Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hat die Regierung im Juni das „Klimaschutzgesetz“ überarbeitet. Demnach soll Deutschland nun bis 2045 emissionsneutral werden, bis 2030 sollen 65 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als 1990. Mit den bisherigen Maßnahmen – da ist sich die Fachwelt weitgehend einig – wird das nicht gelingen.
Kurz vor der Bundestagswahl 2021 haben nun der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sowie die drei Think-Tanks Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende und Agora Verkehrswende Handlungsempfehlungen für die zukünftige Bundesregierung präsentiert, wie Deutschland diese Ziele erreichen und seine internationalen Verpflichtungen einhalten kann.
Alle Empfehlungen haben aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive die Verbindung aus Ökologie und Ökonomie sowie einen sozialen Ausgleich zusätzlicher Kosten im Blick, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen.
Die verschiedenen Blickwinkel führen jedoch nicht zu gegensätzlichen Ergebnissen. Im Gegenteil: Beide Empfehlungskataloge weisen nahezu identische Ausbauziele für Erneuerbare Energien auf: Im Jahr 2030 soll in Deutschland 70 Prozent des Stroms aus regenerativen Quellen kommen. Die Kapazität der Windkraft an Land soll sich dafür in den nächsten acht Jahren auf 100 Gigawatt (GW) etwa verdoppelt, die der Photovoltaikanlagen auf 150 GW verdreifachen. Nur die Kapazität der Offshore-Windkraft setzt das Stiftungsgespann mit 25 GW bis 2030 und 60 GW bis 2040 deutlich höher an, als der Branchenverband, der zu 40 GW bis 2040 rät.
Eine detaillierte Studie zum künftigen Ausbau der Nutzung von Solarenergie hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) im Auftrag von Greenpeace veröffentlicht. Die PDF-Datei zum Download finden Sie hier.
Ähnlich einhellig fordern die Experten eine Stärkung des Netzausbaus, der Ladeinfrastruktur für E-Autos und der Gas- und Wasserstoffinfrastruktur inklusive Förderungen für Erzeugung klimaneutraler Gase. Damit sind in beiden Fällen weniger finanzielle Zuwendungen gemeint, sondern vor allem Rechtssicherheit und Bürokratieabbau zur effizienten Beschleunigung der Prozesse.
Auch darüber, dass die Strompreise sinken müssen und die EEG-Umlage abgeschafft werden sollte, sind sich die Experten einig. Mit dem Enddatum für die EEG-Umlage bis spätestens Ende 2024 sind die gemeinnützigen Think-Tanks etwas ambitionierter als der BDEW, der der künftigen Regierung bis 2026 Zeit gibt.
Unterschiede ergeben sich eher in der Umsetzung, also wenn es um Anreizsysteme oder konkrete Fördermaßnahmen geht. Und teilweise gehen die Herausgeber in ihren Veröffentlichungen an unterschiedlichen Stellen tiefer ins Detail. So präsentiert der BDEW konkretere Vorschläge zum Ausbau der Ladeinfrastruktur, während die Stiftungen auf die Elektrifizierung der öffentlichen Beförderungsunternehmen eingehen.