Betreiber von Windkraftanlagen können künftig mit höherer Produktivität rechnen. Das hat ein internationales Forscherteam ausgerechnet. Für ihre Studie haben die Forscher, unter Leitung von Zhenzhong Zeng von der renommierten US-Universität Princeton, Daten aus den Jahren 1978 bis 2017 von 1.400 Wetterstationen vor allem auf der Nordhalbkugel ausgewertet. Demnach sind die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in zehn Meter Höhe zwischen 2010 und 2017 um sieben Prozent gestiegen. Im Durchschnitt konnten Windturbinen allein dadurch im Jahr 2017 etwa 17 Prozent mehr Strom generieren als vor 2010.
Damit relativieren Zeng und seine Kollegen den technischen Fortschritt der Windturbinen, dem bisher die steigenden Erträge aus Windkraftanlagen nahezu allein angerechnet wurden. Die Hälfte des Anstiegs, so die Forscher, sei aber wohl der Windgeschwindigkeit zuzurechnen.
Das Phänomen der veränderlichen Windgeschwindigkeiten ist schon seit Längerem bekannt, nämlich unter dem englischen Begriff: „Global Terrestrial Stilling“. Zu Deutsch: das Absinken der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit in Bodennähe. Ja, das Absinken! Laut Messungen haben weltweit die Windgeschwindigkeiten zwischen 1978 und 2009 nämlich um durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahrzehnt nachgelassen. Forscher vermuteten zunächst, dass Aufforstung und höhere Gebäude in den Gegenden um die Messstationen den Wind gebremst hätten.
Doch im Jahr 2010 kehrte sich der Trend um: Seitdem steigen die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten wieder – und zwar viel schneller als sie zuvor abnahmen. Da Aufforstung und Bautätigkeit keine Trendwende erlebten, suchten Zeng und Co. nach anderen Gründen. Ihren Erkenntnissen zufolge ist die zyklische Wechselwirkung von atmosphärischen Wind- und ozeanischen Wasserkreisläufen ursächlich für die globalen Trends der Windgeschwindigkeiten an Land. Diese an sich gut erforschten Wechselwirkungen sind verantwortlich für den globalen Wärme- und Druckaustausch.
In den USA sind die guten Nachrichten für Windparkbetreiber von großen Medien aufgegriffen worden. So hat unter anderem der US-Wirtschaftssender CNBC darüber berichtet. Die Autorin wittert einen „big boost“, einen großen Schub also, für die Branche.
Denn es könnte noch besser kommen: Wenn die Windprognosen der Forscher eintreffen, wird das Potenzial der Windkraft bis 2024 um 37 Prozent wachsen – allein auf Basis der Windgeschwindigkeit. „Unserer Prognose nach wird der aktuelle Trend bestimmt noch zehn Jahre anhalten“, sagt Zeng in einer Pressemitteilung der Universität Princeton. Damit ist jedoch auch die Kehrseite dieser Medaille angesprochen: Irgendwann kann sich auch dieser Trend wieder umkehren.
Die Windbranche könne von den Erkenntnissen Zengs und seiner Kollegen nachhaltig profitieren, meint Charles Meneveau, Professor für Maschinenbau an der Johns Hopkins University, der nicht an der Studie beteiligt war: „Das Wissen über einen möglichen langfristigen Rückgang der Windgeschwindigkeit kann sehr nützlich sein, um die Infrastruktur für den Windstrom zu planen.“