1.250 Kubikmeter flüssigen Wasserstoff (H2), soll die „Suiso Frontier“ einmal transportieren können. Das klingt überschaubar, wenn man bedenkt, dass LNG-Schiffe des gleichen Herstellers, Kawasaki Heavy Industries, mehr als die 100-fache Menge flüssiges Erdgas aufnehmen können. Doch das Schiff, das im Dezember in Kobe vom Stapel lief, soll das erste H2-Tankschiff der Welt überhaupt werden.
Japan setzt stärker als andere Nationen auf das flüchtige Gas. Im Jahr 2017 kündigte Premierminister Shinzo Abe an: „Japan wird als erstes Land der Welt eine Wasserstoff-basierte Gesellschaft sein.“
Im September 2019 dann verkündete die japanische Regierung, sie habe Unterstützung von 30 Ländern für ihren Plan, binnen zehn Jahren weltweit 10.000 Wasserstoff-Tankstellen zu errichten. Hinzukommen sollen zehn Millionen H2-Fahrzeuge – vom PKW über LKW und Züge bis hin zu Schiffen. Internationale Standards zum Handel mit dem Wasserstoff sollen dabei helfen.
Die Suiso Frontier wird zwar selbst von einem Dieselgenerator angetrieben. Der Prototyp soll aber wichtige Erkenntnisse über die Transportierbarkeit des flüchtigen Gases liefern. Denn darin liegt eine der Herausforderungen beim ersten Element des Periodensystems: Seine Moleküle sind so klein, dass sie sogar durch Stahl hindurchdiffundieren können. Anders als bei synthetisiertem Methan geht man bei Wasserstoff zwar davon aus, dass sein Treibhauseffekt unbedeutend ist. Der wirtschaftliche Schaden der Verluste wäre allerdings ein großer Nachteil gegenüber Alternativen.
Vor dem Seetransport soll der Wasserstoff deshalb – ähnlich wie bei Erdgas (LNG) üblich – verflüssigt werden. Durch hohen Druck beziehungsweise extreme Kühlung auf -253 Grad Celsius verändert der Wasserstoff nicht nur den Aggregatzustand, sein Volumen schrumpft auch um den Faktor 800.
Auf der Suiso Frontier soll es in diesem Zustand weitgehend verlustfrei transportiert werden. Das Schiff schwimmt zwar schon, der doppelwandige, vakuumisolierte Tank wird derzeit im Kawasaki-Werk in Harima noch gebaut. Ende 2020 soll das Schiff dann einsatzbereit sein und spätestens Anfang 2021 die erste Ladung Flüssig-Wasserstoff aus Australien nach Japan liefern.
Denn auch Australien hat seit 2019 eine nationale Wasserstoff-Strategie. Neben der Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff will das Land auch Kohle- und Erdgasvorkommen ohne Emission von Treibhausgasen nutzbar machen. Dafür wird der enthaltene Wasserstoff aus dem fossilen Rohstoff abgeschieden und das übrigbleibende Kohlendioxid eingefangen. Dieses kann dann dauerhaft gespeichert, als Grundstoff für die chemische Industrie vermarktet werden.
Bisher ist dies die gängige Methode der Wasserstoff-Gewinnung. Für Japan könnte aber vor allem die Elektrolyse interessant sein, um eine eigene Wasserstoff-Herstellung aufzubauen. Das wäre ein Schritt in Richtung der lang ersehnten energetischen Unabhängigkeit des Landes. Nach Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) erzeugte das Land im Jahr 2018 gerade einmal 11,5 Prozent seiner Energieversorgung selbst. Zudem könnte Japan so seine Emissionen senken – zumindest, wenn der Strom dafür aus Erneuerbaren Energiequellen käme.
Bis Japan so weit ist, könnte der Aufbau der Wasserstoff-Gesellschaft mit importiertem Rohstoff beginnen. Dabei will das Konsortium, in dem Kawasaki mit Unternehmen der japanischen Gas- und Energiebranche den Wasserstoff-Transport erforschen will, eine gewisse Rolle spielen. Man wolle Wasserstoff zu einem ebenso üblichen Treibstoff machen, wie es heute Mineralöl und Erdgas sind, heißt es aus dem traditionsreichen Industriekonzern. Die Suiso Frontier wäre demnach erst der Auftakt.
Bildnachweis: © HySTRA