Schweden ist in Sachen Energiewende ein Vorbild und deckt bereits knapp 60 Prozent seines Energiebedarfs mit Erneuerbaren Energien. Die mit Abstand am stärksten wachsende Energiequelle ist Windenergie. RWE ist mit dem Windpark Nysäter, einem der größten in Europa, auch an Schwedens Energiewende beteiligt.
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Die größte Waldfläche Europas, große Stauseen im Norden des Landes, viel Wind und Platz: Schweden hat hervorragende Bedingungen für Erneuerbare Energien – und nutzt sie schon sehr erfolgreich. Deutlich mehr als die Hälfte seines Energiebedarfes (2020: 60 Prozent) (Link in Englisch) deckt das skandinavische Land mithilfe von Wasserkraft, Biomasse und Wind. In der Europäischen Union ist Schweden damit mit großem Abstand führend. Bei der Energiewende ist das skandinavische Land den meisten Staaten mehrere Schritte voraus.
Das gilt auch für den Stromsektor. Traditionell produziert Schweden viel Strom mithilfe von Wasserkraft und Kernenergie, wodurch die Treibhausgasemissionen der Energiewirtschaft im internationalen Vergleich sehr niedrig sind. Da die Wasserkraft aber wenig Ausbaupotenzial hat, setzt das skandinavische Land seit einigen Jahren verstärkt auf andere Erneuerbare Energieträger: Die Onshore-Windenergie wird im großen Umfang ausgebaut, mehrere Offshore-Windparks sind in Planung. Und immer mehr Schweden setzen sich eine PV-Anlage aufs Dach. Gerade der Solarboom überrascht auf den ersten Blick in dem nördlich gelegenen Land, das für seine langen und dunklen Winter bekannt ist.
Der Grund für den verschärften Ausbau der Erneuerbaren: Schweden wird in Zukunft deutlich mehr regenerativ erzeugte Elektrizität als aktuell brauchen. Bis 2045 will das skandinavische Land das Netto-Null-Ziel erreichen und mit grünem Strom Sektoren wie die Industrie und den Verkehr dekarbonisieren. Beispielsweise in der Stahlindustrie soll in Zukunft mithilfe neuer Verfahren Koks durch Wasserstoff ersetzt werden, zur grünen H2-Produktion ist der Bau großer Elektrolyseure geplant. Und schon fünf Jahre früher, 2040, soll der Strom laut Plan zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen.
Erste Prognosen schätzen den Energiebedarf des skandinavischen Landes für 2040 auf etwa 200 TWh. Doch Experten denken, er könnte noch höher liegen (Link in Englisch). Allein der schwedische Bergbau- und Mineralienkonzern LKAB schätzt, dass er für die Wasserstoffproduktion etwa 50 TWh pro Jahr ab 2040 und etwa 70 TWh jährlich ab 2050 (Link in Englisch) benötigt.
Wenn früher das schwedische Stromsystem Thema war, ging es fast ausschließlich um Wasserkraft und Kernenergie. Kein Wunder, verfügt doch das 10-Millionen-Einwohner-Land zusammen mit Norwegen über die meisten Stauseen in Europa sowie über mehrere Kernreaktoren. Vor 20 Jahren machten beide Energieträger zusammen mehr als 90 Prozent der Stromproduktion aus. Zwar ist deren Bedeutung seitdem zurückgegangen, doch sind sie immer noch mit deutlichem Abstand Nummer eins und zwei im Strommix.
Laut der Online-Plattform „Our World In Data“ hatte die Wasserkraft 2021 einen Anteil von 43 Prozent und die Kernenergie einen von 31 Prozent an der Stromerzeugung. Während die installierte Leistung von Wasserkraftwerken laut der schwedischen Energieagentur (Link in Englisch) seit Jahren konstant ist, ging die der Kernenergie in den vergangenen Jahren zurück. Denn Ende 2019 und 2020 wurden zwei von ursprünglichen acht Reaktorblöcken stillgelegt.
Auf Platz drei liegt die Windenergie mit einem Anteil von rund 16 Prozent im Jahr 2021. Sie ist die mit Abstand am stärksten wachsende regenerative Energiequelle in Schweden. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Windturbinen im Land verdoppelt, die installierte Leistung und produzierte Strommenge sogar mehr als verdreifacht.
2021 produzierten rund 4.800 Windräder mit einer Gesamtkapazität von 12,2 Gigawatt (GW) rund 27,3 Terawattstunden Strom, so Zahlen des schwedischen Windenergieverbandes und von der Plattform „Our World In Data“.
Besonders stark hat sich der Zubau der Onshore-Windkraft in den vergangenen Jahren entwickelt, zwischen 2019 und 2021 lag er bei durchschnittlich bei zwei GW jährlich. Damit gehört Schweden zur Spitzengruppe in Europa.
