In keine Energiequelle flossen zuletzt so hohe Investitionen wie in die Solarenergie. Das zeigt eine aktuelle Studie (Link in Englisch) der Internationalen Energieagentur (IEA). Bereits seit einigen Jahren gilt Photovoltaik als günstigste Form der Stromerzeugung – auch, weil die Effizienz der Anlagen durch Innovationen stetig steigt. Eine davon ist die sogenannte n-Typ-Solarzelle. Das ist, vereinfacht ausgedrückt, eine umgekehrt aufgebaute herkömmliche Zelle. Sie kann höhere Wirkungsgrade erreichen und ist langlebiger. Experten erwarten, dass die Technologie schon bald marktführend sein wird.
Grundsätzlich ähneln n-Typ-Solarzellen den herkömmlichen p-Typ-Solarzellen, in ihrer Funktionsweise: Beide wandeln Sonnenlicht in elektrische Energie um. Das passiert in verschiedenen Schichten aus dem Halbleitermaterial Silizium: Die Zellen bestehen aus einer negativ dotierten n-Schicht, einer positiv dotierten p-Schicht sowie einer Grenzschicht, dem p-n-Übergang.
Bei Dotierungsverfahren werden Fremdatome in das Halbleitermaterial eingebracht, um die elektrische Leitfähigkeit gezielt zu verändern. Man unterscheidet dabei zwischen p-Dotierung und n-Dotierung.
Bei der n-Dotierung werden Fremdatome implantiert, die als Elektronendonatoren fungieren. Das heißt: Sie geben Elektronen ab. Bei der p-Dotierung werden Elektronenakzeptoren implantiert, die ebendiese Elektronen aufnehmen. In der Anwendung reagieren also beide Schichten in Abhängigkeit voneinander.
Der entscheidende Unterschied zwischen p- und n-Typ-Solarzellen ist das Material der Basis – also der dickeren Halbleiterschicht: Bei p-Typ-Zellen besteht diese aus Silizium, das mit Bor-Atomen positiv dotiert wurde. Bei n-Typ-Zellen aus mit Phosphor- oder Arsen-Atomen negativ dotiertem Silizium. In beiden Zelltypen ermöglicht der p-n-Übergang den Stromfluss zur jeweils gegensätzlich dotierten Siliziumschicht.
Die umgekehrte Bauweise macht n-Typ-Solarzellen weniger anfällig für Leistungsverluste. Bei p-Typ-Zellen kommt es zum Beispiel immer wieder zu Leistungseinbußen, wenn zum ersten Mal Sonnenlicht auf die Module fällt. Man spricht dabei von einer Anfangsdegradation. Experten vermuten dahinter eine Reaktion der positiven Bor-Dotierung mit Sauerstoff. Weil der größere Teil des Siliziums von n-Typ-Zellen mit Phosphor dotiert ist, tritt das Phänomen bei ihnen nicht auf. Außerdem reagieren Phosphor und Arsen weniger empfindlich auf metallische Verunreinigungen, die während der Produktion entstehen können als Bor.
Diese Eigenschaften kombiniert mit hocheffizienten Zelltechnologien haben bereits Wirkungsgradrekorde hervorgebracht. So konnte etwa das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE einen Weltrekord brechen.
Dem Forscherteam gelang es, eine n-Typ-Solarzelle nach dem am Fraunhofer ISE entwickelten „TOPCon“-Modulaufbau (Tunnel Oxide Passivated Contact) mit einem Wirkungsgrad von 26 Prozent zu konstruieren. Dabei wird eine wenige Nanometer dünne Schicht Siliziumoxid – die „Tunnelschicht“ – sowie eine weitere Schicht aus hochdotiertem Silizium auf die Zelloberfläche aufgetragen. Das verbessert die elektrische Leitfähigkeit und reduziert Übertragungsverluste.
Beidseitig kontaktierte Solarzellen haben das Potenzial für Wirkungsgrade bis zu 27 Prozent und sind damit auch geeignet, den bisherigen Weltrekord für Silicium-Solarzellen zu übertreffen. Prof. Stefan Glunz, Bereichsleiter Photovoltaik-Forschung am Fraunhofer ISE
Doch auch andere, bereits bewährte Zelltechnologien können für n-Typ-Zellen genutzt werden. Eine davon ist die PERC-Technologie (Passivated Emitter and Rear Cell). Dabei wird eine spezielle Beschichtung, zum Beispiel aus Aluminiumoxid, auf der Rückseite aufgetragen. Das trägt ebenfalls dazu bei, Effizienz und Lebensdauer der Solarzellen zu erhöhen.
Und auch sogenannte Heterojunction-Solarzellen können aus n-Typ-Material produziert werden. Dabei handelt es sich um eine Kombination verschiedener Zelltypen. Sie können sowohl direkte Sonneneinstrahlung als auch diffuses Licht effizient in Strom umwandeln – bei Wirkungsgraden von 23 bis 24 Prozent. Durch ihre dünne und flexible Form sind sie vielseitig einsetzbar. Außerdem ist die Herstellung vergleichsweise einfach und kostengünstig.
In der Photovoltaik beschreibt der Wirkungsgrad den Anteil der einstrahlenden Sonnenenergie, den die Solarzelle in elektrische Energie umwandelt. Der Wert variiert je nach Zelltyp und Material. Gängige Solarzellen aus Silizium erreichen Wirkungsgrade von bis zu 22 Prozent, unter Laborbedingungen auch höhere. Das physikalische Limit des Halbleitermaterials liegt bei 29,4 Prozent.
N -Typ-Zellen geringfügig teurer in der Herstellung als p-Typ-Zellen. Ein Grund dafür ist das kompliziertere Herstellungsverfahren. Lange Zeit stellte zum Beispiel die Behandlung der Oberfläche Forscher vor Herausforderungen. Denn herkömmliche Verfahren funktionierten nicht.
Inzwischen sind diese Schwierigkeiten überwunden und immer mehr Hersteller setzen auf die Technologie. Ein Feldversuch des Unternehmens JA Solar (Link in Englisch) zusammen mit dem TÜV Nord belegt die Vorteile in der Praxis: Im Testzeitrau von einem Jahr waren n-Typ-Zellen 3,9 Prozent effizienter als p-Typ-Zellen. Bei Tests des PV Evolution Labs (Link in Englisch) erreichten Zellen unterschiedlicher Hersteller meist ein Effizienzplus von um 1,5 Prozent. Diese Effizienzvorteile zusammen mit Skaleneffekten durch größere Produktionslinien könnten die Mehrkosten schon bald aufwiegen.
Laut der aktuellen International Technology Roadmap for Photovoltaic (ITRPV) (Link in Englisch) des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) liegt der Marktanteil von n-Typ-Materialien derzeit bei 15 Prozent, wird jedoch bis 2033 auf etwa 65 Prozent steigen. Bei den Zelltypen könnte im selben Zeitraum die zurzeit gängigste PERC-Technologie von TOPCon und Heterojunction mit Marktanteilen von 60 beziehungsweise 19 Prozent abgelöst werden.
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