Das Trend- und Marktforschungsinstituts wind:research hat in einer neuen Studie die Windbranche in Nordrhein-Westfalen genauer unter die Lupe genommen, nachdem es im Jahr 2020 bereits dasselbe für Baden-Württemberg gemacht hatte. In dem übersichtlichen Bericht – 16 Seiten mit vielen Karten und Grafiken – untersuchen die Marktforscher die Wertschöpfung und liefern interessante Zahlen zu Umsatz oder Jobs und geben Prognosen, wie sich die Branche in Zukunft entwickeln könnte.
Das Fazit der Studie kurz zusammengefasst: Der Industriestandort Nordrhein-Westfalen habe aktuell einen starken Anteil an der Wertschöpfung der On- und auch Offshore-Windenergie in Deutschland. Mit der aktiven Weiterentwicklung der vorhandenen Potenziale könnten weitere Arbeitsplätze in der Branche entstehen. Allerdings müsse – nach zuletzt schwachen Jahren – beim Ausbau von Onshore-Wind deutlich zugelegt werden, um die Wertschöpfung in dem Bundesland zu erhalten.
Zunächst haben sich die Marktforscher den Status quo der Windbranche angeschaut. Laut ihrer Analyse gibt es rund es rund 350 Marktteilnehmer, wozu sie Unternehmen, Dienstleister, aber auch Behörden, Institute oder Verbände zählen. Darunter befinden sich große Energieunternehmen wie RWE Renewables (mit Hauptsitz in Essen), Netzbetreiber wie Amprion (Dortmund), Hersteller von Windenergie-Technik wie die Winergy Group (Voerde) aber auch spezialisierte Banken wie die Deutsche Kreditbank (Münster). Schaut man sich die räumliche Verteilung der Marktteilnehmer an, kristallisiert sich das südwestliche Ruhrgebiet als die wichtigste Schwerpunktregion in NRW heraus.
Insgesamt erwirtschaftet die Branche einen Umsatz von rund sieben Milliarden Euro im Jahr. Die umsatzstärksten Unternehmen sind dabei vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Bau/Betrieb, Projektentwicklung sowie Anlagenbau (Zulieferer) aktiv.
Bei den Marktteilnehmern gibt es ungefähr 20.000 Vollzeitstellen, sogenannte Vollzeitäquivalente (VZÄ). 16.000 davon im Bereich Onshore und 4.000 im Bereich Offshore. Bei rund 100.000 Arbeitsplätzen in ganz Deutschland (so Schätzungen des Bundesverbands für WindEnergie) ist damit jeder fünfte Job in Nordrhein-Westfalen beheimatet. Rund die Hälfte der VZÄ sind in der Anlagenfertigung zu finden, gefolgt von Operation & Maintenance und der Projektentwicklung/-planung.
Da nicht alle Angestellten Vollzeit im Bereich der Windenergie arbeiten, ist die Beschäftigtenzahl noch deutlich höher einzuschätzen. Laut wind:research sind derzeit knapp 40.000 Beschäftigte in Nordrhein-Westfalen dort tätig.
Um Prognosen zu liefern, wie es mit der Branche weitergeht, haben die Marktforscher drei Szenarien entwickelt. Das Szenario „Status quo Ausbau“, in dem sich der durchschnittliche Zubau der vergangenen zehn Jahre fortsetzt. „Ausbau NRW“ geht davon aus, dass NRW seinen Beitrag zum bundesweiten Ziel liefert, 65 Prozent der Stromerzeugung bis 2030 aus
erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Und das dritte Szenario „Klimaschutzziel 2050: 100%“, bei dem jedes Jahr in NRW Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 900 Megawatt installiert werden.
Das Fazit: Sollte der Ausbau sich im Vergleich zu den letzten Jahren nicht erholen (Szenario „Status quo Ausbau“), würden nicht nur die klimapolitischen Ziele verfehlt. Auch entsprechende negative Auswirkungen auf die Wertschöpfung wären die Folge. Macht Nordrhein-Westfalen dagegen Tempo beim Klimaschutz, könnte die Branche deutlich wachsen. In dem Szenario, das mit dem Klimaschutzziel einhergeht, wächst der Umsatz bis 2040 auf 8,1 Milliarden Euro jährlich, und die Vollzeitstellen steigen um 2.650.
Denn laut der Studie hat der Industriestandort Nordrhein-Westfalen mit seiner mittelständischen und dienstleistungsstarken Struktur gute Chancen, weitere Wertschöpfungspotenziale in der Windenergie aktiv zu nutzen.