SolarPower Europe (SPE), der europäische Verband für Solarenergie, hat seinen Bericht „EU Solar Jobs Report 2023“ (Link in Englisch) in der dritten Auflage vorgestellt. Darin prognostiziert das Gremium, dass bis 2025 voraussichtlich mehr als eine Million Vollzeitbeschäftigte in der europäischen Solarindustrie arbeiten werden. Wenn der Trend zur Nutzung von Solarenergie weiter anhält, könnten laut SPE bis 2027 sogar etwa 1,2 Millionen Vollzeitarbeitsplätze entstanden sein.
Weiter zeigt der Bericht, dass die Solarbranche in der EU im Jahr 2022 um 39 Prozent auf 648.000 Vollzeitäquivalente angewachsen ist. 2021 waren es 466.000. Den größten Anteil an Vollzeitbeschäftigten hatte Polen mit fast 150.000 zum Ende des Jahres. Dahinter folgen Spanien (103.000) und Deutschland (96.000), wo auch der größte Bedarf besteht. Die Autoren der Studie prognostizieren, dass es bis zum Jahr 2027 mehr als 210.000 Vollzeitstellen in Deutschland geben wird.
Ein Vollzeitäquivalent (VZÄ) ist eine Methode zur Darstellung von Arbeitszeit, die es ermöglicht, verschiedene Arbeitszeiten zu vergleichen. Es basiert auf der Annahme einer Standard-Vollzeitarbeitswoche, im Normalfall 40 Stunden. Ein VZÄ von 1,0 entspricht dabei der Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers, während ein VZÄ von 0,5 bedeuten würde, dass die Person die Hälfte der regulären Vollzeit arbeitet. Die tatsächliche Zahl der Beschäftigten ist in aller Regel höher als das VZÄ.
Dabei dominiere der Bereich der Installation die Belegschaft mit 84 Prozent der Beschäftigten. Etwa acht Prozent der Stellen entfallen auf den Bereich Betrieb und Wartung, sieben Prozent auf die Fertigung und ein kleiner Anteil von einem Prozent auf Entsorgung und Recycling.
Um den rasch ansteigenden Bedarf angesichts der ambitionierten Ausbauziele zu decken, muss laut SPE eine große Zahl neuer Fachkräfte mobilisiert werden, ohne die Ausbildungsstandards zu vernachlässigen. Benötigt werden dem Bericht zufolge vor allem Monteure, Elektriker und Planungs- sowie Elektroingenieure. Hinzu kommt, dass die Solarbranche mit anderen Branchen wie Energieversorgern, Autoherstellern und großen IT-Firmen um geeignetes Personal, vor allem in technischen Berufen, konkurriert.
Die Branche ist besorgt, dass es nicht genug Fachkräfte gibt, um das geplante Wachstum zu erreichen. 2022 wurden mehr Arbeitsplätze in Betrieb und Wartung geschaffen als in der Produktion. Dies deuten die Experten als Zeichen dafür, dass die Installationsraten der Photovoltaik schneller steigen als der Aufbau lokaler Wertschöpfungsketten.
Der Bericht gibt daher sieben politische Empfehlungen, wie Europa die benötigten Arbeitskräfte für die Solarbranche gewinnen kann.
Nationale Erhebungen über Qualifikationstand
SPE schlägt vor, dass Regierungen zusammenarbeiten, um Informationen über Berufe zu sammeln. Diese Informationen sollten regelmäßig aktualisiert und für alle Mitgliedstaaten leicht zugänglich sein. So könne ein europäischer Aktionsplan für den Ausbau der Kompetenzen erstellt werden.
Kommunikations- und Bildungskampagnen
Um Fachkräfte für die Energiewende zu gewinnen, bedarf es laut SPE einer Reform der Bildungssysteme, indem neue Lehrpläne eingeführt, Lehrkräfte fortgebildet und die Zusammenarbeit mit Unternehmen verstärkt wird. Gleichzeitig sollte die Öffentlichkeit durch Informationskampagnen, Berufsmessen und Kooperationen mit Schulen und Unternehmen über die Chancen informiert werden.
Fachspezifische Ausbildung für wichtige Berufsgruppen
Für mehr Installationen braucht es rasche und angepasste Ausbildungen von Elektrikern und Monteuren. Dies könnte beispielsweise durch die Integration von Photovoltaik-Schwerpunkten in die Elektriker- und Dachdeckerausbildungen erreicht werden.
Umschulungen und Weiterbildungen
Gemäß SPE sollten geeignete Programme für die Umqualifizierung entwickelt und private Umschulungen durch staatliche Förderung unterstützt werden. Arbeitnehmer sollten uneingeschränkten Zugang zu geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen haben, um mit den technologischen Fortschritten in der Solarbranche Schritt zu halten.
Kombination von Arbeiten
Subventionen können dazu beitragen, die Kosten für Gebäudesanierungen zu senken. Ein konkretes Beispiel aus dem Bericht ist, die Asbestsanierung mit der Installation von Solarpaneelen zu koppeln. Die Bürger und Eigentümer sollten zudem über die Vorteile informiert werden, während Planungs- und Kommunalbehörden die Rahmenbedingungen für integrierte Renovierungen schaffen.
Länderübergreifende Anerkennung von Qualifikationen
Regierungen sollten Qualifikationen für Elektriker und Installateure gegenseitig anerkennen. Die EU sollte einen gemeinsamen Zertifizierungsstandard entwickeln und die Entsendung sowie den Austausch von Arbeitskräften zwischen den Ländern erleichtern.
Zuwanderungspolitik anpassen
Die EU sollte SPE zufolge die Einreise und die legale Migration von Fachkräften aus Drittländern erleichtern. Talentpartnerschaften und der EU-Talentpool wären Optionen.
SPE und die Industrie fordern also, dass sich die Politik nicht nur darauf konzentriert, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch auf Art und Qualität der Qualifikationen. Dabei stelle es eine Herausforderung dar, genau zu identifizieren, wo Defizite bestehen und sicherzustellen, dass alle Beschäftigten in der Solarbranche die erforderlichen Kompetenzen besitzen.