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Serie Power-to-X Innovation Sektorenkopplung
Power-to-Heat: Windstrom heizt Wohnungen ein
Mit dem Ausbau der Erneuerbaren soll Strom verstärkt in der Fernwärme eingesetzt werden

Power-to-Gas und Power-to-Liquid sind noch Zukunftsmusik. Synthetische Brennstoffe in gasförmiger und flüssiger Form – hergestellt mit Hilfe von Strom aus Erneuerbaren Energien – werden bisher nur in kleinen Versuchsanlagen hergestellt. Ganz anders ist die Situation bei der Power-to-Heat-Technologie: Schon lange wird Strom in Wärme umgewandelt – beispielsweise durch Wärmepumpen. Mit dem wachsenden Anteil von regenerativen Energiequellen am Strommix dürfte die Technik in Zukunft noch wichtiger werden. Im neusten Teil der Serie „Power-to-X“ zeigt der en:former, wie Power-to-Heat hilft, Überschussstrom sinnvoll zu nutzen und die Wärmeversorgung klimafreundlicher zu machen.

Wasserkocher haben eine klar definierte Aufgabe: Spaghetti-Wasser soll schneller kochen, das Kaffeepulver ohne große Wartezeit aufgebrüht werden. In Zukunft könnten sich ihre Einsatzmöglichkeiten allerdings noch deutlich ausweiten: Wasserkocher könnten die Energiewende voranbringen – und damit große Herausforderungen wie das Speicherproblem lösen. Klingt überraschend. Es wird jedoch schon eine Technik erprobt, die nach dem gleichen Prinzip funktioniert: Mittels Stroms wird Wasser erhitzt, nur halt im größeren Rahmen. Eingesetzt werden keine handelsüblichen ein bis anderthalb Liter fassenden Haushaltsgeräte, sondern riesige industrielle Tauchsieder, die zigtausende Liter auf Temperatur bringen können.

Das ist nur ein Beispiel für die sogenannte Power-to-Heat-Technologie. Power-to-Heat, auch als PtH oder P2H abgekürzt, bedeutet zunächst einmal nur die Erzeugung von Wärme mittels elektrischer Energie – es wird also Strom in Wärme umgewandelt. Die Vorteile: Wärme lässt sich sehr viel einfacher als Elektrizität speichern. Und Strom aus Erneuerbaren kann helfen, die Treibhausgasemissionen im Wärmesektor zu senken.

Power-to-Heat:

Auch als PtH oder P2H abgekürzt ist die Erzeugung von Wärme durch elektrische Energie – Strom wird in Wärme umgewandelt.

Die Technik existiert schon länger. Als die effizienteste und wichtigste gilt laut Berliner Bundeswirtschaftsministeriums die Wärmepumpe im Heizkeller: Dabei wird Strom genutzt, um beispielsweise aus der Erde die dort vorhandene Wärme aufzunehmen, zu verdichten und dann für den Betrieb der Heizungsanlage zu verwenden. In rund einem Drittel aller Neubauten werden Elektro-Wärmepumpen eingebaut. Somit wird Strom schon im großen Umfang in Wärme umgewandelt. 

Mehr überschüssiger Strom aus Erneuerbaren

Die Power-to-Heat-Technologie wird aktuell allerdings vor allem mit Hinblick auf ein Problem diskutiert, das sich in Zukunft noch verschärfen wird: Windräder und Photovoltaik-Anlagen erzeugen zeitweise mehr Strom als verbraucht beziehungsweise als transportiert werden kann. Damit das Stromnetz nicht zusammenbricht, werden die Anlagen in diesem Fällen abgeregelt. Das betrifft in erster Linie Windräder im nördlichen Teil Deutschlands. Regenerativ erzeugter Strom wird also quasi verschenkt – und das im großen Maße.

In den Jahren 2017 und 2018 wurden jeweils mehr als fünf Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom abgeregelt. Im ersten Quartal 2019, indem es besonders kräftig stürmte, waren es laut Branchenverband BDEW allein rund 3,2 Milliarden kWh. Zur Einordnung: Mit dem im Januar bis März abgeregelten Strom hätten sechs Millionen E-Autos ein Vierteljahr lang fahren können. Mit dem Ausbau der Regenerativen wird die Frage drängender, wie die zeitweise anfallenden Überschüsse genutzt werden können – auch weil der dringend benötigte Netzausbau nur schleppend vorankommt.