Das Land profitiert dabei von guten Windverhältnissen, seiner Größe und der geringen Bevölkerungsdichte. Viele der neuen Windparks werden im wenig besiedelten Zentral- und Nordschweden gebaut und sind deutlich größer als Windparks in anderen Teilen Europa. So verfügen sie häufig über eine installierte Leistung von mehreren Hundert Megawatt.
In Nordschweden entsteht mit Markbygden einer der leistungsstärkste Onshore-Windpark weltweit. In mehreren Ausbaustufen sollen laut des Projektentwicklers Svevind (Link in Englisch) mehr als tausend Windturbinen errichtet werden, die insgesamt auf eine installierte Leistung von rund 4 GW kommen.
Auch RWE ist auf dem attraktiven Markt aktiv. Erst kürzlich hat das Unternehmen einen der größten Windparks in Europa in Betrieb genommen. Der Windpark Nysäter, rund 400 Kilometer nördlich von Stockholm, mit insgesamt 114 Turbinen verfügt über eine Kapazität von 475 Megawatt (MW). Er erzeugt ausreichend Ökostrom, um den Jahresbedarf von mehr als 300.000 schwedischen Haushalten zu decken und die grüne industrielle Revolution in Nordschweden zu unterstützen.
Im Vergleich zu Onshore liefert die Offshore-Windkraft noch keinen nennenswerten Beitrag zur Stromversorgung des Landes. Bisher sind nur ein paar teils sehr alte Windparks mit kleineren Turbinen vor der schwedischen Küste in Betrieb, die zusammen gerade einmal auf eine Leistung von 200 MW (Link in Englisch) kommen. Das Problem: Die schwedische Windenergievergütung unterschied nicht zwischen Onshore und Offshore. Durch die höheren Kosten der Windenergie auf See waren Investitionen in diesem Bereich lange Zeit nicht besonders attraktiv.
Die Betonung liegt allerdings auf „noch“, denn mehrere Projekte sind in Planung und Schweden will den Offshore-Sektor stark ausbauen. Die Regierung hat die Nordsee, die Ostsee und den Bottnischen Meerbusen als Entwicklungsgebiete festgelegt. Dort sollen Windparks jährlich grünen Strom in einer Größenordnung von 20 bis 30 Terawattstunden produzieren – also ungefähr so viel wie aktuell Windturbinen auf dem Land liefern. Zudem wurde die schwedische Energieagentur beauftragt, Gebiete zu ermitteln, die sich für weitere 90 TWh Offshore-Kapazität eignen.
Das ist ein wichtiger Schritt für Schweden, um beim Klimaschutz voranzugehen und grüne Arbeitsplätze für die Zukunft zu schaffen. Die Industrie verlangt heute nach Offshore-Windenergie. Wir beschleunigen jetzt die Entwicklung der Offshore-Windenergie, indem wir eine Reihe von geeigneten Gebieten weit vor der Küste ausweisen. Annika Strandhäl, Ministerin für Klima und Umweltschutz in Schweden
Ähnlich wie Offshore steckt die Solarenergie in Schweden noch in den Kinderschuhen. Laut „Our World in Data“ machte sie 2021 nicht einmal ein Prozent der Stromproduktion aus. Doch der Energieträger Sonne wird auch im hohen Norden immer wichtiger. Die installierte Leistung wuchs von 230 Megawatt im Jahr 2017 auf knapp 1,6 Gigawatt in 2021 – innerhalb von fünf Jahren hat sie sich also fast verfünffacht. Dabei hat sich der jährliche Zubau sukzessiv erhöht.
Ende des vergangenen Jahres waren mehr als 92.000 Solaranlagen am Netz. Getrieben wird das Wachstum vor allem von Privatleuten oder Unternehmen, die sich Photovoltaik-Module aufs Dach ihres Wohnhauses beziehungsweise ihrer Lagerhallen setzen. So stammten im vergangenen Jahr 50 Prozent des Zubaus von Anlagen mit weniger als 20 Kilowatt (kW) und 42 Prozent von welchen mit einer Kapazität zwischen 20 kW und 1 MW. Größere Solarkraftwerke, wie Freifläche-Anlagen, werden dagegen wenig gebaut.
Zwei Gründe nennt die schwedischen Energieagentur (Link in Englisch) für den Solarboom. Zum einen wollen viele Menschen einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten, und zum anderen seien Strompreise in letzter Zeit erheblich gestiegen sind. Das macht Solaranlagen zum Eigenverbrauch attraktiv.
Die Entwicklungen bei Onshore- und Offshore-Wind sowie Solar zeigen: Die Energieversorgung Schweden wird noch grüner. Mit seinem ambitionierten Klimaschutzzielen und reichen Ressourcen kann das Land in der Energiewende weiter mit gutem Beispiel vorangehen.