Die Anfang Juli von der britischen Regierung veröffentlichte Green Finance Strategy soll das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Finanzierungsstrategie unter Einbezug ökologischer Kriterien schärfen.
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weitere InformationenIn ihrem zu Beginn des Jahres veröffentlichten Bericht World Energy Investment 2019 vermeldet die Internationale Energieagentur (IEA) wenig positives: Demnach gebe es wenig Anzeichen für eine wesentliche Umverteilung von Kapital, wie sie erforderlich wäre, um die [Energie‑]Investitionen mit dem Pariser Abkommen sowie anderen nachhaltigen Entwicklungszielen in Einklang zu bringen. Stattdessen stellt der Bericht fest, dass in einigen Bereichen die Investitionen in die CO2-arme Nachfrage und Versorgung stocken, und zwar unter anderem, weil die Politik bekannte Risiken nicht bekämpft.
Diese Ergebnisse zeigen das Problem auf, dass Kapitalflüsse vom finanziellen Interesse der Investoren getrieben sind, unabhängig davon, ob es sich dabei um Unternehmen oder einfache Bürger handelt, die zum Beispiel mit einem Rentenfonds für ihre Zukunft sparen. Der Fokus allein auf die finanzielle Rendite lässt externe Kosten, wie die Schädigung der Umwelt, außer Acht.
Sowohl die IEA als auch der Weltklimarat der Vereinten Nationen haben dargestellt, wie in den nächsten Jahrzehnten Billionen von Dollar in die Entwicklung und den Einsatz sauberer Energie gelenkt werden müssen, wenn die Erderwärmung auf die im Pariser Klimaabkommen anvisierten 1,5 Grad Celsius über den vorindustriellen Temperaturen beschränkt bleiben soll.
Mit dem erweiterten Verständnis des Klimawandels und potenzieller Lösungen zur Schadensminderung ist deutlich geworden, dass sich auch die Prioritäten ändern müssen, auf denen Investitionen beruhen. Anders gesagt: Es ist eine Finanzierung nach ökologischen Kriterien nötig, um nachhaltiges Wachstum zu unterstützen – also ein Wirtschaftswachstum, das Menschen Arbeitsplätze und Chancen bietet, ohne dabei die Treibhausgasemissionen zu erhöhen.
Die Anfang Juli von der britischen Regierung veröffentlichte Strategie für ökologische Finanzen (Green Finance Strategy) soll dieses Problem angehen. So werden Vorschläge zu ökologischen Finanzen als Kern der Clean-Growth-Strategie für umweltverträgliches Wachstum vorgestellt, und der Bericht der Green Energy Taskforce Accelerating Green Finance von Mai 2018 wird inhaltlich weitergedacht.
In der Green Finance Strategie wird argumentiert, dass sich das Finanzsystem verändern muss – nicht nur um die Auswirkungen des Klimawandels zu entschärfen, sondern auch um die Widerstandsfähigkeit gegen die durch den Klimawandel für die Wirtschaft entstehenden Risiken zu stärken.
Demnach sollte dieser finanzielle Wandel darüber hinaus gehen, einfach nur saubere Energieprojekte zu finanzieren, um sicherzustellen, dass Umweltfaktoren vollständig in Investitionsentscheidungen einbezogen werden.
Dies hätte bedeutende Auswirkungen auf Energieunternehmen wie RWE, das als „RWE Renewables“ erhebliche Investitionen in Erneuerbare Energien wie z.B. Offshore-Windparks in Großbritannien plant. Um ein solides Geschäftsmodell aufzubauen und die Energiewende voranzutreiben, übernimmt RWE das Geschäft der Erneuerbaren von E.ON und innogy, und will so eine weltweit führende Rolle in der regenerativen Stromerzeugung einnehmen. Für den Ausbau der Erneuerbaren will RWE etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bereitstellen.
Die Energieunternehmen verfolgen unterschiedliche strategische Ansätze bei der Finanzierung sauberer Energieprojekte, zu denen sowohl der Einsatz von Eigenkapital als auch die Finanzierungen über die Finanzmärkte gehört.
Mit der Green Finance Strategy sollen die Finanzflüsse im Privatsektor mit nachhaltigem Wachstum in Einklang gebracht werden. Sie besteht aus drei wesentlichen Komponenten:
Mit dem ökologischen Umbau des Finanzsystems wird empfohlen, dass alle börsennotierten Unternehmen und Großanleger bis zum Jahr 2022 Informationen zum Umweltschutz und Klimawandel im Einklang mit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Offenlegung klimarelevanter Finanzen (Task Force on Climate-Related Financial Disclosures) bereitstellen.
Des Weiteren wird die Erarbeitung nachhaltiger Finanzstandards befürwortet und eine Benennung von Verantwortlichkeiten verschiedener öffentlicher Einrichtungen hinsichtlich der Bereitstellung von Informationen gefordert. Es geht darum, die Transparenz zu fördern sowie Daten und Informationen zur Verfügung zu stellen, die dann als Orientierung bei finanziellen Entscheidungen dienen können. So sollen Kapitalflüsse im Privatsektor zu nachhaltigen Projekten gelenkt werden, um die nationalen und internationalen Umweltschutzziele der Regierung zu unterstützen. Dazu gehören die Festlegung langfristiger politischer Rahmenbedingungen, ein verbesserter Zugang zur Finanzierung grüner Investitionen sowie die Entwicklung neuer Ansätze und Arbeitsweisen. Dieses Element der Strategie zielt darauf ab, die Möglichkeiten für umweltfreundliche Finanzierungen zu verbessern, indem Hindernisse für deren Einsatz beseitigt werden.
Als dritte Komponente zielt die Nutzung sich bietender Chancen darauf ab, dass die britischen Finanzindustrie von den kommerziellen Möglichkeiten der grünen Finanzierung profitiert und sich das Vereinigte Königreich als globale Drehscheibe für grüne Finanzen positioniert. Dazu gehört auch die Einrichtung eines Green Finance Institute, das die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor stärken soll.
Die Green Finance Strategy ist ein wichtiger Schritt, damit Investitionsentscheidungen langfristige, potenziell unumkehrbare Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen. Dies wiederum sollte dazu beitragen, Kapital in Projekte der Solar- und Offshore-Windenergie zu lenken, um das von der IEA festgestellte Investitionsdefizit zu auszugleichen.
Die britische Regierung wird die Fortschritte in diesen Bereichen bis Ende 2020 überprüfen, eine formelle Überprüfung der Strategie ist für 2022 geplant.