Viele denken bei den Emittenten von Treibhausgasen zunächst an Industrie und Verkehr. Tatsächlich aber entstehen 39 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen beim Bau und der Nutzung von Gebäuden. Auf diese Zahl kommt die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem 2019er-Bericht für die Global Alliance for Building and Construction (GABC), eine multinationale Initiative unter Leitung des UN-Umweltprogramms UNEP. 36 Prozent der weltweit genutzten Endenergie entfallen demnach auf diesen Sektor.
Im Gebäudesektor entstehen Treibhausgasemissionen auf unterschiedlichste Weise. Zum einen ist da der Bau selbst. Dies allein macht weltweit elf Prozent der CO2-Emissionen aus. Ins Gewicht fallen hierbei vor allem die Emissionen der Baustoffhersteller und der Baumaschinen. Hinzu kommen die direkten Emissionen aus der Gebäudenutzung etwa durch fossil befeuerte Heizungen, Herde und Warmwasseranlagen. Schließlich werden auch Emissionen dazugerechnet, die bei der fossilen Erzeugung von Strom anfallen, der in Gebäuden verbraucht wird – zum Kochen, zur Beleuchtung und, in wachsendem Maße, zur Kühlung der Gebäude. Diese indirekten Emissionen machten 2018 fast die Hälfte der Gebäudeemissionen aus. Dies verdeutlicht, wie wichtig die Dekarbonisierung der Stromerzeugung auch für die Klimabilanz des Gebäudesektors ist. Obwohl viele Anlagen energieeffizienter geworden sind, ist der Stromverbrauch in Gebäuden zwischen 2010 und 2018 um 19 Prozent gestiegen. Gründe dafür liegen im Wohlstandswachstum und in der globalen Landflucht.
Im Jahr 2018 lebten rund 55 Prozent der Weltbevölkerung in Städten. Bis 2050, schätzt die UN, werden es 69 Prozent sein. Und auch die Bevölkerung selbst dürfte weiterwachsen. Insgesamt könnte dadurch allein die globale Stadtbevölkerung bis 2050 um 2,5 Milliarden Menschen wachsen. Damit einhergehend könnten auch der Energiebedarf und die Emissionen des Gebäudesektors wachsen – wenn nicht nur Wohnimmobilien, sondern auch Geschäfte, Büros, Ämter, Restaurants und allerlei andere Gebäude, die zum städtischen Leben gehören, neu gebaut und genutzt werden. Zwischen 2010 und 2018 wuchs die Weltbevölkerung um knapp zehn Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs jedoch die Gebäudefläche pro Kopf um 23 Prozent. Die Emissionen des Gebäudesektors derweil stiegen um lediglich sieben Prozent. Die Emissionen gemessen an der Fläche sind also gesunken.
Auch hier besteht eine enge Korrelation zum Energiebedarf pro Quadratmeter: Der ist laut GABC-Report zwischen 2010 und 2018 in vielen Bereichen gesunken: Beim Heizen um 20 Prozent, beim Beleuchten um 17 Prozent, aber auch beim Kochen und der Warmwassergewinnung. Um rund sieben Prozent gestiegen ist dagegen die Energieintensität der Kühlung von Gebäuden. Und während die Effizienzgewinne zuletzt flacher verliefen, stieg der Mehrverbrauch der Klimaanlagen deutlicher – allein im Jahr 2018 um 2,7 Prozent.
Obwohl also die Energieintensität der Gebäude abnimmt, verbrauchen sie mehr Energie und erzeigen mehr Emissionen, weil das Wachstum des Gebäudesektors größer ist als die Effizienzgewinne. Dabei ist die Raumklimatisierung, die 2018 nur sechs Prozent des gesamten Energiebedarfs von Gebäuden ausmacht, der mit Abstand am schnellsten wachsende Faktor.
Damit sich das eines Tages ändert, verschreiben sich immer mehr Staaten, Städte und Unternehmen dem Ziel, den Gebäude- und Bausektor emissionsfrei zu machen. Eine wachsende Zahl von Staaten unterhält einen eigenen Rat dafür. Regierungen erlassen strengere Regulierungen und unterstützen Zertifizierungen, mit denen Gebäudeemissionen transparenter werden sollen. Im Vereinigten Königreich sind im Januar die ersten elf Bürogebäude als emissionsneutral nach den 2019er-Kriterien des nationalen Green Building Council zertifiziert worden. In Deutschland zertifizieren verschiedene Instanzen Gebäude als klima- oder emissionsneutral, wenn der dort produzierte grüne Strom die entstandenen Emissionen aufwiegt.
Das Net Zero Carbon Buildings Commitment des World Green Building Council haben 48 Unternehmen wie Goldman Sachs, das Architekturbüro Foster + Partners sowie zahlreiche Immobiliengesellschaften unterschrieben. Damit verpflichten sie sich dazu, dass alle Gebäude, die ab 2030 mit ihrer Beteiligung gebaut und grundsaniert werden, emissionsneutral sein müssen. Bis 2050 dann dürfen auch heutige Bestandsgebäude nicht mehr Treibhausgase emittieren, als sie binden. Darüber hinaus haben sich 28 Städte und sechs Regionen – darunter Baden-Württemberg, Schottland und Kalifornien – der Selbstverpflichtung in unterschiedlicher Ausgestaltung angeschlossen. Die finnische Hauptstadt Helsinki etwa will 2035 CO2-neutral werden.
Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung wird es nicht leicht, den Bau und Betrieb von Gebäuden bis 2050 emissionsneutral nachhaltig zu machen. Doch genau dies müssen die meisten Länder der Erde schaffen, um ihre Klimaziele zu erreichen. Und es ist möglich. Die gesamte Branche – von der Baustoffindustrie bis hin zu den Architekten – haben die Herausforderung angenommen und innovative Produkte und Konzepte entwickelt: Vom grünen Zement über passives Klimamanagement bis hin zur Solarstromerzeugung über Photovoltaikzellen in der Fassade. Ausgeschlossen ist es nicht, dass Gebäude einst sogar mehr grüne Energie abgeben, als sie verbrauchen.
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