Mit den 3.623 Gigawatt (GW) Offshore-Windkraft, die im Jahr 2019 ans Netz gingen, beläuft sich die Stromerzeugungskapazität auf See auf nunmehr 22.072 GW. Am fleißigsten waren das Vereinigte Königreich und Deutschland, die mit 1,8 beziehungsweise 1,1 GW zusammen fast ein Viertel der neuen Kapazität installierten. Das meldet der europäische Branchenverband WindEurope.
Kein Wunder also, dass der Sturm „Sabine“, oder wie er in anderen Ländern getauft wurde „Ciara“, für eine neue Rekordproduktion von Windstrom sorgte. In der Nacht zum Samstag, 8. Februar, deckte die Windkraft 56 Prozent des britischen Stromverbrauchs. In Deutschland, wo der Orkan etwas später ankam, waren es nach Berechnungen des Think-Tank Agora Energiewende zwischen Sonntag- und Montagmittag sogar bis zu 60 Prozent des Strombedarfs.
Großbritannien stockte seine Kapazität im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent auf, Deutschland um 17,5 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der Turbinen nur um gut rund 12,5 Prozent. Möglich ist dies, weil die Anlagen immer größer werden. Die derzeit leistungsstärkste Turbine der Welt steht seit November 2019 im Hafen von Rotterdam, sie erzeugt bis zu zwölf Megawatt (MW) Strom. Im Durchschnitt kann jede der 2019 installierten Turbinen 7,8 MW Strom produzieren. Die mittlere Größe von Offshore-Windparks ist seit 2010 von 300 auf 600 MW gestiegen.
Mit dem Wachstum der Projekte sinken die Erzeugungskosten. 2019 lagen bei Ausschreibungen im Vereinigten Königreich, Frankreich und den Niederlanden die Preise bei 40 bis 50 Euro pro Megawattstunde, heißt es bei WindEurope. Das sei preiswerter als Strom aus neuen Gas-, Kohle- und Kernkraftwerken.
Auch deshalb wohl wurde letztes Jahr der Bau vier neuer Windparks beschlossen. Sie sollen 1,4 MW liefern und insgesamt sechs Milliarden Euro kosten. „Vor einem Jahr haben wir für 2030 mit 76 GW Offshore-Kapazität gerechnet, heute rechnen wir mit 100 GW“, sagte WindEurope-CEO Giles Dickson Anfang Februar. Dafür aber müsste jedes Jahr doppelt so viel neue Windkraftkapazität auf See ans Netz gehen wie 2019. Und um die geplanten 450 GW im Jahr 2050 zu erreichen, bräuchte es einen Zubau von 18 GW pro Jahr.
Um das zu erreichen, sagte Dickson, müsse die EU in ihrer neuen Offshore-Wind-Strategie, die in diesem Jahr vorgestellt werden soll, klare Wege aufzeigen, wie sie die nötigen Investitionen mobilisieren will. Ein Knackpunkt dabei, sagte der Verbandschef, seien Einspeisemöglichkeiten für Strom aus Off- und Onshore-Windparks.
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