Moderne Windenergieanlagen sind oft deutlich über 200 Meter hoch – und stellen ein potenzielles Hindernis für den Flugverkehr dar. Denn die Sicherheitsmindesthöhe für Luftfahrzeuge beträgt in Deutschland 150 Meter. Damit Piloten Windräder auch bei Nacht gut sehen können, müssen diese ab einer Höhe von 100 Metern mit Kollisionswarnlichtern ausgestattet sein. Bisher blinkt die Beleuchtung meist dauerhaft, was vielen Anwohnern in der Nähe von Onshore-Windparks ein Dorn im Auge ist. Doch es gibt eine Lösung.
Verschiedene Technologien ermöglichen eine sogenannte bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK) von Windrädern. Das bedeutet: Sie erkennen, wenn sich ein Flugzeug oder Hubschrauber nähert, und schalten erst dann das Gefahrenfeuer ein. Zu anderen Zeiten blinkt die Beleuchtung also nicht. Bis Ende 2022 müssen alle Onshore-Windkraftanlegen in Deutschland mit der Technik ausgestattet sein, bei Offshore-Windrädern endet die Frist am 31.12.2023. Laut aktuellen Zahlen waren Ende 2021 knapp 30.000 Windräder in Betrieb. Einige Betreiber haben zwar bereits umgerüstet, Schätzungen zufolge steht das bei etwa 14.000 Anlagen allerdings noch aus.
Die Positionsbestimmung von Luftfahrzeugen kann über Transpondertechnik (Sekundärradar) erfolgen. Mit Transpondern kommunizieren Airliner untereinander. Ein Sender an Bord der Flugzeuge sendet dazu Signale aus, die von anderen empfangen und ausgewertet werden. Das Unternehmen Lanthan Safe Sky mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf hat das weltweit erste BNK-System entwickelt, das das TCAS mitnutzt.
„Wir installieren am Windrad einen Verkehrsempfänger inklusive Antenne, der die Signale aufnimmt, die Luftfahrtzeuge per Transponder zur Positionsbestimmung sekündlich aussenden. Der Empfänger schickt diese zur Auswertung an unseren bundesweiten Server. Dieser sendet dann wiederum Schaltsignale zurück, die der Empfänger an den Gefahrenfeuerschaltschrank weitergibt“, fasst Gerd Möller, Gesellschafter bei Lanthan Safe Sky, die Funktionsweise der BNK zusammen.
Die Kommunikation mit dem Server läuft über das LTE-Netz oder eine DSL-Verbindung in der Gondel. Bei Windparks muss aber nicht jedes einzelne Windrad mit der Technologie ausgestattet werden. Der Verkehrsempfänger kann Signale in einem Radius von bis zu zehn Kilometern empfangen und mit Schaltschränken in diesem Umkreis kommunizieren. „In den meisten Fällen erreichen wir so eine sehr hohe Ausschaltzeit. Sogar in Flughafennähe bleiben die Leuchten im Durchschnitt über 98 Prozent der Zeit aus“, sagt Gerd Möller.
Andere Unternehmen werben mit ähnlich hohen Ausschaltzeiten auch bei der Nutzung von Primärradar zur Positionsbestimmung. Dazu werden Sensoren im Windpark installiert, die Funkwellen senden und die von Flugzeugen oder Hubschraubern reflektierten Signale auswerten, um zu ermitteln, wie weit diese entfernt sind. Allerdings gibt es gerade bei kleineren Luftfahrzeugen technische Grenzen.
Die BNK bietet zahlreiche Vorteile. „Das stärkste Argument ist sicherlich, dass sich dadurch die Lichtverschmutzung signifikant reduziert“, sagt Gerd Möller. Das erhöhe nicht nur die Akzeptanz bei Anwohnern, sondern sei auch aus Umweltschutzaspekten sinnvoll. Obwohl die smarte Technologie noch keine Pflicht war, seien einige Genehmigungen daher schon vor der Verpflichtung an den Einsatz von BNK geknüpft, so der Experte.
Aber auch der Flugverkehr profitiere davon, wenn die Kollisionswarnlichter nicht permanent blinken. „Piloten sehen dann nur für sie wirklich relevante Leuchten. Das erhöht die Sicherheit“, erläutert Möller und nennt direkt ein weiteres Argument für das System: „Wir gehen davon aus, dass sich die Lebenszeit der Signallampen von aktuell 20 Jahren verdoppeln wird, wenn diese nicht im Dauereinsatz sind.“
Über 12.000 Verkehrsempfänger sind von den Gründerfirmen der Lanthan Safe Sky nach eigenen Angaben in Europa bereits installiert. Die erste Transponder-BNK ist seit über zehn Jahren im Windpark Wiemersdorf in Schleswig-Holstein im Einsatz. Seitdem hat das Unternehmen die Technologie stetig weiterentwickelt. „Inzwischen passt die gesamte Technik in einen 40 mal 60 Zentimeter großen Schaltschrank und auch die Kosten sind signifikant gesunken“, so Möller.