Keine Frage, der digitale Wandel erleichtert den Alltag immens. Jedoch führt er auch dazu, dass der weltweite Energieverbrauch stetig steigt: Jedes Jahr um etwa neun Prozent, wie Experten 2019 in einer Studie der französischen Forschungsgruppe „The Shift Project“ analysierten. Zwar wurden diese Ergebnisse teilweise wieder widerlegt, Fakt ist jedoch: Ein beachtlicher Anteil davon ist auf den Verbrauch von Rechenzentren zurückzuführen, vor allem weil Großrechner und sogenannte Supercomputer ständig gekühlt werden müssen. Experten prognostizieren daher, dass in zehn Jahren 13 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs durch Rechenzentren verursacht werden könnten (der en:former berichtete).
Dabei produziert die kommerzielle IT-Infrastruktur schon jetzt mit rund vier Prozent doppelt so viele CO2-Emissionen wie die Luftfahrtbranche, Tendenz steigend. Um die Umwelt- und Klimaauswirkungen zu minimieren, haben Forscher der Goethe-Universität Frankfurt und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung eine energieeffizienten Kühlstruktur von Großrechenzentren entwickelt – und dafür nun ein europäisches Patent erhalten.
Und so funktioniert das ausgeklügelte Kühlsystem: Die Computer befinden sich in speziellen Schränken, an deren Rückwand die heiße Abluft über einen Wärmetauscher mit Wasser gekühlt wird. Zusätzliche Raumluftkühlung wird durch die Technik obsolet, schädliche Emissionen sinken. Dadurch ermöglicht die Technologie einen besonders effizienten Betrieb von Großrechnern. Im Vergleich zu herkömmlichen Rechenzentren können dadurch den beteiligten Wissenschaftler zufolge bis zu 50 Prozent des Primärenergieaufwands eingespart werden.
Eingesetzt wird die Technik seit einigen Jahren im Rechenzentrum der Goethe-Universität sowie dem „Green IT Cube“, einem Rechenzentrum des GSI Helmholtzzentrums. Mit der Server-Abwärme des „Green IT Cubes“, wird aktuell bereits ein Büro- und Kantinengebäude beheizt. Laut Prof. Dr. Volker Lindenstruth, Professor für die Architektur von Hochleistungsrechnern an der Goethe-Universität, gäbe es Anfragen aus verschiedenen Ländern zur Errichtung solcher Rechenzentren.
Die Präsidentin der Goethe-Universität Prof. Dr. Brigitta Wolff fasst die Debatte um den Energieverbrauch der Digitalisierung indessen wie folgt zusammen: „Genauso wenig, wie es zu Goethes Zeiten sinnvoll war, vor eine Postkutsche immer mehr Pferde zu spannen, um schneller zu werden, so stehen wir heute auch bei der IT vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Damals war die Eisenbahn die Antwort auf das Geschwindigkeitsproblem. Heute hat die smarte IT-Wirtschaft ein massives Nachhaltigkeits- und Energieproblem. Die IT-basierte Gesellschaft benötigt für ihren enormen Datenhunger neue energetische Konzepte für Großrechner, die den Energieverbrauch drastisch senken.“