Fernwärme: Strom kann Gas- und Kohleverbrauch senken

Handelsübliche Wärmepumpen im Keller sind allerdings kein geeigneter Abnehmer für große Mengen Überschussstrom, so der Blog Energie-Lexikon. Denn sie erzeugen Wärme nach Bedarf, wenn beispielsweise die Temperatur in einem Raum absinkt. Sie können sich also nur begrenzt nach dem Stromangebot richten. Doch immerhin zeigen Pilotprojekte, dass vernetzte Wärmepumpen im Zusammenspiel mit Batteriespeichern das Stromnetz entlasten können.

Für viel überschüssigen Strom aus Wind und Sonne braucht es also andere Lösungen. Dabei rückt eine andere Form der Wärmeversorgung in den Blick: Fernwärme. Vorwiegend in Gas- und Kohlekraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung wird Wasser erhitzt, das dann mittels Leitungen zu den Verbrauchern gebracht wird. Wird Fernwärme (mit der rund ein Siebtel des Wohnungsbestandes in Deutschland beheizt wird) mittels Stroms aus Erneuerbaren erzeugt, kann der Einsatz von fossilen Brennstoffen reduziert werden. Entsprechend sinken die Emissionen im Wärmesektor.

Die mit Abstand größte Anlage dieser Art steht in Berlin. „Europas größten Wasserkocher“, nennt Betreiber Vattenfall seine Power-to-Heat-Anlage im Heizkraftwerk Reuter. Diese ist seit Mitte September in Betreib. Sie funktioniert nach dem Tauchsiederprinzip und hat eine Leistung von 120 Megawatt thermisch – das entspricht rund 60.000 handelsüblichen Wasserkochern. In drei Elektrodenkessel, die jeweils 22.000 Liter fassen, wird mittels Strom Wasser auf 130 Grad erhitzt. Über einen Wärmetauscher gelangt diese Energie dann in das Fernwärmenetz im Nordwesten Berlins. So erzeugt Vattenfall Fernwärme für bis zu 30.000 Haushalte.

Deutschlands grösste Power-to-Heat Anlage in Berlin Spandau.

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Einsatz bei viel Windstrom

Die Anlage soll allerdings gar nicht im Dauerbetrieb laufen, sondern nur dann, wenn viel Strom aus Erneuerbaren im Netz ist. Genauer gesagt: Wenn die zahlreichen Windräder im benachbarten Brandenburg sich auf Hochtouren drehen. Der Ökostrom ersetzt dann Steinkohle, die ansonsten zur Wärmeerzeugung im Heizkraftwerk eingesetzt wird. Auf diese Weise wird die Fernwärme klimafreundlicher. Außerdem müssen weniger EE-Anlagen abgeregelt werden.

Auch andere Unternehmen erproben Technologien, die Strom in Wärme umwandeln. Beispielsweise plant RWE den Bau eines Wärmespeicherkraftwerks in einem Kohlekraftwerk im Rheinischen Revier. Mit überschüssigem Strom aus Windparks soll Flüssigsalz auf bis 560 Grad erhitzt werden. Der Vorteil: Das heiße Flüssigsalz lässt sich in Tanks gut speichern. Bei Bedarf wird es dann zur Dampferzeugung genutzt, der Dampf wiederum treibt die Turbine des Kraftwerks an und erzeugt so Strom. So kann fluktuierender Strom aus Erneuerbaren gespeichert und in bedarfsgerechte Leistung umgewandelt werden.

„Serie Power-to-X" im en:former

In der „Serie Power-to-X“ stellt der en:former Technologien vor, mit deren Hilfe Strom in andere Energieträger umgewandelt wird. Erschienen sind Beiträge unter anderem zu Power-to-Gas, Power-to-Liquid und allgemein zur Sektorenkopplung. In den kommenden Wochen erklärt die Serie, wie die Technologien in Richtung Marktfähigkeit vorangebracht werden können.

Bildnachweise: © DedMityay, shutterstock.com

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