträger Nummer eins bei der Stromerzeugung ablösen.
Noch wichtiger aber ist vielleicht, was die IEA-Analysten über die Attraktivität von Investitionen in erneuerbare Energien zu sagen haben: Im Jahr 2025 könnten 15 Prozent aller Neuinstallationen ohne Subventionen auskommen. Heute sind es fünf Prozent. Das bedeutet, der Ausbau wird immer seltener von Subventionen abhängen.
Das habe diverse Gründe, heißt es in dem Report. Zum einen begünstigten die vermutlich anhaltend niedrigen Zinsen erneuerbare Erzeugungsanlagen wegen ihrer Kostenstruktur: Die hohen initialen Investitionskosten können derzeit günstig finanziert werden, die niedrigen Betriebskosten fallen auch in Zeiten höherer Zinsen kaum ins Gewicht.
Zweitens sind die meist langfristigen Lieferverträge mit festen Preisen ein vergleichsweise sicheres Investment in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Entsprechend hoch ist die Nachfrage: Seit 2019 wurden weltweit Konzessionen für 100 GW neue Kapazität erteilt. Letztlich hat die Corona-Krise die Regierung der wichtigsten Märkte aber auch nicht gerade dazu veranlasst, ihre Hilfen zurückzufahren. Im Gegenteil: Die Konjunkturpakete, die den größten Schaden von der Wirtschaft abwenden sollen, haben auch kleinen und mittleren Unternehmen im Elektrizitätssektor geholfen, ihren Cash-Flow aufrechtzuerhalten – und damit ihre Fähigkeit auch während und nach der Krise zu investieren.
Zudem geben die Emissionsziele der EU, diverser anderer europäischer Länder sowie dreier der größten Volkswirtschaften Asiens, einschließlich Chinas, Investoren eine gehörige Portion langfristiger Sicherheit dafür, dass die Regierungen der Energiewende ihre Unterstützung nicht so schnell entziehen werden.
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