Weltweit ist die Offshore-Windenergie auf Wachstumskurs: In Europa soll die installierte Leistung von aktuell 12 Gigawatt (GW) bis 2030 auf 60 GW, und bis 2050 sogar auf 300 GW massiv ausgebaut werden – diese überaus ambitionierten Ziele hat die Europäische Kommission mit Blick auf den Green Deal Ende 2020 verkündet. In den USA, vor deren Küste bislang nur wenige Pilotanlagen stehen, verfolgen mehrere Bundesstaaten sehr ehrgeizige Ausbaupläne. Die ersten größeren Projekte sind in Planung, bis 2030 könnten Windparks mit einer Gesamtkapazität von 15 GW entstehen. Und auch in Asien setzen neben der Volksrepublik China immer mehr Staaten auf die Offshore-Windkraft.
Um diese Pläne umzusetzen, braucht es neben Kapital auch Fachkräfte. Denn die Offshore-Windparks müssen aufwendig geplant, gebaut und gewartet werden. Was diese Pläne für der Bedarf an Arbeitskräften bedeutet, hat das unabhängige Energieforschungs- und Business-Intelligence-Unternehmen Rystad Energy berechnet. Das Fazit der Studie: 2030 werden weltweit dreimal so viele Fachkräfte benötigt wie bisher.
Rystad Energy schätzt, dass die installierte Leistung von Offshore-Windparks bis 2025 weltweit auf 110 GW und bis 2030 auf 250 GW steigen könnte. Ein Viertel davon wird voraussichtlich auf China entfallen. Dieses rasante Wachstum wird viele qualifizierte Mitarbeiter erfordern. Sind aktuell noch etwa 297.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt in der Branche angesiedelt, könnten es in der Mitte des Jahrzehnts schon 589.000 sein und am Ende sogar 868.000. Die Experten gehen dabei von sogenannten Vollzeitäquivalenten aus, also jeweils einem Jahr Vollzeitbeschäftigung für eine Person.
Die Arbeitsplätze verteilen sich auf zwei Bereiche: Bau und Entwicklung sowie Betrieb und Wartung. Aktuell sind 93 Prozent der Jobs im Bereich Bau und Entwicklung angesiedelt. In den kommenden Jahren wird dieser Anteil zwar etwas kleiner werden, aber auch 2030 werden Rystad zufolge mit 88 Prozent noch ein Großteil der Arbeitskräfte mit der Herstellung von Turbinen und Fundamenten, der Installation von Windrädern und der Planung von Offshore-Parks beschäftigt sein. Bis 2030 werden 54 Prozent der neuen Jobs allein in der Turbinenfertigung entstehen. Vor allem Unternehmen wie Siemens Gamesa, Vestas oder GE Renewable Energy werden demnach mehr Fachkräfte brauchen, so die Einschätzung der Rystad-Experten.
Grund dafür ist, dass bei einem Offshore-Windpark in der Regel rund zwei Drittel der Investitionskosten vor Inbetriebnahme anfallen. Solange also die Kapazitäten in großem Stil ausgebaut werden, wird laut Studie auch dort das Arbeitspotenzial steigen. Stark wachsen werde der Anteil der Arbeitskräfte, die sich um den Betrieb der Windparks kümmern. Denn durch den Zubau müssen immer mehr Windräder über einen Zeitraum von 20 Jahren und mehr gewartet werden.
Die Analyse zeigt außerdem, dass es bei dieser Entwicklung durchaus regionale Unterschiede geben wird. In Europa, das beim Ausbau vorangeht, könnte sich der Bedarf an Fachkräften bis 2030 von 110.000 auf 350.000 mehr als verdreifachen. Das Wachstum wird voraussichtlich bis 2025 besonders stark ausfallen. In Asien (ohne China) hingegen wird der Boom erst in der zweiten Hälfte der Dekade erwartet. Die Volksrepublik wird ihre Offshore-Kapazitäten zwar weiter vergrößern, in Bezug auf den Arbeitsmarkt wird jedoch eine Stagnation erwartet. Der Blick auf Amerika lässt erwarten, dass vor allem in den USA, aber auch in Brasilien große Projekte um die Wende des Jahrzehnts herum realisiert werden.
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