Knappe Güter haben einen Preis, je knapper desto höher. Bei Treibhausgasen ist es umgekehrt: Sie sind im Überfluss vorhanden, insbesondere in der Atmosphäre. Ziel muss aber sein, Emissionen zu vermeiden. Wenn sie einen Preis bekommen, sind die Anreize dazu besonders hoch.
Zum Teil ist das schon so. Im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS) müssen Stromerzeuger, energieintensive Industriebetriebe und kommerzielle Luftfahrtgesellschaften für ihre Emissionen Zertifikate erwerben. Derzeit kosten die Emissionsrechte für eine Tonne CO2-Äquivalente um die 25 Euro.
Auch in anderen Teilen der Welt gibt es Emissionshandelssysteme. Doch keines von ihnen umfasst alle Emissionen. Dabei hat eine Tonne Kohlendioxid, beziehungsweise das Äquivalent anderer Treibhausgase, immer den gleichen Klimaeffekt – egal, ob sie aus einer Fabrik stammt oder aus dem Auspuff eines Autos, dem Schornstein eines Wohnhauses oder dem Darm einer Kuh. Doch nur in Einzelfällen müssen Emittenten und ihre Kunden dafür bezahlen.
Genau darüber ist in Deutschland eine Debatte entbrannt. Dreh- und Angelpunkt ist die Ausweitung der Bepreisung von Treibhausgasemissionen. Über das Wie ist man sich weniger einig. Eine Lösung wäre eine nationale CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe. Christoph M. Schmidt, Vorsitzender der „Wirtschaftsweisen“, schlägt zunächst 20 Euro pro Tonne CO2 vor, später müsste der Preis steigen.
Es gibt jedoch auch andere Stimmen: Die Bundesregierung betont soziale und wirtschaftliche Aspekte: Wenn Benzin, Diesel und Heizöl teurer werden, treffe das einkommensschwächere Haushalte doppelt. Wegen des niedrigen Einkommens und weil ihre Wohnungen oft schlechter gedämmt sind und das Heizen einen höheren Anteil ihrer Wohnkosten einnimmt.
Die Schweiz erhebt seit 2008 eine solche CO2-Steuer. Auch dort gab es ähnliche Sorgen. Zumal die Eidgenossen 96 Franken, etwa 84 Euro, pro Tonne Kohlendioxid zahlen. Um soziale Härten abzufedern, zahlt der Schweizer Fiskus zwei Drittel der Einnahmen als monatliche Pro-Kopf-Pauschale an die Bürger zurück. Mit dem Rest wird beispielsweise die Gebäudesanierung subventioniert. In Deutschland ist die Rede davon, den Bürgern die gesamten Einnahmen zu erstatten. Wer unterdurchschnittlich viel CO2 verbraucht, landet also insgesamt sogar im Plus.
Eine Mehrbelastung über die CO2-Steuer, heißt es aus der Bundesregierung, müsse in jedem Fall vermieden werden. Anstelle direkter Ausgleichszahlungen wird deshalb auch diskutiert, die Stromsteuer und die EEG-Umlage abzuschaffen. Beide führen dazu, dass die Strompreise für Verbraucher in Deutschland zu höchsten der EU gehören, obwohl die Erzeugungskosten zu den niedrigsten gehören. Strom würde dann also zunächst einmal preiswerter, Autofahren und Heizen dagegen teurer.
Die gleichmäßigere Bepreisung soll ganz unwillkürlich signalisieren, wo Treibhausgasemissionen entstehen. Die Idee ist, dass die Menschen ihr Konsumverhalten entsprechend anpassen: das Auto öfter stehen lassen oder langsamer fahren, im Winter mit einem Grad weniger Raumtemperatur auskommen oder in Wärmedämmung investieren.
Kritiker lehnen eine nationale CO2-Bepreisung jedoch ab. Zum einen argumentieren sie, dass der deutsche Beitrag zu den globalen Klimazielen ohnehin sehr begrenzt ist. Zum anderen mit der Begründung, weil sie nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmen in Deutschland belasten würde.
Im internationalen Wettbewerb könnte das ein Nachteil für den Wirtschaftsstandort sein. Wenn die Konjunktur dadurch Schaden nähme, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kürzlich in einer Fernsehsendung, wäre dies ein schlechtes Signal an andere Regierungen: „Dann würden diese Maßnahmen in China, in Indien nicht übernommen, und dann wird dem Klima ein Bärendienst erwiesen.“
Auch dem Wirtschaftsweisen Schmidt wären internationale Lösungen lieber. Konkret plädiert er dafür, den Europäischen Zertifikatehandel auf weitere Sektoren auszuweiten – und am besten auch auf weitere Länder. „In der besten aller Welten gibt es eine vollständig globale Koordination“, sagte Schmidt Ende April dem Handelsblatt. Dann sei es auch nicht nötig, dass benachteiligte Unternehmen Kompensationen für Mehrbelastungen erhalten: „Je mehr Länder mitmachen, desto weniger Ausgleich ist erforderlich.“
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