Sonne satt und jede Menge Platz: Der afrikanische Kontinent bietet beste Bedingungen für Solarenergie. Doch noch bleibt ein Großteil dieses Potenzials ungenutzt: 2022 wurden gerade einmal 0,5 Prozent der weltweiten neuen Solarkapazität in Afrika installiert – rund ein Gigawatt (GW). Warum das dennoch ein positives Signal setzte und den Standort attraktiv für Investitionen in die nachhaltige Art der Stromerzeugung macht, haben Experten des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) in ihrem „Intersolar Solarize Africa Market Report 2023“ analysiert.
Eine der größten Herausforderungen für Afrika ist, dass noch immer nur etwa die Hälfte der 1,3 Milliarden Einwohner überhaupt Zugang zu Strom hat. In ländlichen Regionen sind es oft unter 20 Prozent, südlich der Sahara ist die Versorgungslage am schlechtesten. Während der Covid-19-Pandemie hat sie sich sogar weiter verschärft. Außerdem ist der Kontinent stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Schätzungen zufolge machen sie 80 Prozent des Strommixes aus.
Die BSW-Experten argumentieren, dass die afrikanischen Länder daher schnell und in großem Stil auf Erneuerbare Energien umsteigen müssten. Nur so seien die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen – vor allem SDG 7, universeller Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, moderner Energie – und die des Pariser Klimaschutzabkommen zu erreichen. Solarenergie sei dafür der vielversprechendste Ansatz. Schon heute sei die Technologie in vielen Regionen die günstigste Art der Stromerzeugung und sie ist auch für dezentrale Lösungen ideal geeignet.
Ende 2022 waren Solaranlagen mit einer Kapazität von schätzungsweise 11,6 GW in Afrika installiert. Der größte Teil davon in Südafrika (5,8 GW), Ägypten (1,7 GW) und Algerien (0,4 GW). Während die meiste Kapazität laut BSW auf netzgebundene Großanlagen entfiel, lagen kleine, oft netzunabhängige Anlagen der reinen Anzahl nach an der Spitze. Denn immer mehr Menschen setzen auf Mini-Netze, die unabhängig von nationalen Übertragungsnetzen funktionieren, oder Stand-Alone-Systeme wie netzungebundene Aufdach-Solaranlagen.
Für Investoren bieten sich dadurch diverse Möglichkeiten, wie der Bericht unter Bezug auf eine IEA-Analyse aus dem Jahr 2022 hervorhebt. Demnach könnten bis 2030 etwa 42 Prozent der afrikanischen Bevölkerung durch Netzausbau Zugang zu Elektrizität bekommen, weitere 31 Prozent durch Mini-Netze und 27 Prozent durch netzunabhängige Lösungen. Dazu seien Investitionen in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar jährlich notwendig.
Doch genau hier verbirgt sich eine weitere Hürde: Den Experten zufolge muss ein Großteil der Gelder aus privater Hand kommen. Aufgrund von Marktunsicherheiten war diese Investorengruppe bisher aber eher zurückhaltend. Das könnte sich angesichts der positiven Entwicklungen und des enormen prognostizierten Bedarfs künftig ändern.
Zuletzt machten einige Länder maßgebliche Fortschritte beim Solarausbau:
Außerdem legen verschiedene Szenarien nahe, dass sich das Ausbautempo rasant erhöhen und sich die installierte Kapazität bereits bis 2030 vervielfachen könnte. Der BSW bezieht sich zum Beispiel auf Vorhersagen der IEA und der finnischen Lappeenranta-Lahti University of Technology. Um Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen, müsste die Kapazität laut IEA bis 2050 auf 175 GW ansteigen, bis 2050 auf 852 GW. Die finnischen Forscher gehen davon aus, dass aufgrund des steigenden Strombedarfs der wachsenden Bevölkerung sogar 417 beziehungsweise 3.675 GW möglich wären.
Ein weiterer Faktor dafür könnten die günstigen Bedingungen für die Produktion von grünem Wasserstoff, unter anderem aus Solarstrom, sein. Dieser könnte perspektivisch auch nach Europa exportiert werden. Das wiederum wäre ein Anreiz für europäische Investoren, sich an entsprechenden Vorhaben zu beteiligen.
Und noch eine weitere Technologie bietet dem Bericht zufolge vielversprechende Investitionsmöglichkeiten: Floating-Photovoltaik, also Solaranlagen, die auf Gewässern installiert werden. Schwimmende Solaranlagen sind nicht nur aus Platzgründen attraktiv, weil sie nicht mit anderen Flächennutzungen wie der Landwirtschaft in Konkurrenz stehen.
Unter den Modulen bilden sich auch weniger Algen, was die Wasserqualität verbessert. Außerdem verdunstet weniger Wasser. In Afrika, wo aktuell über eine Milliarde Menschen keinen gesicherten Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, könnte die Floating-Technologie also gleich in zweifacher Hinsicht ein Gamechanger sein. Unternehmen wie RWE testen Floating-PV bereits in ersten Anwendungen.
Das Potenzial ist laut BSW jedenfalls enorm, vor allem südlich der Sahara. Schätzungen zufolge gibt es in Afrika mehr als 100.000 Quadratkilometer künstlich angelegte Süßwasserreservoirs, die für schwimmende Solaranlagen genutzt werden könnten. Die Nutzung von nur einem Prozent der Fläche würde 100 GW Kapazität und 167 Terawattstunden jährlicher Energieerzeugung entsprechen – genug, um etwa 20 Prozent des derzeitigen Strombedarfs zu decken. Südafrika, Nigeria und Zimbabwe könnten eine Vorreiterrolle übernehmen: Sie gehören zu den weltweiten Top 20 in Bezug auf Floating-PV-Potenzial.
Die Experten prognostizieren, dass sich die Marktbedingungen für Solarenergie in den kommenden Jahren stetig verbessern werden und der Sektor in Afrika auch von politischer Seite zunehmend Rückenwind erfahren wird. Gleichzeitig könne der Kontinent von bereits erzielten Fortschritten und Kostensenkungen profitieren. Im besten Fall könne das einen sogenannten Leapfrog-Effekt haben: Afrikanische Länder könnten die flächendeckende Stromversorgung aus fossilen Brennstoffen überspringen und direkt auf Erneuerbare Energien setzen.
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