Der Netzausbau ist zum zentralen Thema der Energiewende geworden. Wie kann der Bau von dringend benötigten Trassen gefördert werden?
Strom statt Benzin. Elektrische Wärmepumpen statt Ölheizung. Mehr und mehr Energie soll künftig aus der Steckdose kommen. Aber schon heute klagen die Netzbetreiber zeitweise über Engpässe. Die Leitungen müssen also leistungsfähiger werden, denn der Strom aus Wind- und Solarparks wird häufig hunderte Kilometer entfernt von den Verbrauchszentren produziert. Ohne Netzausbau – da ist sich die Fachwelt einig – wird die Energiewende nicht gelingen.
Die gute Nachricht vorweg: Es gibt zahlreiche innovative Ansätze, wie die Stromnetze auf die wachsenden Aufgaben vorzubereiten sind.
Doch das Thema hat auch eine Kehrseite: Der Netzausbau ist sowohl eine technische als eine politische Herausforderung. Dringend benötigte Stromtrassen sind vor allem bei Anwohnern zunehmend unbeliebt. Verwaltungsprozesse, die für den Ausbau einer Stromleitung erforderlich sind, ziehen sich deshalb in die Länge – und mit ihnen der Netzausbau. Das kostet Zeit. Und Geld. Denn immer häufiger werden neue Stromautobahnen unterirdisch verlegt.
Der stockende Ausbau der Stromnetze sorgt schon jetzt für erhebliche Kosten. In Deutschland haben die Ausgleichsmaßnahmen für fehlende Übertragungskapazitäten 2017 1,4 Milliarden Euro gekostet.
Übertragungsnetzbetreiber betreiben das Hochspannungsübertragungsnetz in Deutschland
beträgt die Gesamtlänge der großen Übertragungsnetze in Deutschland
prognostizieren die Netzbetreiber für Investitionen in das deutsche Übertragungsnetz (On- und Offshore) bis 2030
Herausforderungen beim Netzausbau haben zahllose Unternehmen dazu veranlasst, nach Lösungen zu suchen. Beispielsweise könnten Supraleiter den Platzbedarf im Verhältnis zur übertragenen Leistung drastisch reduzieren. Supraleiter sind Kabel, die nahezu keinen elektrischen Widerstand haben und dadurch ein Vielfaches an Strom übertragen können. Gleichzeitig wird erforscht, wie mehr Strom in das vorhandene Netz passt. Die Idee dahinter: Vorhandene Redundanzen – also Reservekapazität, die bisher nur in Notfällen aktiviert werden – könnten auch im regulären Betrieb zur Stromübertragung genutzt werden.
Und noch eine weitere Entwicklung deutet darauf hin, dass die Energiewende in Europa nicht an den Stromnetzen scheitert: Politiker verstehen mittlerweile nicht nur den Klimaschutz, sondern auch die Versorgungssicherheit als internationale Aufgabe Denn je effizienter Strom physisch gehandelt werden kann, umso einfacher können die Stromquellen genutzt werden, die den preiswertesten und klimafreundlichsten Strom produzieren.
Dies gilt umso mehr, wie der Anteil von Wind- und Sonnenenergie am Strom steigt: Denn die Abweichungen zwischen Produktion und Verbrauch müssen überbrückt werden – entweder zeitlich, durch Speicherung, oder räumlich, durch Stromleitungen.
Am Ende wird wohl eine Mischung erforderlich sein. In welcher Zusammensetzung, darüber sollten die Grenzkosten der jeweiligen Technologie entscheiden. Doch auf absehbare Zeit wird der Netzausbau wohl für das Gros des Bedarfs die preiswertere Variante sein. Auch deshalb verbinden viele Länder, allen voran das Vereinigte Königreich, ihre Stromnetze durch Interkonnektoren mit ihren Nachbarn.
Mit der Serie Netzausbau unterstreicht der en:former die Dringlichkeit der Herausforderung und en:formiert aus unterschiedlichen Perspektiven über die wichtigsten Aspekte des Themas.
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